Gesichtspalme #40 – Wenn der Flüchtling nicht gestorben ist

Flüchtlinge werden instrumentalisiert. Das ist nichts neues. Neu ist, wie sie neulich instrumentalisiert werden. Das ist sehr geschmacklos. Da wurde erzählt, dass ein Flüchtling beim Warten auf seine Registrierung gestorben ist, und dann gibt es dort gar keinen Toten. Was das soll, ist mir nicht so richtig klar. Man sieht täglich das Leid der Flüchtlinge in den überfüllten Aufnahmeeinrichtungen. Aber solche Dinge dienen nicht dazu, dass den Flüchtlingen geholfen wird, das Ordnung in das Chaos kommt. Diese Dinge spielen nur PEGIDA und Co. in die Hände. Wollen wir das?

Ich habe das über Twitter mitbekommen. Da wurde über einen Flüchtling berichtet, das tagelang in der Kälte am Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin darauf gewartet hat, dass er endlich registriert wird. Dabei wurde er krank und wurde angeblich in ein Krankenhaus eingeliefert. Aber die Ärzte konnten dem Reden nach nichts mehr für ihn tun, und somit war er angeblich gestorben. Das war der Sachverhalt, um den es dieser Tage ging.

Verschiedene Journalisten aus Berlin fingen dann an, der Sache auf den Grund zu gehen und klapperten die Berliner Krankenhäuser ab. Nirgendwo wollte irgendjemand etwas von einem schwer krank eingelieferten Flüchtling erfahren haben, der dann gestorben ist. Und das haben sie dann auf Twitter breit getreten. Dann wurde klar, dass die Hilfsorganisation „Moabit hilft“ den gestorbenen Flüchtling erfunden hatte. Es gab niemals eine solche Begebenheit.

Warum machen die so etwas? Wem hilft so eine Falschmeldung? Den Flüchtlingen nicht, den Helfern nicht, den Behörden nicht. In meinen Augen hilft so etwas nur denjenigen, die gegen die Aufnahme von Flüchtlingen eintreten. Ich meine damit nicht die, die eine ganz normale, menschliche Skepsis, ob denn alles gut geht. Sondern ich meine die, unter denen Leute sind, die Brandanschläge auf Flüchtlingsheime vollführen. Es ist Wasser auf die Mühlen der Fremdenfeinde.

Damit ist nichts gewonnen, um das Ding mit den Flüchtlingen irgendwie in den Griff zu bekommen. Und die Kritiker und Fremdenfeinde lachen sich kaputt. Die fühlen sich dann noch im Recht oder so. Der Helfer, der diese unsägliche Lüge in die Welt gesetzt hat, hat sich zwar inzwischen entschuldigt. Aber damit ist doch nicht alles wieder gut. Ja, die Lage am „LaGeSo“ ist kritisch. Aber so etwas macht es nicht besser. Ich weiß nicht so richtig, ob man da jetzt laut nach Konsequenzen plärren sollte.

Es ist nach dieser unsäglichen Sache natürlich die Rede davon, dass die Betroffenheit professionalisiert wurde. Betroffenheitshappening fanden statt. Ich habe eigentlich stündlich darauf gewartet, dass bei Twitter der Hashtag #PrayForLageso oder so positioniert wird. Und dann ist das Alles gelogen. Ich meine: Zum Glück ist da niemand gestorben, soweit es bekannt ist. Wir sollten froh sein, dass am LaGeSo und wo auch immer in Deutschland alle Flüchtlinge bisher mit einem blauen Auge davon gekommen sind und keine Toten zu beklagen sind.

Jedenfalls reiben sich alle, die (berechtigt oder unberechtigt) Kritik an der Flüchtlingsarbeit üben und Gewalt verbreiten und Schaden verursachen, genüsslich die Hände. Nun wird man Warnungen der Hilfsorganisationen zu möglichen Missständen mehrfach hinterfragen. Und damit wird womöglich wichtige Zeit verschwendet. Ob das so eine gute Idee ist, wage ich zu bezweifeln.

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