Die Debatte um das Leistungsschutzrecht im Bundestag – Eine Nacht- und Nebelaktion

Es war schon nachschlafende Zeit in Berlin, als sich Volksvertreter im Bundestag zusammen fanden, um in erster Lesung über das Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu debattieren. Um es kurz zu machen: Die Unionsvertreter sind für die Erweiterung des Urheberrechts, die Liberalen sind unentschlossen, alle anderen Fraktionen dagegen. Nun geht die Vorlage in den Ausschuss.

Ich möchte hier einmal kurz Stimmen aus dem so genannten „Netz“ aufschreiben. Sie stellen kein zusammen hängendes Bild dar. Und ich möchte kurz dazu schreiben, was ich von einer solchen Debatte halte.

Zunächst einmal: Ich habe den Eindruck, dass ein Thema, was das von Deutschland aus erreichbare Internet betrifft, möglichst weit abseits der Öffentlichkeit debattiert werden soll. Anders ist die späte Uhrzeit nicht erklärbar. Und der Redner der Union, Ansgar Heveling, hatte sich bereits mit wenig Ruhm bekleckert, was seine Kenntnis von Internet und solchen Dingen betrifft. Einer, der militant gegen Internetnutzer redet, der von einem „Endkampf“ zwischen Nutzern des Internets und Nichtnutzern desselben faselt und der von anderen Politikern dazu aufgefordert wurde, darüber nachzudenken, ob Politiker das richtige für ihn wäre. Dieser war der Hauptredner der Union.

Entschuldigung, wenn ich das komisch finde. Es hat ja auch Stunden gedauert, bis sachdienliche Hinweise durch die Medienorgane der Verlage heute veröffentlicht wurden. Man könnte aufgrund der Zeit der Debatte und der zurückhaltenden Berichterstattung fast denken, man will den Bürger darüber nicht informieren, was da Verlage und Politik abkaspern.

Nun ja, da ist nun also die Union dafür, dass das Leistungsschutzrecht eingeführt wird. Dass also Snippets, also die Auszüge bei Links zu Pressemeldungen, lizenzpflichtig werden. Das hat dann irgendwie zur Folge, dass:

  • Google entweder für jeden dieser Links Lizenzgebühren zahlt oder die Verlage eben nicht mehr listet
  • News-Verteiler das gleiche Schicksal ereilt, nur dass diese sich dann wahrscheinlich aus Deutschland zurückziehen werden
  • Blogger auch Lizenzgebühren zahlen müssen oder eben die Verlage nicht mehr verlinken
  • Bei Facebook und Google+ wahrscheinlich keine Artikel von Presseverlagen mehr verlinkt werden, weil dort ja auch kurze Auszüge zu lesen sind, was lizenzpflichtig werden soll

Was glauben Sie, was passieren wird? Also nicht nur ich, viele andere Blogger schenken sich zurzeit Links zu Presseerzeugnissen. Ich weiß, mein Blog ist völlig unbedeutend und tut den Verlagen auch nicht weh. Aber viele Blogs der Größe von meinem haben da schon eine ganz andere Macht.

Diese Links sind auf jeden Fall für die Presseverlage verloren. Ich verlinke nicht einmal von diesem Blog aus auf einen sehr lesenswerten Artikel bei Heise, der das Leistungsschutzrecht recht objektiv behandelt. Der Grund ist die Sympathie des Verlages gegenüber der Urheberrechts-Erweiterung. Man möge da bitte selbst schauen.

Was passiert mit Links aus sozialen Netzwerken? So lang nicht klipp und klar feststeht, ob nicht doch eine gigantische Abmahnwelle gegen Profile in sozialen Netzwerken losgetreten wird, kann man nur empfehlen, bei Facebook und Google+ auch die Links zu den Presseerzeugnissen weg zu lassen. Dort werden, wie ich schon geschrieben habe, auch Snippets erzeugt, für die man Geld bezahlen soll.

Ich habe in einem sozialen Netzwerk auf den oben beschriebenen Heise-Artikel verlinkt. Leider wurde ein Snippet erzeugt, weshalb dies mein letzter Presselink in einem Netzwerk war. Wenn sich die deutschen Nutzer dieser Netzwerke ähnlich verhalten, gehen hier auch jede Menge Links für die Presseverlage verloren.

Und wie wird sich Google verhalten? Es geht ja gar das Gerücht um, dass Google zur Auflistung der Verlage verpflichtet werden könnte. Das ist ebenso abwegig wie eine Lizenzierung der Presselinks. Meiner Ansicht nach wird Google entweder die Verlage aus dem Index werfen oder eine kostenfreie Dauerlizenz erwirken.

Wenn das Leistungsschutzrecht für Presseverlage kommen sollte, könnte das meiner Meinung nach ein Pyrrhussieg werden. Man hat zwar das Recht erwirkt, aber zu welchem Preis!

Stefan Niggemeier hat eine Diskussion zwischen Google-Sprecher Overbeck und Springer-Außenminister Keese zusammengefasst. Es ist schon schlimm, dass keiner den Nutzer vollständig informiert. Es werden stattdessen auch nicht korrekte Aussagen verbreitet, wie Niggemeier feststellt. Diese lückenhaften und teilweise falschen Informationen hält Niggemeier zudem für Zensur.

Im Blog „Ich sag mal“ findet sich eine sehr mutige Ansicht zum Thema. „GSOHN“ schreibt darüber, dass die Presseverlage durchaus als Pharisäer angesehen werden können. Denn es ist ja so: Wer hat denn hier etwas von einer Leistung? Google oder die Presseverlage? Blogger oder die Presseverlage? Schließlich bringt Google dem Verlag Leser. Das Verlinken auf Pressemeldungen bringt Google keinen Mehrwert, den Verlagen schon. Und darum stellt der Blog ketzerisch die Frage:

Was zahlen eigentlich die Verleger für die Leistungen von Google?

Ich schrieb ja bereits, dass die Unionsfraktion für die Einführung des Leistungsschutzrechts ist. Die SPD zum Beispiel ist aber konsequent dagegen. In der teils erbittert geführten Debatte (so sagen Berichte aus) sprach auch Lars Klingbeil, der netzpolitische Sprecher der SPD. Und er ist der Meinung, dass das Leistungsschutzrecht keine Probleme löst, sondern neue schafft. Und damit hat der Sozialdemokrat leider Recht. Aber ist „nur“ die erste Lesung.

Hoffen wir, dass das Leistungsschutzrecht nicht verabschiedet wird. Und zwar hoffe ich das für die Verlage. Sonst müssen noch ein paar Zeitungstitel geschlossen werden. Lassen wir das Gesetz verschwinden, so lang dafür noch Gelegenheit ist. Alles andere schafft nur negative Folgen für die Medienlandschaft. Und damit auch für den Leser.

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