Panama Papers – Ein Offshore-Milliarden-Sumpf

Staatsmänner, Wirtschaftsbosse, Sportler: etliche Reiche haben ihr Geld versumpfen lassen. Im schönen Mittelamerika. Oh, so schön ist Panama. Sonntagabend dürfte die wohl größte journalistische Bombe geplatzt sein, die sich der reine Journalismus vorstellen konnte. Vergessen wir alles, was bisher als „Leak“ bekannt wurde. Lachen wir über Wikileaks, über die Sache mit Luxemburg und mit der Schweiz. Hier kommt die „Mutter aller Bomben“ daher, wie hier die so genannten „Panama Papers“ genannt werden. Es handelt sich um das größte Datenleck aller Zeiten. Und ein Netzwerk von Journalisten rund um Süddeutsche, NDR, WDR, Guardian und so weiter haben es ans Tageslicht gebracht.

Mossack Fonseca

Es war einmal ein Auswanderer. Sein Name: Jürgen Mossack. Der in Fürth geborene Sohn deutscher Auswanderer verkauft seit ca. 40 Jahren Briefkastenfirmen in Panama-Stadt. Das sind diese ominösen Scheinfirmen, die aus nicht viel mehr als Email-Adressen, Briefkästen, einer Bankverbindung und einer Anschrift bestehen. Damit wird Geld versteckt. Viel Geld. Nur ein paar hundert Euro pro Firma hat die Kanzlei Mossack Fonseca dafür verlangt. Taschengeld für Leute, die mit Millionen und vielleicht sogar Milliarden hantieren.

Jürgen Mossack – in Panama nur als „der Deutsche“ bekannt – hat ein sehr geschicktes Netzwerk gebaut. Mithilfe seiner Kanzlei und den unzähligen Briefkastenfirmen gelang es offenbar, staatliche Sanktionen zu brechen, Steuerhinterziehung zu begehen, illegale Geschäfte zu machen. Das Alles geschah unter dem Deckmantel absoluter Verschwiegenheit und Geheimhaltung. Dieser Deckmantel existiert nun nicht mehr.

Die Papiere von Panama

Dem Recherche-Netzwerk, das ich oben genannt habe, wurden in einem Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr Daten der Kanzlei zugespielt. Es sollen sich um insgesamt 2,6 Terabyte handeln. Reiner Text, PDFs, Scans, Emails. Stellen wir uns dazu einfach mal vor, dass in einem durchschnittlichen Notebook eine 1 Terabyte große Festplatte eingebaut ist. Nebst Betriebssystem, Anwendungen und Einstellungen brauchen Sie sehr lang, um den Platz zu füllen. Dieses Volumen multiplizieren Sie mit 3, dann bekommen Sie ein kleines Gefühl für die Größe.

Weltweit sind Politiker, Industrielle, Sportler, Prominente und so weiter und so fort mit Briefkastenfirmen von Mossack Fonseca in Verbindung zu bringen. Syrische Spitzenpolitiker, Menschen aus dem engsten Kreis von Wladimir Putin, die saudische Königsfamilie, Spitzen-Fußballer… Alles findet sich in den Papieren. Es geht weiter mit Geheimdiensten, Drogenbossen, dem Fußball-Weltverband FIFA – alle unterhalten sie irgendwelche Scheinfirmen in Jersey, Luxemburg, Belize, auf den Britischen Jungferninseln, auf Samoa, Anguilla, den Seychellen oder anderswo.

Über 400 Journalisten weltweit haben diese Dokumenten-Lawine auseinander genommen. Es wird Wochen und Monate dauern, bis alles aufbereitet und aufgearbeitet wurde. Dabei ist es erst einmal nicht illegal, dass jemand eine Briefkastenfirma überhaupt gründet. Moralisch unsauber ja, verboten nein. Aber welches Geld da teilweise in den Offshore-Briefkastenfirmen verschwand, sollte zu denken geben. Denn die italienische Mafia war bei Mossack Fonseca ein ebenso guter Kunde wie die japanische Yakuza.

Das Finanzsystem ist kaputt

Irgendwer muss ja das Geld der Kundschaft in die Briefkastenfirmen transferieren. Das übernehmen ja gemeinhin Banken. Und in Deutschland dürfte es gemäß des deutschen Rechercheverbundes keine einzige Bank geben, die da nicht mitgespielt hat. Auch was die ganzen Skandale der vergangenen Jahre betrifft, wird keinen geben, der nichts mit den Panama Papers zu tun hat.

Alle haben mitgemacht. Ich schreibe es noch einmal: Politiker, Wirtschaftsbosse, Promis. Und alle hingen über das weltweite Finanzsystem mit der Offshore-Grauzone zusammen. Aus diesem Grund können wir schon davon sprechen, dass dieses Finanzsystem kaputt ist. Denn mit diesen Verstrickungen wurden eben auch Verbrechen und illegale Machenschaften finanziert. Und meine private Meinung, dass der weltweite Terror durch Menschen in Nadelstreifenanzügen bezahlt wird, bekommt somit neue Nahrung.

Was wäre denn, wenn der Islamische Staat über solche Verstrickungen finanziert werden würde? Man redet ja immer wieder davon, dass man Geldwege trockenlegen will. Aber wenn das saudische Königshaus neben dem syrischen Präsidenten und engen Putin-Vertrauten Briefkastenfirmen besitzen, braucht man nicht lange nachzudenken, um sich da einen entsprechenden Reim zu machen. Es ist denkbar, dass diese gigantische journalistische Bombe einiges ans Tageslicht bringt, was das Weltgeschehen erklären kann.

Und dann?

Jetzt wissen wir anhand dieser Übersichtsseite vom größten Leak des Journalismus. Wir wissen außerdem, dass es noch lange Zeit dauern wird, bis die Aufarbeitung abgeschlossen ist. Und erst dann können eventuell richtige Schlüsse gezogen werden. Ja, es ist die Spitze des Eisbergs. Aber was folgt dann? Werden die Offshore-Sümpfe ausgetrocknet, wie es allerorts jetzt schnellschussartig gefordert wird? Ich habe ehrlich gesagt keine Vorstellung.

Da können sich jetzt die Banken viel hinstellen und die Gesetzmäßigkeit betonen. Am Ende bleibt doch nach der Lawine, die da ins Rollen gekommen ist, die Erkenntnis, dass das zwar alles irgendwie legal ist, aber die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen so gigantisch viel Spielraum für solche Sümpfe überhaupt erst zulassen. Wenn man Offshore und Briefkastenfirmen jetzt verbietet, wie es die Politik fordert, ist das nur ein Lippenbekenntnis. Wenn der ganze Sumpf trotzdem bestehen bleibt, wird sich nichts ändern.

Durch das Handeln, solche Auswüchse überhaupt bestehen zu lassen, fördert man das Fortbestehen von Drogen-, Waffenschieber-, Menschenhandels-, Terror-Netzwerken. Aber so lang man sich nur am Sonntagabend in eine Talkshow setzt und laut rumbellt, wird das immer so weitergehen. Es muss gehandelt werden. Aber hier nehme ich an, dass alle möglichen Verantwortlichen versagen werden. Aber warten wir die weiteren Ergebnisse und Erkenntnisse ab, vielleicht wird ja doch noch alles gut.

4 Replies to “Panama Papers – Ein Offshore-Milliarden-Sumpf”

  1. Guter Artikel über ein Thema an das ich mich bisher nicht rangetraut habe. Zu unübersichtlich und gigantisch sind die Enthüllungen. Zu wenig ist bisher bekannt und zu viel muss noch aufgearbeitet werden.

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