Geistiges Eigentum und was man da so schreiben kann

Es gibt so Medien, die werden nicht müde zu behaupten, durch die „Netzgemeinde“ sei das geistige Eigentum in Gefahr. Sie gehen dabei sogar so weit, dass sie mit offensichtlich oder gar nachweisbar falschen Behauptungen ihr Publikum bekehren wollen. Und da merkt man dann eben, dass da irgendwie etwas nicht ganz richtig läuft.

Vor etwa einem halben Jahr kam eine deutsche Wirtschaftszeitung mit einer Kampagne um die Ecke, die da hieß „Mein Kopf gehört mir“. Es war damals seltsam, dass diese Kampagne in der gedruckten Ausgabe der Zeitung erschien und nicht im Internet. Und das obwohl man weiß, dass man damit die eigentliche Zielgruppe, nämlich die so genannte „Netzgemeinde“, besser erreichen würde.

Nein, man erreicht Internetnutzer nicht besser durch eine Internetseite, deren Benutzung man nicht bezahlen muss, eben weil die viel beschriebene Kostenloskultur Einzug gehalten hat. Man erreicht Internetnutzer durch eine Internetseite besser, weil die eben überall verfügbar ist. Und es ist kein Märchen, wenn jemand behauptet, dass Internetnutzer ein entsprechendes Online-Angebot auch bezahlen würden. Nur leider sind da die Anbieter noch nicht so weit. Was soll ich für ein Angebot etwas bezahlen, was ich mit ähnlichem Inhalt ohne jegliche Bezahlung erhalten kann? Oder warum für etwas Geld bezahlen, was mir keinen Mehrwert bietet?

Ich weiß es noch genau: Ich hatte zu der Zeit der Kampagne ein Smartphone von Nokia. Ich habe da auch das mobile Internet benutzt. Hier und da erhielt ich über Twitter oder Facebook oder was auch immer Links zu Artikeln einer großen deutschen Tageszeitung mit sehr großen Überschriften. Öffnete ich so einen Artikel, grinste mich eine so genannte Paywall an. Also eine Seite, auf der sinngemäß stand, ich solle erst Münzen einwerfen, bevor ich den Inhalt betrachten darf. Die gleiche Tageszeitung jetzt mit meinem Samsung Smartphone zeigt mir keine solche Paywall. Warum das so ist, habe ich nicht herausfinden können.

Also diese Politik der Medien, Geld zu verdienen mit ihren Inhalten, ist für mich nicht nachvollziehbar. Genauso wenig ist für mich nachvollziehbar, wie man beim korrekten Zitieren auf eine angebliche Urheberrechtsverletzung kommen kann und dann mit Abmahnungen und Schadenersatzforderungen drohen kann. Oder wie man für das bloße Verlinken auf Inhalte der deutschen Medien einfach mal so Gebühren eintreiben will.

Und ich denke, da liegt der Hase im Pfeffer: Einerseits fehlen qualitativ hochwertige Inhalte, für die man gern bezahlt, oder die Bezahlmodelle sind unbrauchbar. Andererseits versucht man durch augenscheinlich zusätzliche Einnahmenmodelle diese Lücke zu schließen. Dass das für viele Internetnutzer nicht unbedingt nachvollziehbar ist, könnte ja wohl auch diversen Medien dämmern.

Nun gab es wie gesagt diese unsägliche Kampagne „Mein Kopf gehört mir“. Ich kann es ja sagen, diese Kampagne stammte vom Handelsblatt. In der Kampagne wird davon lamentiert, dass in dieser Gesellschaft angeblich die Kreativen vernachlässigt werden. Der eben verlinkte Einstiegsartikel ist dabei wunderschön in einen riesigen Sermon von Werbung eingebettet. Ich habe dazu mal irgendwo gelesen: Wenn auf einer Seite die Werbung gegenüber dem Inhalt überwiegt, ist die Seite auf dem absteigenden Ast. Bei nicht einmal 50 Worten und tonnenweise Werbung kann man wohl von so etwas reden.

Im „Blog ohne Namen“ wird über eben diese Kampagne geschrieben. Der Autor zeigt eindrucksvoll und wortreich auf, mit welcher Argumentationsakrobatik da taktiert wurde. Es wurden schlichtweg einige Unwahrheiten aufgezeigt. Und das kann es ja wohl nicht sein. Es kann nicht sein, dass die Medien einfach so behaupten können, was sie wollen, egal wie wahr die Behauptung ist. Wenn die Medien sich angeblich für so wahnsinnig systemrelevant halten, dann sollen sie bitteschön auch etwas für die Gesellschaft tun, zum Beispiel indem objektiv und wahrheitsgemäß informiert wird.

Berichtet man nicht der Wahrheit entsprechend, darf man sich eben auch nicht „Zeitung“ oder „Nachrichten“ oder sonstwie nennen. Dann ist man Geschichtenerzähler. Und als Geschichtenerzähler verkauft man dann natürlich seine Geschichten. Und man lebt von seinen Werken. Und die beruhen auf geistiger Schöpfung. Und man besitzt ein Gut: Kein geistiges Eigentum, denn dieser Begriff ist Unsinn, die Piraten nennen das Gut „Immaterialgüter“.

Aber wenn ich jetzt Autor von Geschichten bin, also kein Zeitungsartikelschreiber, ist es dann fair, wenn ich meine Geschichten mit Unmassen von Werbung ausstatte? Als Leser dieser Geschichten wird man dann ja nur vom eigentlichen Inhalt, also der Geschichte, abgelenkt. Man könnte fast denken, den Medien geht es in der Sache genau darum: Hauptsache, die Werbung wird wahrgenommen.

Und wie gut es die Medien mit den Urhebern meinen, hat sich dann auch im Sommer gezeigt. Da geisterte eine Titel-Sammlung einer bekannten angeblichen Computer-Zeitschrift durch das Internet. Der Verlag und dessen Leiter für Öffentlichkeitsarbeit sind mit die härtesten Verfechter des Urheberrechts und Federführer einen Leistungsschutzrechts für Presseverlage, und die Computerzeitschrift bietet regelmäßig ganz tolle Kopierprogramme an, die selbst den härtesten Kopierschutz-Mechanismus aushebeln können. Der Leiter für Öffentlichkeitsarbeit unterstützt ja auch „Mein Kopf gehört mir“, aber der Verlag unterstützt mit seinen Anpreisungen nachweislich Urheberrechtsverletzungen. Das verstehe, wer will.

Insofern kann man es meiner Ansicht nach drehen und wenden, wie man will: Die Super-Piratin Julia Schramm, die ob ihres Buches gar übel im Internet verhauen wurde, hat da nicht ganz unrecht, wenn sie erzählt, dass sie den Begriff des „geistigen Eigentums“ ekelhaft findet. Ich meine, wie mit dem Begriff umgegangen wird, ist mehr als unsäglich. Er wurde inflationär benutzt und falsch eingesetzt und ist, wie der oben verlinkte „Blog ohne Namen“ herausarbeitet, vom Grundsatz her falsch.

Es ist doch so, dass man mit dem Eigentumsbegriff ein gewisses Besitzrecht verknüpft. Aber es ist schlicht nicht möglich, dass man eine Idee besitzen kann. Man kann ein Ergebnis, das aus einer Idee hergestellt wurde, besitzen. Und das ist so einer der Irrtümer rund um das Urheberrecht.

Ich finde, man sollte eine ordentliche Diskussion über das Urheberrecht führen. Niemand will es abschaffen. Wer das behauptet, erzählt schlichtweg Unsinn. Es soll reformiert werden. Und wahrscheinlich denken sich die Medien, dass sie dabei denkbar schlecht wegkommen. Das liegt dann aber an keinen Piraten oder sonstwem, sondern einzig und allein an den Medien selbst.

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