Achtung! Die teuren Zitate des Karl Valentin

Die Wikipedia kennt Karl Valentin. Das war ein bayrischer Mundart-Komiker. Aber auch die Abmahnindustrie kennt Karl Valentin. Die hat nämlich den Auftrag der Valentin-Erben, “kleine Webseiten” abzumahnen, die Valentin-Zitate verwenden. So schreibt es der WDR [1].

Am 04.06.2012 wäre Karl Valentin, gebürtig Valentin Ludwig Fey, 130 Jahre alt geworden [2]. Er war derjenige, der zwar mögen gewollt hätte, aber sich nicht dürfen getraut hatte. Aufgrund einer Entscheidung des Landgerichtes München I ist das wirkliche Zitat urheberrechtlich geschützt [3]. Dabei stellt sich mir immer wieder die Frage, ob irgendwelche Goethe-Erben mit dem deutschen Urheberrecht gewedelt hätten, wenn jemand als Quintessenz aus einer ewigen Betrachtung geschlossen hätte: “Das war also des Pudels Kern!” (Faust I, Vers 1323) [4]. Sicher nicht.

Die Enkelin von Karl Valentin (mit “f” gesprochen) dagegen sieht den Nachlass ihres Großvaters durch “das Netz” bedroht. Und darum lässt sie Betreiber kleiner Internetseiten abmahnen. So auch die Webseite “Sehr erfahrene Menschen” von Holger Jass. Dem ging es um die Allgemeinbildung seiner Tochter, wie der WDR weiß. Die Seite hatte er bis 2008 gepflegt, wie man unschwer am Ende der Seite sieht. Er hat das bleiben lassen, nachdem er Post von einer Anwaltskanzlei erhielt.

Der WDR zählt dann noch Blogger auf, die für einen Spruch von Karl Valentin rund 900 € zahlen sollen. Völlig im Recht sieht sich da die Kanzlei, die den Valentin-Nachlass verwaltet. Gunter Fette und Peter Reinke vertreten Anneliese Kühn, die Valentin-Enkelin. Und sie behaupten allen Ernstes, dass es einen “Fluch des Internets” gibt. (Vielleicht kommt noch Jack Sparrow auf Bits und Bytes daher gerauscht.) Jedenfalls reden beide Anwälte vom fehlenden Unrechtsbewusstsein und dass die Nutzung von Valentin-Material stark zugenommen hat.

Jedenfalls ist es doch so, das sieht man ja auch in dem WDR-Artikel: Ob nun wirklich ein Rechtsverstoß vorliegt oder nicht, es wird zu oft zu schnell und zu viel bezahlt. Das geschieht meist vor dem Hintergrund, dass weitere Anwaltskosten befürchtet werden. Der WDR hat da die Meinung von der Anwältin Virabell Schuster eingefangen, die empfiehlt, bei so etwas in jedem Fall einen Anwalt einzuschalten.

Für Anwalt Fette ist ein Spruch, also wie die Karl-Valentin-Sprüche, eine eigene Kunstgattung. Und die muss geschützt werden. Es geht wohl um die Sprachakrobatik, also die Eigenart der Sprachverwendung. Das sei wohl eine Lebensleistung, und die gehöre geschützt. Und deshalb wird immer wieder das Internet durchsucht. Fette spricht auch davon, dass es um individuell geprüfte Rechtsfälle ging und nicht um Abzocke. Schließlich könne man ja auch eine Lizenz kaufen: Pro Valentin-Spruch 250 € im Jahr. Und das noch bis mindestens 2018, weil dann ja 70 Jahre seit dem Tod des Künstlers rum sind.

Ich weiß nicht, ob das hier eine gute Wendung ist. Keine Frage, Werke von Karl Valentin gehören natürlich geschützt wie andere Werke eben auch. Was ein Werk ist, ist übrigens auch in der Wikipedia erläutert [5]. Wenn aber ein Spruch – bestehend aus 12 Worten – 250 € im Jahr kostet, wird jeder Betreiber einer privaten Webseite die Anschaffung einer Lizenz sein lassen. Und dann besteht eben auch die Gefahr, dass Karl Valentin irgendwann vergessen ist. Will das die Anneliese Kühn etwa?

Informationsquellen:

  1. WDR – Urheberrecht verursacht „teure Zitate“ – Karl Valentin und die Anwälte
  2. Wikipedia – Karl Valentin
  3. Institut für Urheber- und Markenrecht – LG München I: Haftung eines Homepageinhabers wegen Verwendung von Karl Valentin-Spruch auf Zitat-Webseite
  4. Wikiquote – Johann Wolfgang von Goethe
  5. Wikipedia – Werk (Urheberrecht)

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