Emails und Co. – Multitasking ist ein Wunschtraum

Da ist man gerade in etwas vertieft, als plötzlich ein Signal das Eintreffen einer neuen Email signalisiert. Schaut man nun nach oder nicht? Es soll ja Leute geben, die dann regelrecht nervös werden und anfangen, an den Händen zu schwitzen und so. Dann reißen sie sich doch von ihrem derzeitigen Tun los und schauen nach, was da wieder eingetroffen ist. Und wenn man schon mal dabei ist, schweift der Blick ab zu der grinsenden Eins bei Facebook oder zu der Leiste „30 neue Tweets anzeigen“ bei Twitter oder so. Und schon ist die eigentliche Tätigkeit zum Teufel. Stimmt’s?

Mal eben nach drüben schauen

Wir reden uns immer raus, dass der Mensch doch das Multitasking beherrscht. Denn der Mensch ist doch ein intelligentes Wesen. Menschen müssen selbstverständlich dazu in der Lage sein, die momentane Arbeit oder Tätigkeit zu unterbrechen, nur um „mal eben“ die Emails zu checken oder die Benachrichtigungen in den sozialen Netzwerken abzurufen. Ja, wir stellen die aktuelle Aufgabe auf Pause, es geht ja in 5 Minuten sowieso weiter. Bei den privaten Fernsehsendern läuft das ja auch so, warum also nicht im wahren Leben?

Nein, der Mensch ist nicht so weit entwickelt. Ich beobachte das ja an mir. Nehmen wir einmal an, dass ich irgendwas analysiere oder eben einen Blogartikel wie diesen hier schreibe. Ich schaue dann doch hier und da mal nach oben an den oberen Browser-Rand zu den geöffneten Tabs. Unter diesen findet sich auch Facebook. Was meinen Sie, was passiert, wenn mir Facebook eine 1 in Klammern anzeigt? Klar: Nur mal eben schauen, was da los ist. Geht ja auch ganz schnell.

Die Neugier und die 25 Minuten

Bei Emails ist das nicht anders. Ob das im Büro die Emails sind, oder ob es privat ist: Irgendwann übermannt einen ja doch die Neugier, was wieder eingetroffen ist. Was wollen die Kollegen von mir? Oder: Mal sehen, wer nun wieder geschrieben hat. Es gibt Leute, die auch privat jederzeit Emails bearbeiten, sogar solche, die beruflicher Natur sind. Und ehrlich, man schaut schon gern mal zu Facebook, Twitter, Google+ oder zu irgendeinem anderen Netzwerk. Stimmt’s? Ich glaube, das ist die persönliche Informationsgeilheit eines jeden Menschen.

Das Ganze bringt allerdings auch Probleme mit sich. Es ist ja nicht nur so, dass dies dem Abarbeiten der eigentlichen Aufgaben schadet. An der Universität von Kalifornien wurde festgestellt, dass es dann durchaus um die 25 Minuten dauert, bis man sich nach solchen Ablenkungen wie das Überprüfen von Emails oder das Besuchen sozialer Netzwerke wieder in seiner Aufgabe zurecht gefunden hat. Das kommt dann auch ein bisschen auf die Komplexität der Aufgabe an. Aber so im Prinzip ist das schon eine gewaltige Zeit, oder?

Wenn ich jetzt einen umfangreichen Blog-Artikel mit eventuell auch einem schwierigen Thema schreibe, und ich gucke dann mal zur Entspannung in den sozialen Netzwerken oder in meinen Emails nach, dann habe ich in der Tat eine Weile damit zu tun, bis ich wieder im Thema drin bin. Wenn ich eine Aufgabe im Büro abarbeite, will ich mich auch nicht unbedingt ablenken lassen. Da ich selbst schon mitbekommen habe, dass es gerade bei Analysen oder dergleichen sehr schwierig ist, sich wieder in der eigentlichen Arbeit zurecht zu finden.

Ich habe nie auf die Uhr gesehen, aber ich glaube, dass die festgestellten 25 Minuten durchaus stimmen können. Das liegt daran, dass der Mensch sein Gehirn erst von der eigentlichen Aufgabe auf Emails und soziale Netzwerke umschalten muss. Geschieht dann der Sprung zurück zur Aufgabe, braucht das Gehirn wieder einige Zeit, die Synapsen zu sortieren. Und erst, wenn das Gehirn wieder auf den Wert „Aufgabe“ eingenordet ist, ist wieder ein Abarbeiten der eigentlichen Aufgabe möglich.

Hab ich was beim „Tatort“ verpasst?

Und das meine ich wirklich völlig unabhängig davon, ob es sich um eine gestellte Aufgabe im Büro oder so oder um irgendeine private, persönliche Tätigkeit handelt. Stellen Sie sich einmal vor, Sie schauen einen Film und reagieren auf das Signal am Smartphone, dass irgendeine Benachrichtigung eingetroffen ist, und schauen nach. Sofort ist die Konzentration auf den Film weg, man braucht dann einen mehr oder weniger langen Moment, sich wieder in die Handlung zu vertiefen. Vielleicht verliert man sogar den Faden, wer weiß?

Man sagt sich zwar, dass man während des Lesens und ggf. des Beantwortens der eben eingetroffenen Email oder WhatsApp- / Telegram- / Facebook-Nachricht trotzdem der Handlung nebenbei mit folgen kann. Aber ehrlich: Das klappt doch sowieso nicht. Das Gehirn hat sich nun einmal auf die Nachricht konzentriert und braucht – wie eben dargestellt – eine Weile, um sich wieder auf den Film einzustellen. Beobachten Sie sich mal selbst. Können Sie von sich wirklich ehrlich behaupten, dass Sie mehrere Dinge gleichzeitig tun können?

Irrtum, Baby!

Der Irrtum der Menschheit – oder zumindest vielen Menschen – liegt darin, dass jeder geglaubt hat, dass man zum Multitasking in der Lage ist. Jeder hat gedacht, dass mehrere Dinge gleichzeitig getan werden können. Ich meine damit nicht, dass während des Autofahrens der Fahrer nicht dazu in der Lage ist, Radio zu hören. Es ist vielmehr gemeint, dass das Gehirn nicht dazu in der Lage ist, nach einer Ablenkung sofort wieder zur eigentlichen Aufgabe zurück zu finden.

Die Fähigkeit, die Anforderungen von mehreren Aufgaben gleichzeitig bewältigen zu können, ist dem menschlichen Gehirn schlichtweg nicht gegeben. Von daher spricht man dabei auch in der Psychologie davon, dass der Mensch beim Versuch, die Fähigkeit zum Multitasking unter Beweis zu stellen, ununterbrochen nur teilweise aufmerksam ist. Oder anders gesagt: Versucht jemand durch einen solchen Irrglauben, sich auf mehrere Dinge zu konzentrieren, sinkt die Effizienz, die vielleicht vorläge, würden die Dinge nacheinander bearbeitet werden.

Mit anderen Worten ist damit gemeint: Emails und soziale Netzwerke, Messenger-Dienste und dergleichen können warten, wenn eine komplexe Sache noch nicht fertig bearbeitet wurde. Wenn man die eigentliche Aufgabe ständig unterbricht, nur um nach dem Stand der Dinge bei Facebook zu schielen, kann die Aufgabe nicht mit voller Konzentration bearbeitet werden und können Dinge bei Facebook nicht immer korrekt eingeschätzt werden. Bei Emails ist es das gleiche Phänomen.

Outlook lässt ja eine kleine Benachrichtigung hochkommen, wenn eine neue Email eintrifft. Und das mitten in der Bearbeitung einer komplizierten Sache, so als Beispiel. Die Konzentration liegt noch teilweise bei der Arbeit und schon teilweise bei der Email. Kann ich dann bei den heutigen Emails in jedem Fall zweifelsfrei einschätzen, ob es sich nicht doch um etwas gefährliches oder um Spam handelt? Wäre es nicht der Ökobilanz zuträglich, wenn man erst die Aufgabe abarbeitet, um sich dann der Email zu widmen? Denn der Stromverbrauch aufgrund von Spam ist schließlich immens.

Konzentration auf eins ist alles

Es spricht also viel dafür, dass sich der Mensch auf seine Aufgaben nacheinander konzentriert. Ob man sich hinstellt und irgendwelche Dinge priorisiert, ist dabei noch gar nicht mal so wichtig. Aber wenn der Mensch schon nicht dazu in der Lage ist, mehrere komplexe Dinge parallel zu bearbeiten (und mit parallel ist genau das mit der Aufgabe und den Emails gemeint), dann müssen eben die einzelnen Dinge nacheinander ablaufen. Und der Mensch muss lernen, auch mal den Stecker zu ziehen.

Wenn wir nun zurück zu dem oben angesprochenen Film gehen, dann stellen wir doch eins fest: Wenn Feierabend ist, hat das Gehirn auch Feierabend. Emails müssen nicht bearbeitet werden, soziale Netzwerke und Messenger und dergleichen können warten. Dann ist eben Zeit, dass das Gehirn mit Reizen wie in Filmen durchflutet wird. Emails würden da nur ablenken. Und dann von Konzentration wieder zurück zur Unterhaltung zu wechseln, ist noch viel schwieriger, als von Emails zur Aufgabe zurück zu wechseln.

Ich denke, der Mensch muss lernen, dass man auch mal etwas verpassen kann. Nichts ist in einem Moment wichtiger, als die momentane Tätigkeit. Wenn sich jemand eben mit seinen sozialen Kanälen beschäftigt, dann ist das okay. Aber dann bitte nur das. Und dann sollten auch andere Dinge nicht im Hinterkopf wabern, wie eine nur für Facebook und Co. unterbrochene Aufgabe. Und wenn man dem Gehirn sagt, dass jetzt Feierabend ist, muss man auch nicht den Fernsehabend oder die Romantik durch vermeintlich wichtige Dinge stören. Damit kommt das Hirn eh nicht zurecht.

Konzentrieren wir uns also auf die jeweils gestellte Aufgabe oder das derzeitige Tun. Es gibt nichts wichtigeres als die derzeitige Tätigkeit. Und wenn Sie bis hierher die über 1300 Worte gelesen haben, dann wollten Sie sich sicherlich auch nicht durch irgendwas anderes stören lassen. In der Zeit des Lesens haben Sie sich auf den Artikel konzentriert und nicht auf irgendwelche Einsen bei Facebook und Co. Deshalb konnte Ihr Gehirn den Artikel auch verarbeiten. Habe ich Recht? Wollen wir das zukünftig immer so halten? Also auch im Beruf oder beim Fernsehen oder bei sonstwas?

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