Oh, my Goodness! Computer werden Körperfresser!

Ich war fast geneigt, Ranga Yogeshwar, Wissen-vor-8-Hoppelmieze der ARD, eine Gesichtspalme zu verleihen. Ich habe das dann aber gelassen. Er hat einen fadenscheinigen Selbstversuch zum Thema „digitale Überwachung“ unternommen. Bevor ich mich zum Artikel in der Frankfurter Allgemeinen äußern werde, eine kurze Zusammenfassung:

Was als gut gemeinter Akt und als eine richtige Aktion aussieht, ist unterm Strich nichts anderes, als würde jemand mit Nebelkerzen um sich werfen und verkünden: Oh, my Goodness! Computer werden Körperfresser! Der ganze Artikel liest sich ein wenig wie das Gekreische der Weltuntergangspropheten: Das Ende ist nah! Der sympathische ARD-Wissensfritze hat unterm Strich eigentlich das Thema verfehlt.

Der Wissensonkel des Öffentlich-Rechtlichen hat ein wissentlich präpariertes Smartphone zugeschickt bekommen. Wissentlich – damit meine ich, dass ihm bekannt sein musste, dass das Smartphone präpariert war und irgendeine dunkle Macht das Gerät überwacht. Und mit diesem Teil in der Jackett-Tasche versucht der gebürtige Luxemburger, einen scheinbar ganz normalen Tag über die Bühne zu bekommen. Und er kommentiert das Ganze mit bedrohlichen Schauerbildern.

Er tobt mit dem – nochmal: wissentlich präparierten – Smartphone in die Bäckerei seines Vertrauens. Er nimmt die Schauerlichkeit mit, dass doch „die andere Seite“ (also die dunkle Macht) per Mikro herausfinden würde, was man gleich frühstückt. Und irgendwie bin ich da jetzt ganz nahe bei einem Cartoon von Ralph Ruthe (KLICK).

Daniel Domscheit-Berg hat des öfteren schon vorgeführt, dass man Smartphones selbst im vermeintlich ausgeschalteten Zustand wieder anschalten kann. Das liegt daran, dass sie nie ganz „aus“ sind, es sei denn, man entfernt den Akku. Um also das Schmatzen von Yogeshwar von der NSA überwachen zu lassen, muss diese dazu in der Lage sein, das Smartphone-Mikrofon anzuschalten. Ihnen müsste dazu aber einiges an Informationen bekannt sein. Sorry, das ist unglaubwürdig, so lang Yogeshwar nicht irgendetwas dazu beigetragen hat.

Solche Nebelkerzen ziehen sich durch den ganzen Artikel. Da schreibt der – ich wiederhole mich gern – sympathische Herr doch tatsächlich davon, dass Fotos zum „Beweismaterial“ mutieren würden. Ja, wofür denn? Und als Besucher eines Flohmarkts übt er dann angeblich eine „subversive Tätigkeit“ aus. Und so weiter und so fort. Im Blogartikel auf der „überschaubaren Relevanz“ ist der Artikel von Ranga Yogeshwar genauestens auseinander genommen.

Wie gesagt, der Artikel von Yogeshwar war sicher gut gemeint. Aber er strotzt von Polemik und Übertreibungen und führt damit zu einer völlig falschen Darstellung. Liest man das Machwerk in der FAZ, kommt man sich automatisch so vor, als würde man immer mal wieder von den „Men in Black“ „geblitzdingst“, nachdem die sich am Smartphone zu schaffen gemacht haben. Das gemeine Volk ist von der dunklen Macht infiltriert.

Bei diesem Thema muss man stattdessen genau nachdenken, was man schreibt. Yogeshwar hat versäumt, „die da“ genau zu benennen. „Die da“ sind für ihn die Unternehmen, die auf Facebook und Co. personalisierte Werbung einblenden. „Die da“ sind aber stattdessen staatliche Organe. Sie verschaffen sich und diversen Lobbygruppen Wissensvorsprünge und sind jederzeit dazu in der Lage, diese Vorsprünge gegen andere einzusetzen. Und so ganz nebenbei wird das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt.

Darauf geht er nicht ein. Wenn er schon so polemisiert, sollte er dann wenigstens noch Verbesserungsvorschläge haben. Aber nicht mal damit kommt er daher. Yogeshwar wollte mit dem Artikel vielleicht aufklären. Wer weiß. Gelungen ist es ihm nicht. Stattdessen malt er Horrorbilder an die Wand, indem er im obigen Artikel fragt:

Wie lange wird es brauchen, bis wir den digitalen Porträts mehr vertrauen als den Menschen aus Fleisch und Blut, wie lange, bis die Mündigkeit des Bürgers von der Maschine aufgelöst wird?

Sprich: Wie lange wird es dauern, bis die Körperfresser die Weltherrschaft an sich gerissen haben? Oder der Pinky und der Brain? Oder Dieter Bohlen? Nein, so löst man das Problem nicht. Das müsste ein gestandener Wissenschaftsjournalist eigentlich wissen. Finden Sie nicht auch?

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