29 Jahre „Crush“ von OMD

Crush. Gewimmel. OMD erobern die USA. Nach Punk, New Wave, Industrial und Pop funktioniert die Band aus Liverpool fast etwas rockig. Das Album klingt wie jedes Album – bis auf „Liberator“ – anders als der Vorgänger. „Crush“ ist das amerikanischste aller OMD-Alben. Und es wird heute 29 Jahre alt und bringt uns immernoch 10 Stücke zu Gehör.

Das Album beginnt mit der seichten Pop-Nummer „So in Love„, einer bösen Abrechnung mit der abhanden gekommenen Partnerin, die dann wieder zurück will. Diesem Lied merkt man das fast Schlagerhafte ebenso deutlich wie die Überproduktion an, und es eroberte die USA.

Secret„, die Nachfolger-Single, ist ein ebenso schnulziges Pop-Stückchen, das aber optimistischer ist, von Paul Humphreys zur Abwechslung gesungen wird und alles in allem elektronisch daher kommt. Und im Gegensatz zum Vorgänger handelt dieses Lied vermutlich von der großen Liebe von Paul Humphreys zu seiner ersten Frau.

Tja, „Bloc Bloc Bloc“ geht dann in die Vollen. Der Südstaaten-Blues, der sich teilweise sehr derber Ausdrücke bedient, handelt von der Ausweglosigkeit im Süden, und dass man nach Norden, nach Detroit gehen soll. Und es geht um eine Frau, die jede Nacht ihren Körper wie ein Schaf auf der Schlachtbank opfert.

Es folgt „Women III„, ein sehr desaströses Lied, das beschreibt, wie eine Frau zum Spielball eines Mannes werden kann. Eigentlich will sie schon lange abhauen, aber dann reiht sie sich am Ende doch als Frau Nummer 3 ein, denn eigentlich gefällt ihr das so. Ein sehr hörenswertes Lied, wie ich finde.

Das Titelstück „Crush“ erzählt vom Regen, der weggehen möge. Es geht um Verbindungen, auf die man gebaut hat. Man will sich nicht mehr „so“ behandeln lassen. Es ist eins der wenigen Lieder auf dem Album, in dem die Experimentierfreude der Liverpooler Herren zu hören ist.

Leider kann ich Ihnen das großartige „88 Seconds in Greensboro“ nicht vorspielen, dafür gibt es aber unten den Amazon-Link zum Anspielen. Dieses rockige Stück behandelt das „Greensboro Massaker“ im Jahr 1979, als Mitglieder der American Nazi Party und des Ku Klux Klans Demonstranten töteten und im Nachgang auch noch freigesprochen wurden. Das Lied soll an diese Schande erinnern.

Dann wird das Album schwarz wie der Gospel. In „The Native Daughters of the Golden West“ geht es um die amerikanischen Ureinwohnerinnen. Sobald sie erwachsen sind, suchen sie auf der ganzen Welt nach Liebe. Da ist sie wieder, die experimentelle Note von OMD.

Mit „La Femme Accident“ hören wir dann die dritte Single, von der nicht bekannt ist, wie man überhaupt auf dieses Lied als Single gekommen ist. Das spärlich instrumentierte Lied mit Streicher-Stakkati berichtet über eine besondere Frau, die durch einen „Unfall“ überhaupt in das Leben des Protagonisten getreten ist.

Boygroup-Fans werden sich dann aber über „Hold you“ freuen, das poppigste aller Lieder des Albums. Das Lied handelt von seiner Sehnsucht, sie festzuhalten. Aber sie ist mit einem anderen Mann zusammen, und er wird nie mit ihr zusammenkommen. Das Lied könnte genauso gut von New Kids On The Block oder den Backstreet Boys stammen. Es war ursprünglich auch als Single gedacht, aber das vorherige Lied wurde bevorzugt.

Der spärlich instrumentierte Rausschmeißer „The Lights are going out“, der sehr hörenswert ist und über unerklärliche Phänomene im Halbdunkel berichtet, ist in Deutschland wieder einmal nicht verfügbar. Ich verweise hier wieder auf den folgenden Amazon-Link. Es wird beteuert, dass man kein anderes Mädchen haben wird. Und währenddessen geht das Licht aus.

„Crush“ wurde allenthalben von den Medien als nicht besonders gut hingestellt. Dabei beinhaltet es einige riesige Perlen. Es ist ein Album, das auf Synthesizern, Gitarren und Drums über den Wolken schwebt und teils philosophisch, teils anklagend über die Welt erzählt. Es ist dabei wohltemperiert instrumentiert, es wird nichts überfett überlagert, und das kommt dem Album sehr zugute. Es ist dabei aber nicht das beste OMD-Album, aber um vieles besser, als die Kritiken vermuten lassen.

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