Kommentar-Derailing und meine Meinung dazu

Es gibt hier auf dieser Webseite eine Kommentar-Kultur. An die kann man sich gern halten, man kann es auch lassen und wird nicht gelesen. Damit ist das Thema eigentlich auch schon Geschichte. Aber irgendwie doch nicht. Denn derzeit macht es groß die Runde, dass es ein so genanntes Derailing in den Kommentarspalten gibt. Gut, ich habe das noch nicht erlebt. Aber es muss ja so sein, nachdem so viele darüber erzählen. Und wie ich eben so bin, muss ich meinen Senf einfach mal dazu geben.

Derailing?

Derail ist ein englisches Wort und steht für Entgleisen. Derailing kann also eine Entgleisung sein. Genauso gut kann es aber auch eine Ausmusterung sein. Aber bleiben wir einfach mal bei der Entgleisung. Man pöbelt einfach mal in den Kommentaren herum und reißt somit die Debatte darin an sich. Man will der Welt zeigen, dass man der Chef im Ring ist. Dabei will man möglichst schlau daher kommen und drückt sich dementsprechend aus.

Es ist eigentlich völlig egal, zu welchem Thema das gemacht wird, es funktioniert bei vielen Themen, wenn nicht sogar bei allen. Wer Derailing betreibt, will anderen Lesern eigentlich nur deutlich machen, dass er gar nicht so blöd ist und will erreichen, dass andere denken, dass er doch eigentlich auch ein kleines bisschen recht hat.

Habe ich das selbst schon erlebt?

Ja, ansatzweise. Ich verschicke ja schon eine ganze Weile lang – eigentlich schon seit Beginn dieses Blogs – meine Artikel in die sozialen Netzwerke Facebook, Twitter und Google+. Und ich habe hier und da schon mal die eine oder andere kleine oder größere Debatte gehabt. Bei Facebook wollte ein – nun ja – besorgter Bürger, der man einer meiner Kontakte war – darüber nicht im Unklaren belassen, wie gefährlich doch die Flüchtlinge sind. Und irgendwie wollte er auch keinerlei andere Meinung zulassen, egal was man ihm entgegnete.

Aber hier im Blog läuft das eigentlich ziemlich geordnet ab. Nicht so, wie man es woanders liest, dass von links nach rechts gezetert wird oder Apple-Fans über Samsung-Fans herziehen oder umgekehrt. Beispiele gibt es genug. Hier laufen die Kommentare immernoch recht gesittet ab. Andere Leser und Kommentatoren werden nicht provoziert, sich auf eine Debatte einzulassen, die in eine völlig andere Richtung geht, in die der ursprüngliche Artikel eigentlich verweist. Und das ist eigentlich immernoch gut, oder?

Ein Beispiel für das Derailing

Stellen Sie sich einmal vor, dass ich über brennende Flüchtlingsunterkünfte schreibe. Das Beispiel nehme ich einfach, weil es derart prominent ist, dass es einfach am besten passt. Ich schimpfe natürlich darüber, weil ich das einfach mal unmenschlich finde. Im gleichen Artikel nehme ich Bezug auf die tumben Parolen wie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen„. Okay, wir wissen jetzt also, in welche Richtung das jetzt geht.

Jetzt stellen wir uns dazu mal noch vor, dass den Einwohnern von Kleinkleckersdorf einfach mal 100 Flüchtlinge im ausrangierten Spritzenhaus der aufgegebenen Dorffeuerwehr vor die Nase gesetzt werden. Ja, wer zum Henker hätte dann in diesem Nest nicht Schiss davor, dass nun irgendwas passiert, wenn diese Fremden da sind?

Ich habe viele Leute in meinem Leben kennengelernt. Und deshalb weiß ich, dass die „Leute vom Land“ einfach mal misstrauischer Fremden gegenüber sind, als es „Städter“ sind. Man kann also nachvollziehen, dass die Einwohner von Kleinkleckersdorf wirklich mit großem Unwohlsein auf die Einquartierung in ihrem Spritzenhaus sind. Es hat ja auch niemand mit ihnen vorher geredet.

Und dann kommt einer wie ich daher und plappert einen in seinem dämlichen Blog daher, dass das ja gar nicht so schlimm sei mit den Flüchtlingen. Die sind froh, dass die bis hierher überlebt haben. Was sollen die schon machen? Und solche Leute wie der ehemalige Kontakt bei Facebook würde dann eine Debatte anzetteln, die in die Richtung geht, dass man doch eh schon lang beschlossen hätte, dass Eigenheime verstaatlicht werden, um diese Tunichtgute aus dem hintersten Wald unterzubringen.

Wenn das Ganze dann auch noch wortreich und halbwegs plausibel klingend formuliert ist, möchte ich denjenigen aus Kleinkleckersdorf sehen, der dem Ganzen dann keinen Glauben schenkt. Es ist dabei völlig egal, wie viele nachweisbare Gegenbeispiele es gibt. Die Meinung steht fest. Und das nur, weil derjenige wortgewandt daher plappert. Ich glaube, genau das ist Derailing.

Was mache ich dagegen?

Bei Facebook und den anderen sozialen Netzwerken? Irgendwie so rein gar nichts. Ich habe gute Kontakte in den einzelnen Netzwerken. Und ich kann mich doch nicht mit jedem auseinandersetzen, bei dem ich das Gefühl nicht loswerde, dass der eh von seiner Meinung nicht abzubringen ist und mir stattdessen über die Tastatur fahren will.

Aber hier im Blog? Da ist so etwas noch nicht in dem Maße aufgetreten. Und wenn, dann konnte ich das relativ schnell entkräften. Es ist eben manchmal gut, ein prall gefülltes Archiv zu haben. Aber gelöscht habe ich deshalb nur sehr selten einen Kommentar. Warum sollte ich das auch tun?

Es ist ja nicht direkter Hass, der mir da entgegen springt. Warum? Völlig klar: Mit jedem Kommentar wird in der Datenbank hinter WordPress die IP-Adresse abgespeichert, woher der Kommentar stammt. Da wird niemand so blöd sein und mich derart unter der Gürtellinie mit Hass bekippen. Denn ich könnte ja diese IP-Adresse veröffentlichen.

So lang hier der Ton im Rahmen bleibt, werde ich mich nicht an abgegebenen Kommentaren vergreifen. Ich musste bei den über 3700 Kommentaren vielleicht 20 mal eingreifen. Und das darf gern so bleiben.

Wie kam ich darauf?

Ja, jetzt geht das schon wieder los: Ich habe irgendwo irgendwas gelesen und musste dazu irgendwas los plappern. Aber genau so ist das gewesen. Ich habe eine Stellungnahme zum Derailing gelesen und wie große Blogs darauf Bezug nehmen. Und das hat mich einfach mal dazu getrieben, selbst etwas dazu zu schreiben.

Sicher, mancher hat nicht unrecht, obwohl es nach Derailing klingt. Es gibt wie immer mehrere Ansichten auf ein Thema. Das kann man gern auch so beibehalten. Schließlich haben wir eine Meinungsfreiheit verfassungsrechtlich zugesichert. Man darf dann aber auch andere zu Wort kommen lassen und sich deren Argumente anhören. Denn ehrlich gesagt möchte ich nicht anfangen, Kommentare zu weißen und mit dem Plugin „Hightlight Comments“ herumzuspielen. Oder soll ich etwa mit so einem Zeug anfangen? Das wäre dann aber nicht mein Ding. Ehrlich.

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