Netzneutralität gibt es nicht mehr mit den Netzbetreibern

Für ein paar Euro mehr können wir zukünftig gesicherte Qualität buchen. Alles andere bleibt auf der Strecke. So will es die Deutsche Telekom. Wer nun glaubt, dass das eine gute und faire Geschichte sei, dem sei gesagt, dass das irgendwie nach einem Auslese-Verfahren klingt, was Netzbetreiber wie der Magenta-farbene Riese da vorhat. Wahrscheinlich ist, dass sich Inhaltsanbieter künftig nicht mehr so ohne weiteres gründen werden. Und zwar dank der neu verabschiedeten Neutralitätsregeln, die die Parlamentarier im Brüsseler Elfenbeinturm da von der Leine gelassen haben.

Die Zukunft des Internet und seine Vielfalt sind gefährdet. Das weiß man einfach. Bis gestern waren es die Werbeblocker, die eben nur das an Werbung durchlassen, wofür Werbetreibende und Webseiten-Betreiber bezahlen. Wer nicht mitspielt, der wird vom digitalen Türsteher eben nicht in den angesagten Nachtclub reingelassen. Und nun kommen die Netzbetreiber wie die Telekom daher und bauen sich die Neutralitätsregeln einfach mal so, wie es denen gefällt. Und sie setzen noch einen drauf und reden das auch noch schön. Sagen wir doch einfach zu dem Internet, wie es sich auf diese Weise darstellt, dass es kaputt ist.

Das war es schon vor 2,5 Jahren. Zu der Zeit ging es um die so genannte „Drosselkom“ als Spitzname der Deutschen Telekom, was da die Runde machte. Und jetzt fällt der Bonner Konzern wieder durch solche Dinge auf. Die Telekom marginalisiert mal eben zwischen dem eigenen Musik-Streaming-Dienst Spotify und der Webhosting-Tochter Strato die Pläne, die sie hat. „Ein paar Euro mehr wird es dir ja wohl wert sein, dass deine bei der Konkurrenz gehostete Webseite schnell genug beim Endnutzer aufgerufen werden kann.“

Alles Mögliche könnte unter den Oberbegriff „Spezialdienste“ fallen. Da tut sich sofort die Vision auf, dass all das, wovon die Telekom erst mal nichts hat, ausgebremst werden könnte. Die Parlamentarier mögen über Telemedizin und Verkehrssteuerungssysteme nachgedacht haben, die Telekom nennt direkt Videokonferenzen und Online-Dienste. Ich denke daran, dass irgendein Anbieter ein Telekom-Ticket benötigt, um in erwarteter Geschwindigkeit durchs Internet zu kommen. Hat er das nicht, kommt er nicht durch. Oder eben nur langsam. Sie werden wohl relativ rigide reglementieren.

Und schon sind wir beim Thema Deep Packet Inspection, dass ich in Bälde näher beleuchten werde. Nur so viel vornweg: Mit diesem Verfahren ist es möglich, Datenströme zu regulieren, Vorratsdatenspeicherung zu betreiben, Informationen zu sammeln und so weiter und so fort. Dann nämlich sind wir nicht mehr „nur“ bei dem Thema, wie flüssig ein Film bei einem der Video-Streaming-Dienste läuft. Wir sind dann eben auch dabei, dass Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom auf Geheiß von Regierungen Datenströme von unliebsamen Diensten zu behindern und zu blockieren und jeden Aufruf dieser Dienste genau zu protokollieren. Und das wollen wir nicht wirklich, oder?

One Reply to “Netzneutralität gibt es nicht mehr mit den Netzbetreibern”

  1. Geld regiert die Welt. Wenn wir für eine schnelle Leitung zusätzlich bezahlen müssen und Unternehmen bevorzugt behandelt werden, dann ist keine Netzneutralität gegeben und wir unterstützen nur einzelne große Firmen. Die kleinen mittelständischen Unternehmen werden weiter aus dem Markt verdrängt.
    Es sit schon schlimm wohin sich das alles in den letzten Jahrzehnten bewegt hat.
    Nur noch große Arkaden, Massenzüchtungen und Massenproduktionen, kleine Kartoffeln, dünne (gerade) Gurken – immer alles gleich und „perfekt“.
    Ich bin so froh, wenn ich noch zum richtigen Bäcker und Markt nebenan gehen kann – ohne Datenautobahn.
    LG Timm

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