Der heilige Krieg im Internet

Derzeit kommt ja einiges im Internet rüber. Anonymous soll das CIA lahm gelegt haben. Es gibt weltweit Proteste gegen ACTA, SOPA und dergleichen. Und nun erzählt der Verfassungsschutz vom Web-Dschihad.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sieht die Möglichkeit des Dschihads im Internet kommen. Das wäre wohl die Antwort auf die Verurteilung des islamistischen Attentäters Arid Uka. Der hatte zwei Morde an US-Soldaten verübt. Und das sei wohl der Grund dafür, dass es zu einer „zunehmenden Radikaisierung durch die Möglichkeiten der Online-Kommunikation“ kommen kann.

Der Vizepräsident des BfV, Alexander Eisvogel, erklärte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass Uka „ein typischer Fall für eine Selbstradikalisierung durch das Internet“ sei. Durch Web 2.0, also Facebook, Twitter, Blogs und Co. würde wohl jetzt das geleistet werden können, „was zuvor allein Prediger, Gebetszirkel oder Koranschule boten: die Bildung einer sozialen Gruppe, die auf andere ausstrahlt“.

Und dann brachte Eisvogel den Online-Dschihad, also den heiligen Krieg im Internet, ins Spiel. In diesem Zusammenhang würden wohl auch „individuelle Radikalisierungen“ stark zunehmen. Angeblich würde wohl Al Qaida selbst dafür im Internet werben, dass Einzeltäter Attentate gegenüber dem Westen verüben sollen. Muss man sich das so vorstellen, dass das Terrornetzwerk über Facebook eine entsprechende Nachricht verbreitet und man als möglicher Einzeltäter auf „Gefällt mir“ klicken soll?

Eisvolgel philosophiert weiter darüber, dass Aktivisten in der islamistischen Szene planen würden, das Internet als Waffe zu benutzen. Statt Online-Dschihad wäre das dann aber „Cyber-Dschihad“. Und ich denke, dass so etwas sogar funktionieren könnte. Es gibt ja bereits etablierte Botnets, wie ZEUS oder Kneber. Die Liste kann man weiterführen. Dazu gibt es eine ganze Reihe Trojaner und Würmer, mit denen man eine Invasion auf die unschuldige Netzwelt starten kann. Und schließlich wissen wir ja alle von Hackern und Hackernetzwerken. Prominentes Beispiel ist ja wohl Anonymous, obwohl sich das „Kollektiv“ wahrscheinlich nicht dafür hergeben wird.

Der Bundesverfassungsschutz will jetzt die Kräfte und Ressourcen so aufstellen, dass die Behörde besser verstehen kann, was sich im Internet eigentlich abspielt. Vor dem Hintergrund immer weiterer Hacker-Angriffe und Online-Protestaktionen kann man da schon mal den Überblick verlieren und dabei dann auch einen schwelenden Krieg übersehen. Oder wie darf ich das verstehen?

Sofort gehen Gerüchte um, dass sich der BfV womöglich ein neues Betätigungsfeld suchen will. Schließlich wird der Behörde ja immer mal wieder kollosales Versagen unterstellt. Und verschiedene Benutzer im Internet belächeln die Äußerung von Eisvogel und kommentieren, dass niemand etwas zu befürchten hat, so lang sich der BfV darum kümmert. Schließlich hat dieser ja auch keinen Rechtsterror erkannt.

Ich bin auch etwas skeptisch, was diese Äußerung angeht. Was will denn Eisvogel damit ausdrücken? Ich denke, jeder, der offenen Auges im Internet unterwegs ist, spürt selbst, dass sich das Web verändert hat. Die Gefahren haben zugenommen. Inzwischen ist es möglich, ganze Nationen durch Ausschalten von zentralen Behörden aufgrund von Hackerangriffen zu gefährden. Selbstverständlich ist so etwas wie ein Online-Dschihad möglich. Aber ich denke, dass da schon eine ganze Weile etwas in der Art im Gange ist. Und wenn mein Eindruck stimmt, dann ist der BfV mal wieder zu spät. Dann braucht Eisvogel auch niemanden mehr zu warnen.

Informationsquelle: Heise Online – Verfassungsschutz sieht „Online-Dschihad“

HINWEIS: Auch die Agence France Press (AFP) hat eine ähnliche Meldung veröffentlicht. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ich die AFP-Meldung nicht als Quelle benutzt habe, sondern den verlinkten Artikel bei „Heise Online“, der sich auf eine DPA-Meldung bezieht.

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