Kommentare als Gefahr in der journalistischen Neuzeit

Den Journalismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf. Aber Kommentare. In denen finden Journalisten des Öfteren ihre Meister. Und ich frage mich da gerade, ob so etwas auch Blogger ereilen könnte. Könnte ein Blogger sich selbst auf die virtuelle Zunge beißen, bevor er etwas veröffentlicht? So aus Sorge, einen Shitstorm oder Drohungen gegen Leib und Leben zu provozieren. Ich gucke da mal lieber bei mir.

Da zitiert Heise den Chefredakteur der ZEIT, Giovanni di Lorenzo, der von sich gegeben haben soll, dass die Kommentarspalten manchmal die „Kloake menschlicher Abgründe“ darstellen würden. Es würde wohl immer mehr Mut dazu gehören, sich als Journalist „mit einem Leitartikel anonymen Beschimpfungen auszusetzen“. Weiter berichtet Heise davon, dass gar Morddrohungen gegen Journalisten ausgesprochen werden. Und sorry, das geht zu weit.

Wenn ich mich da jetzt bei mir umschaue, dann kann ich nur jeden gottverdammten Tag dafür danken, dass hier eine recht gesittete Kommentar-Kultur herrscht. Ich musste bisher nur sehr wenig eingreifen. Allerdings kenne ich auch andere Blogs, bei denen das eben nicht so war. Und bei den etablierten Medien ist das gar noch schlimmer. Ich habe selbst Diskussionen in den Kommentarspalten von SPIEGEL, STERN und wem auch immer mitbekommen, die mit dem eigentlichen Thema nichts mehr zu tun hatten, sondern sich nur um „Lügenpresse“, „gekaufter Journalist“, „der Idiot im Kommentar über mir“, „den Autor des Artikels einäschern“ und dergleichen drehen.

Da fragt man sich, wo die Kommentar-Kultur im Allgemeinen hingeraten ist. Sicher, man kann den Medien durchaus vorwerfen, dass sie hier und da nicht mit der unverblümten Wahrheit herausrücken. Aber ich glaube nicht, dass man sie per se als Lügner hinstellen kann. Ich glaube auch nicht, dass irgendwer das Recht dazu hat, Drohungen auszusprechen und mit Anstiftungen gegebenenfalls Leib und Leben des Autors eines Artikels gefährden.

Es soll in der Vergangenheit wegen solcher Anfeindungen sogar zur Schließung von Blogs gekommen sein. Ich will mir gar nicht ausmalen, was alles passieren könnte. Und deshalb bin ich froh, dass es hier gesittet zugeht. Niemand muss mit der Meinung eines Autors einverstanden sein. Dann helfen Kommentare durchaus zur Klärung oder geben weiterführende Informationen oder geben einen alternativen Blick. Drohungen gegen Leib und Leben aber gefährden das, wofür jeder im Internet ist: Die Meinungsfreiheit.

Ich moderiere meine Kommentare. Und daher weiß ich, dass es hier gesittet zugeht. Bei Hunderten von Kommentaren pro Artikel wäre das aber unmöglich. Dann aber würde ich mir etwas anderes überlegen (müssen). So aber kann ich feststellen: Es gibt durchaus Kritik, Berichtigungen, weiterführende Informationen. Nicht jeder hier ist mit meiner Meinung einverstanden. Das will ich auch gar nicht. Aber niemand vergreift sich im Ton.

Wenn das bei den etablierten Medien anders ist, müsste man dort in den Medienhäusern darüber ernsthaft nachdenken, die Kommentare stärker zu moderieren und ggf. auch auf Dinge zu reagieren. Denn das kommt mir oftmals zu kurz. Da werden die Leser sich selbst überlassen, bis dann die Webseite wieder einen neuen Artikel gebärt. Und das kann es ja wohl nicht sein. Ich gehe nicht davon aus, dass das Gros der Artikel daher gelogen ist, was da bei den großen Webseiten veröffentlicht wird. Aber wenn schon Fehler passieren, muss sich die Nachrichten-Webseite auch Kritik gefallen lassen und – verdammt noch mal – darauf reagieren.

Drohungen in den Kommentaren sind etwas widerwärtiges. Noch dazu unter Pseudonymen mit falschen Kontaktdaten. Man kann es aber nicht einfach nur als Trollerei abtun. Daher kann ich das verstehen, dass Redakteure und Autoren da durchaus Sorge haben, wenn die so etwas lesen. Aber wie gesagt: Es geht auch anders, wie bei mir derzeit. Ich hoffe, das bleibt auch so.

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