Bedingungsloses Grundeinkommen: Finnland macht ersten Schritt

Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Ziel, das sich viele sozial engagierte Leute europaweit lange auf die Fahnen geschrieben haben. Und jetzt kommt ein Mitgliedsland der Europäischen Union daher und führt es ein. Das hat das finnische Volk so gewollt, wie Umfragen ergeben haben, und nun wird das so gemacht. Ist das Vernunft? Ist das uneingeschränkt gut? Oder wie ist das zu sehen?

800 Euro sollen Finnen in jedem Fall bekommen. Ohne jegliche Gegenleistung. 79% der befragten Finnen haben in Umfragen den Plan der finnischen Regierung für gut befunden, das bedingungslose Grundeinkommen in Finnland einzuführen. Dieses Einkommen gilt in jedem Fall und wird – wie der Name schon sagt – an keinerlei Bedingungen geknüpft. Und das feiert man heute im Internet ab und lobt Finnland dafür in den Himmel. Aber Moment mal, ganz so einfach ist es dann doch nicht.

Wie in Deutschland gibt es auch in Finnland für alles mögliche staatliche Zuschüsse. Wird das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt, wie man es beschlossen hat, fallen dafür sämtliche dieser staatlichen Zuschüsse weg. Statt dieser soll jeder erwachsene finnische Bürger diese 800 Euro bekommen. Am Ende ist dieser Schritt dann aber sehr radikal. Und schon ist die Frage erlaubt, ob das wirklich so uneingeschränkt gut ist.

Ich weiß ja selbst noch, wie das damals war, als ich mit der Mutter meiner Tochter eine „Bedarfsgemeinschaft“ gebildet habe. Um ALG II zu erhalten, musste man sich wirklich quasi in die Unterwäsche gucken lassen. Und selbst dann hat die Agentur jede Unklarheit, die eigentlich nie eine war, dafür genutzt, um irgendwelche Fantasie-Beträge zurückzufordern. Dafür hasse ich den Verein noch heute, da es deren Rechenfehler waren, für die wir damals geradestehen sollten.

Ich hätte es damals gut gefunden, wenn es hier in Deutschland ein bedingungsloses Grundeinkommen gegeben hätte. Wenn aber dafür alles kostenpflichtig wird, hat auch bloß niemand etwas davon. 800 Euro klingen gut, keine Frage. Aber das bedeutet doch nichts anderes, als dass davon Miete, Strom, Versicherung und all das mit bezahlt werden müssen. Ich habe meine Zweifel, ob denn dieser Weg wirklich sozialer ist. Ich lasse mich gern belehren, aber fragwürdig bleibt es.

Keine Frage, ALG II ist ein gnadenloses Monstrum, dass unbedingt abgeschafft gehört. Die Zwänge, in die Arbeitslose gesteckt werden, sind Blödsinn. Ich habe sie ja erlebt, das kann man mir also ruhig abnehmen. Und sicherlich sind dann die Betroffenen froh, individueller leben zu können. Denn um ein paar Euro ALG II zum Aufstocken beantragt zu bekommen, wird eine umfangreiche Analyse der Lebensumstände und all dem durchgezogen. Und außerdem habe ich es selbst erlebt, wie irgendwelche Leute von der ARGE Möbel auseinander genommen hatten, um feststellen zu können, ob Geld versteckt war.

Insofern ist das bedingungslose Grundeinkommen natürlich zu begrüßen. Ich weiß nur nicht, inwiefern es sozialer ist, für den Betrag X, der dann immer für alle gilt, jegliche soziale Sicherheit aufs Spiel zu setzen. Die ARGE-Schergen sind das Allerletzte. Ich habe sie erlebt. Aber es wird bei solchen Sachen, wie sie Finnland vorhat, eine ganze Menge Leute geben, die in große und tiefe Löcher fallen werden. Und da bin ich mir nicht sicher, ob das dann sozial ist.

6 Replies to “Bedingungsloses Grundeinkommen: Finnland macht ersten Schritt”

  1. Nun 800 € für alles wären auch in DE nicht viel wenn es keine weiteren Zuschüsse dann mehr gibt.
    Wenn man mal den ALG II Satz sich anschaut, der ist ja nicht alles, da kommt noch so einiges obendrauf.
    399 € ALG II
    330 € Miete
    160 € Krankenkasse (ca.)
    17 € (GEZ Befreiung)
    33 € (Einsparung Monatskarte > Leipzig Pass)
    das wären schon 940 €, da stünde man schon deutlich schlechter da als Single ……

  2. Was man in DE für ein „normales“ Leben braucht ist eigentlich
    auch berechnet. Es gibt den Pfändungsfreibetrag bei Privatinsolvenz. Der iiegt bei ca, 1080 €. Und da hat man schon Krankenkasse bezahlt …..
    Ein bedingungsloses Grundeinkommen sollte also irgendwo für
    Singles bei 1250 € liegen.
    Nur dann hätte jeder ein wirklich von allen Zwängen befreites
    sorgloses Leben.
    Obwohl auch dann sicher noch reichlich Härtefälle auftreten werden.
    (Behinderte, Pflegefälle, Schwerstkranke ….. u.s.w.)

    1. Hallo Truckle,
      bei dieser summe bin ich voll bei dir.
      alles was darunter ist, brauchen wir gar nicht diskutieren.
      Es kommen trotzdem die Sozialneider, die schon jetzt über die „Faulheit“ der Hartz IVler meckern.
      LG Timm

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