Die Öffentlich-Rechtlichen als letzte Ausfahrt vor dem Mediendesaster

Sie trollen im Internet und an Kiosken. Sie schreiben voneinander ab und schüren Neiddebatten. Die Rede ist von den Medienkonzernen. Wie gut, dass es doch noch Öffentlich-Rechtliche gibt. Man bemerkt zunehmend, dass ARD und ZDF durchaus differenzierter berichten und auch mal kritisch hinterfragen.

Lange Zeit waren die Öffentlich-Rechtlichen verschrieen als Teil des Regierungsapparates und wurden bestenfalls als Verkünder regierungskonformer Nachrichten angesehen. Allerdings hat sich das Blatt gewendet.

Reden wir mal kurz über die privaten Medien. Einst gefeierte Stars. Aber nun an mutmaßlicher Dummschwätzerei nicht mehr zu übertreffen. Sie werden beliefert von teils fragwürdigen Quellen oder sammeln sich selber Informationen zusammen, deren Quellen sie nicht einmal benennen. Und sie beweisen auch noch große Unkenntnis über Themen, über die sie berichten.

Es ist schade, wenn sich Medien die Recherche und die Hintergrundinformationen sparen. Um ihr angeblich gefährdetes Überleben zu sichern, setzen die Privatmedien auf „Kostenoptimierung“. Dass so etwas nicht auf Dauer gut geht, sieht man derzeit am Handelsblatt.

Wie ist das jetzt bei den Öffentlich-Rechtlichen? Ich verfolge das Tun eines Journalisten, der für ein Magazin der ARD immer wieder in heißes Öl fasst. Er nimmt sich Zeit für seine Recherchen. Er hinterfragt. Er kritisiert. Er geht nicht den bequemen Weg, indem er angebliche Tatsachen akzeptiert, sondern er stellt immer wieder die Frage, ob dies denn auch so der Wahrheit entspricht.

Solchen Journalisten haben wir es zu verdanken, dass in der Tagesschau oder bei Heute immer öfter zu hören ist: „Im Bundesministerium xyz war niemand für eine Stellungnahme bereit.“ Dies bedeutet ja unterm Strich nichts anderes, als dass unsere Elitepolitiker Fragen von Journalisten des öffentlich-rechtlichen Journalismus scheuen. Offensichtlich wurde den Politikern immer mehr klar, dass von dieser Seite der Medien die durchaus kritischeren Fragen kommen.

Damit hat sich das Bild der medialen Opposition geändert. Medien von Springerverlag, Bertelsmann-Gruppe oder WAZ-Gruppe stehen immer mehr im Verdacht, „bei Hofe“ besser angesehen zu sein als die Öffentlich-Rechtlichen. Und das trotz des Faktes, dass die frühere mediale Opposition aus Spiegel, Stern, B*LD oder Frankfurter Allgemeiner Zeitung bestand.

Früher bestand die heile Welt der Privatmedien darin, investigativ zu berichten und Informanten im Untergrund zu haben. Man deckte Waffenschiebereien, den Bahnhof Zoo und dergleichen auf. Doch all das ist lange her.

Die Privatmedien sind reiner Boulevard geworden. Der ehemals höchst ehrbare Nachrichtensender n-tv, der viele interessante Themen hatte, verkommt immer mehr zu einer reinen Werbeveranstaltung und zu einem Magazin über Panzer, Nazis und Dinos, seitdem der Sender zu RTL gehört. Andere RTL-Sender fragen auch gern mal, warum der Zuhörer / Zuseher gerade keine Zeit hat, um mit Dreck auf Politiker zu werfen.

Privatmedien wie die der oben genannten Konzerne lechzen nach kollektiver Zustimmung. Sie vollführen eine Schlammschlacht (wie im Falle Wulff) oder eine vorschnelle Heiligsprechung (wie im Falle Gauck), ohne auch nur den Hauch einer Hintergrundrecherche in Betracht zu ziehen. Unterstützt werden sie dabei von Nachrichtenagenturen, die allzu gern auf die deutsche Bloggerszene losgehen.

Insofern hat es der gemeine Deutsche nicht ganz einfach. War für ihn Peter Klöppel der Messias der Nachrichtenwelt, so muss er nun zugeben, dass Jens Riewa das vielleicht sogar besser macht. War die B*LD jahrzehntelang bekannt als mutiges Blatt, das unter vollem Risiko über die wirklich wichtigen Dinge berichtet haben soll, so dämmert es nun dem Nachrichtenkonsumenten, dass tagesschau.de unter Umständen realere Informationen bringt.

Das alles hat natürlich etwas damit zu tun, dass sich Privatmedien über Werbeeinnahmen finanzieren. Hat man ein Thema gefunden, egal wie populistisch es auch immer ist, dann muss es so lange ausgeweidet werden, bis es auch der Letzte nicht mehr hören oder lesen kann. Dabei bedient man sich auch gern des einen oder anderen Tricks, Hauptsache, der Nachrichtenkonsument nimmt die angebliche Nachricht wahr. So kann man dann gut und teuer Werbeplätze verkaufen.

Man kann auf den Rundfunk- und Fernsehgebühren herumreiten, wie man will. Der Journalismus ist bei den öffentlich-rechtlichen Sendern jedenfalls besser aufgehoben als bei den Privatmedien. Damit möchte ich keineswegs die GEZ verteidigen. Ich meine halt nur: Gesellschaftliche Aufklärung findet derzeit nur bei ARD und ZDF statt und nicht bei RTL oder SAT1. Den lobbygetriebenen Singsang von Spiegel, Welt, Focus etc. muss ich hier nicht näher erwähnen, und die B*LD ist nicht mal eines Wortes wert.

Meiner Ansicht nach sind die Öffentlich-Rechtlichen die letzte Ausfahrt auf der Autobahn, die uns direkt ins gesamtgesellschaftliche Mediendesaster bringt. Es gibt sehr wenige privatwirtschaftliche Medien, praktisch mediale Perlen, die des Lesens wert sind. Die haben eines gemein: Sie gehören nicht zu den Verlagsmonstern, die selbst nicht mehr wissen, wie groß sie eigentlich sind. Privatwirtschaftliche Medien, die sich lohnen, verlegen sich selbst oder sind an einen kleinen, feinen Verlag angegliedert. Und sie verbreiten keinen Populismus mit 80 Meter großen Schlagzeilen.

Mögen die großen Medienkonzerne doch treiben, was sie wollen. So lang es die Öffentlich-Rechtlichen in ihrer jetzigen Form und die Perlen der Medien gibt, erhält man genügend reelle Informationen. Davon abseits können dann Medienkonzerne mit Dreck werfen, so viel sie wollen, es wird immer weniger Leute  interessieren.

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