Micro Targeting – Wurde die US-Wahl bei Facebook entschieden?

Es klingt unglaublich. Aber es machte dieser Tage die Runde, dass die US-Wahl über Facebook entschieden wurde. Mit dem so genannten Micro Tageting. Ein Target ist ein Ziel. Es wird also die Nutzerschaft bei Facebook in Gruppen aufgeteilt, denen man dann gezielt Informationen ausspielt. Und die kann ziemlich unterschiedlich sein. Und die soll dann die Wahlentscheidung in den USA beeinflusst haben. So wird es erzählt.

Was wurde dieser Tage alles so erzählt. Es war unfassbar. Ein Institut hat da eine Studie veröffentlicht, die besagt, dass Facebook-Nutzer anhand von Likes und Seiten, denen sie folgen, in ihrer Wahlentscheidung beeinflusst wurden. Und zwar, weil aufgrund von psychologischen Einschätzungen die Nutzerschaft quasi in Gruppen gepackt wurde. Denn man kann ziemlich genau feststellen, was das für eine Type hinter dem Profil ist. Also im freien Sinne sozusagen.

Naja, ganz so kann es offenbar nicht gewesen sein. Da muss niemand ein großartiger Experte sein. Das bin ich ja auch nicht. Aber es dürfte ja sonnenklar sein, dass man keinen Menschen ausrechnen kann, indem man seine Likes zusammenzählt. Das ist bestenfalls ein kleiner Ausschnitt seines Verhaltens auf Facebook, beschreibt aber in keinster Weise seine Persönlichkeit. Facebook gewichtet ja selbst schon die Inhalte für die Benutzer anhand von Likes und dergleichen. Also kann das nicht viel mit der Persönlichkeit zu tun haben.

Aber die Denke wird beeinflusst. Es gibt kolossal viele Menschen auf diesem Planeten, die keine Ahnung davon haben, dass es außerhalb von Facebook noch Internet gibt. Ich habe auch festgestellt, dass es Leute gibt, die lieber die fehlerhaft arbeitende Facebook App hernehmen statt eines Browsers. Und letztlich ist es doch so, dass es unfassbar viele Menschen gibt, die denken, wenn es auf Facebook steht, muss es ja stimmen.

Was dabei gänzlich außer Acht gelassen wird: Es gibt die Internet-Aktivitäten von Nutzern. Darunter Facebook. Und es gibt die „Offline-Aktivitäten“. Ja, man nennt das inzwischen häufiger so, wenn man „in dieses Draußen“ geht. Es gibt nicht wenige Leute, die in den sozialen Netzwerken – Facebook ist ja nur eins davon – nur eine Rolle spielen. Wie sollen die richtig klassifiziert werden? Und nachdem Menschen im realen Leben oft genug ganz anders drauf sind als im Online-Tun, ist es reichlich abwegig, anhand von Likes einen Menschen klassifizieren zu können.

Ich stelle nicht infrage, dass durch die Filterung und Gewichtung von Inhalten in sozialen Netzwerken die Meinung und das Denken beeinflusst werden können. Ich stelle aber infrage, dass die US-Wähler wirklich anhand von Likes als beeinflusst identifiziert werden konnte. Fake-Nachrichten gibt es einen ganzen Sack voll. Aber ich befürchte, dass diese Studie ebenso falsch ist.

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