Nach AGB-Anpassung virtueller Massen-Selbstmord auf Facebook

Es ist erschütternd: Erwachsene, an sich klar denkende Leute begehen virtuellen Selbstmord, weil Facebook die AGB angepasst hat. Unfassbar. Da werden jetzt nicht mehr nur wütend Bilder umher geteilt, dass man eben jenen AGB widerspricht. Nein, man löscht gefühlt seine komplette Online-Identität. So etwas hatten wir ja schon, wie ich mich erinnern kann.

Nein. Nein. Nochmals nein. Und abermals nein. Man begeht keinen Selbstmord, wenn man bei Facebook sein Profil löscht. „Sich löschen“ klingt ja so wie „Vaporisieren“ aus „1984“, deshalb möchte ich auf solche Begrifflichkeiten verzichten. Und seine Online-Identität löscht man auch nicht, nur weil man kein Profil mehr bei Facebook hat. Um es mal klar und deutlich loszuwerden:

Facebook ist nicht das Internet.

Man begeht keinen Selbstmord, wenn man das Profil dort löscht. Man entledigt sich einer Anmeldemaske und kann nun nicht mehr am Verteilen von Katzenbildern und „Als welches Tier wirst du wiedergeboren“ teilnehmen. He, es wird bald Frühling. Da kann man auch mal rausgehen. Um nun einmal klar und deutlich festzustellen, ob man denn beim Löschen des Facebook-Profils Selbstmord begeht, machen wir nach dem Löschen mal folgenden Test:

  • Es ist Winter. Ziehen Sie sich einfach nur mal eine Unterhose an und gehen ins Freie. (Frauen dürfen natürlich noch weitere Dinge bedecken, aber fairerweise nur die, die zum Intimbereich gehören.) Ist es kalt? OK, Sie sind nicht tot.
  • Gießen Sie sich Ihren morgendlichen Kaffee oder Tee frisch zubereitet einfach mal über den nackten Arm. Ist es heiß? OK, Sie sind nicht tot.
  • Und so weiter.

Mir ist es ehrlich gesagt zu doof, solche Tests überhaupt zu benennen. Aber manchen Medien muss man mit dem Vorschlaghammer einbläuen, dass das alles kein Selbstmord ist. Als Konsequenz von Selbstmord ist man nämlich tot. Nach dem Löschen des Profils ist man nach wie vor am Leben. Das merken Sie spätestens nach dem Test, wenn Sie Schnupfen bekommen und Sie sich den Arm verbrüht haben.

Ich weiß nicht, was an Facebook so wichtig ist. Nein, Facebook ist um Himmels Willen nicht das Internet. Wer wissen will, was wirklich alles das Internet ist, der kann sich umfangreich belesen. Facebook ist ein Ausschnitt, eine Webseite, die über einen der Internet-Dienste, nämlich dem WWW-Dienst, bereitgestellt wird. So wie meine Seite oder jede andere Seite.

Facebook ist auch nicht das Leben. Wenn ich manchmal so lese, was mancher mitteilt, nur weil sich jemand von Facebook verabschiedet. „Ich werde dich vermissen…“ – Ernsthaft? Das würde ich bei realen Freunden, von denen ich nicht allzu viele habe, behaupten. Aber wenn sich jemand von Facebook verabschiedet und wir vorher keine alternativen Kontaktmöglichkeiten ausgetauscht haben, dann kann die angebliche Freundschaft nicht so groß gewesen sein. Wer sich von Facebook abmeldet, wird sicher seine Freunde mal in einer Kneipe treffen. Man sagt, das ist auch mal ganz schön.

Nun hat also Facebook als Hausbesitzer des Mietshauses eine neue Hausordnung ausgehängt. Jeder hat mit Kreide irgendeinen wütenden Satz drunter geschrieben. Der Hausbesitzer hat die Sätze aber alle nicht mitbekommen, und irgendwann ist die Kreide wieder verschwunden. Man hätte ja ausziehen können aus dem Haus, wenn einem die Hausordnung nicht gefällt. Da viele noch da im Haus wohnen, kann das Missfallen nicht so groß gewesen sein.

Also außer die Produktion von ein paar Bits ist nichts passiert. Und irgendwann ist die Änderung der Hausordnung vergessen. Man hat sich daran gewöhnt, dass der vom Besitzer beauftragte Hausmeister Flyer in den Briefkasten steckt. Den einen Mieter interessiert mehr der neue Pizzaservice schräg rüber, den anderen der neue Supermarkt um die Ecke. Na und? Neben den Briefkästen ist ein Papierkorb, dort wirft man das rein. Der Hausmeister hat ja auch mitbekommen, dass die Mülltonne von Wohnung 6 immer voller Pizzakartons ist, der Single dort wird wohl gern Pizza essen. Daher der Flyer. Der wäre erbost, wenn der nun einen Flyer vom Damenschuh-Laden zwei Straßen weiter bekommen würde.

Man kann ja formschön einen Zettel an den Briefkasten hängen, dass man keine Werbung wünscht. Im Internet (siehe oben) sind das AdBlocker. Sie erinnern sich? Die Erweiterung für Ihren Browser, der hier für Sie die Werbung ausblendet. Bei Facebook wird sie Ihnen aber angezeigt. Mir nicht, wenn ich das nicht möchte. Was mache ich anders? Ich lasse sie eben dort nicht anzeigen. Das ist mein „Bitte keine Werbung“ an meinem Briefkasten. Und an den hält sich auch der Hausmeister. Auch im Mietshaus namens Facebook. Ich habe grad nochmal geschaut, das ist wirklich der Fall.

Ich meine, wenn man sich durch die Werbung gestört fühlt, dann soll man sie eben ausknipsen. Andere finden die möglichst genaue Werbung gar nicht so schlimm. Und stellen Sie sich vor, die erklären das auch noch. So hat es der Carsten Drees bei Mobilegeeks gemacht. Und wenn man das so liest, dann denkt man sich vielleicht „Verdammt, der hat vielleicht sogar Recht„.

Klipp und klar: Ich hatte die Vermutung, dass Facebook sonstwas mit den Daten anstellt. Am Ende filtern die damit nur die richtigen Werbebanner heraus. Wie wäre das denn? Jeder Nutzer legt überall auf Webseiten seine Gastgeschenke aus. Meistens ist es eine Packung Kekse, also Cookies. Die kann man ja beim Schließen des Browsers alle löschen. Dann muss man die Kekse beim nächsten Besuch eben wieder mitbringen. Und ob nun Google die Kekse erkennt und mir ein paar Seiten weiter zeigt, dass man da etwas zuordnen kann, oder Facebook macht das – Wo ist der Unterschied? Wenigstens so und offen kommuniziert, als still und heimlich mit sonst welchen Tricks, wie es bei mancher Webseite passiert.

Nein, Facebook macht allzu viel nicht falsch. Will man einem privatwirtschaftlichen, börsennotierten Unternehmen untersagen, Geld zu verdienen? Facebook wurde ja schon tot geglaubt. Nun ist dem nicht so, weil sie eben Geld verdienen. Und dann sollen sie das nicht? Sie handeln ja nicht mit Daten. Da es auch ein Obama-Profil dort gibt, würde im Falle von Datenhandel der Dienst sofort verboten werden. Nein, es ist „nur“ sein Organisationsteam. Aber ich meine ja nur.

Ich denke, um Facebook wurde zu viel Panik gemacht. Noch einmal zusammengefasst:

  • Facebook hat neue AGB. Die überschreiten nicht geltendes Recht. Wer diese Hausordnung nicht akzeptiert: So verlassen Sie den Kaninchenbau.
  • Facebook ist weder das gesamte Internet, noch sollte es für irgendwen einen relevanten Teil des Lebens darstellen.
  • Wer sich bei Facebook abmeldet, nimmt sich nicht das Leben.

Ich hätte nie gedacht, dass etwas völlig normales – nämlich das Anpassen von geschäftlichen Rahmenbedingungen an die aktuelle Lage – derart hohe Wellen schlagen würde. Ich verweise noch einmal auf den Link zum Artikel von Carsten Drees. Es ist nicht so schlimm, wie man tut. Und erst recht nicht so schlimm, wie es uns immer wieder verschiedene Medien glauben lassen wollen.

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