Albanien-Urlaub – oder: Faleminderit, Shqipëri

Ich muss ein paar Dinge zu unserem Albanien-Urlaub aufschreiben. Man kann sich nur bei diesem Land bedanken, daher: „Faleminderit, Shqipëri“. Jaja, ich weiß schon, wie das klingt: Der Uhle macht hier einen auf feierlich und wird vermutlich noch dafür gesponsert. Nein, das ist es nicht. Wir sind extremst beeindruckt wieder gekommen. An sich findet man kaum Worte, so viele Eindrücke haben wir gesammelt. Dieser Blogartikel wird das wohl nur ansatzweise widergeben können. Aber ich erzähle mal.

Der Albanien-Urlaub in einem Land im Umbruch

Ich wollte irgendwie schon seit Jahren mal einen Albanien-Urlaub machen. Es hatte sich aus verschiedensten Gründen nie ergeben. Und meine Frau hatte das spannende Land irgendwie nie auf der Liste. Aber dann stießen wir darauf, dass man wohl von Leipzig aus direkt nach Albanien hätte fliegen können. Leider war es dann etwas schwierig, den Flug zu buchen, weshalb wir über ein Vergleichsportal alles herausgesucht hatten. Und dann las ich später diesen Blogartikel.

Das „Land der Adler“ – Shqipëria – hat eine ewig lange Geschichte. Ob es die alten Griechen oder die alten Römer waren, die das Land beherrscht hatten, oder ob es die alten Osmanen waren, die die das Land unterdrückt hatten: Man sieht es dem Land an. Und überall die Einflüsse dieser Geschichte. 1912 dann rief Ismail Qemali Bej Vlora die Nation Albanien aus, mitten in den Balkankriegen. Und sie wussten immer, sich zu behaupten.

Ob es Mussolini war, ob Tito, ob die Sowjetunion: Sie machten ihre Deals mit der Diktatoren dieser Welt. Aber sie ordneten sich nie wieder unter. Auch das sieht man dem Land an. Sie traten beizeiten aus dem Warschauer Pakt aus und buddelten ihre eigenen Bunker. Und nun ist es so, dass das Land nach dem NATO-Beitritt 2009 aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist. Mittlerweile sind sie EU-Beitrittskandidat und graben das ganze Land um. Das sieht man an Staus und Umleitung und Baustellen.

Die ganze Infrastruktur kommt allerdings gar nicht so schnell hinterher, wie es in dem Land aufwärts geht. Die Straßen werden gar nicht so schnell saniert, wie es passieren müsste. Der Wasserdruck hält dem Bedarf manchmal nicht stand. Der Müll wird auch mal nicht abgeholt, weil die Müllabfuhr nicht hinterher kommt. Und das Land erstickt zum Teil im Verkehrschaos. Aber das lächeln die Leute einfach so weg und machen weiter ihr Ding. Und das erdet den jammernden Deutschen extrem.

Willkommen in der Wärme

Wir flogen mit Austrian Airlines. Das war ein Abenteuer für sich und kommt für uns nie wieder infrage. In Leipzig wartete ein ATR 72 der schwedischen Regionalfluggesellschaft Braathens Regional Airways auf uns. Austrian fliegt von Leipzig nach Wien nicht mehr selbst. Nun gut, es ging. In Wien angekommen, sollten wir dann in einen Airbus A320 von Austrian steigen. Wir wurden dafür – nachdem wir mit Verspätung landeten – erstmal quer durch das riesige Monstrum Flughafen Wien gescheucht.

Wir kamen dann aber pünktlich in Tirana an. Der Mutter-Teresa-Flughafen Rinas liegt nordwestlich von Tirana. Er ist kleiner als der Leipziger Flughafen, aber deutlich frequentierter. Und uns begrüßte das Bergmassiv oben auf dem Foto. Nach dem Auschecken begaben wir uns auf einen abenteuerlichen Fußmarsch durch Baustelle, Stau und überhaupt Verkehrschaos zu unserer Autovermietung und holten unser Auto ab. Für etwas mehr als 30 km wurde eine Dreiviertelstunde veranschlagt?

Dass das gerechtfertigt war, erkannten wir dann auf dem Weg. Schlaglöcher, das albanische Ich-fahre-jetzt-einfach-los, Höchstgeschwindigkeit 40 km/h. Unser Ziel: Unsere Ferienwohnung am Strand von Durrës über einem Supermarkt. Und was für ein Prachtbau das ist! Als wir auf den Balkon mit Blick auf die Bucht von Durrës traten, wussten wir: DAS ist es, exakt das.

Tirana ist ein einziger Verkehrskollaps

Wenn man schon mal einen Albanien-Urlaub macht, muss man sich ja auch mal die Hauptstadt Tirana angucken. Die soll ja sehr sehenswert sein. Tja, was soll ich sagen? Das kann schon sein. Da aber die Stadt einfach neu erfunden wird und das Straßennetz nicht für DIESEN Verkehr gemacht ist, versinkt die Stadt im kompletten Chaos. Wir mussten leider unseren Trip nach Tirana abbrechen, weil ich einfach zu keinem Ziel kam. Überall verstopfte Straßen und das albanische Ich-fahre-jetzt-einfach-los.

Nachdem wir 2 Stunden durch Tirana geirrt waren, brachen wir den Versuch ab. Wer mal später in die Stadt fährt und weiß, wie das geht, soll mir einfach mal Bescheid sagen. Der Witz ist, dass die Albaner nicht einfach andere Verkehrsteilnehmer beschimpfen oder bedrohen. Man hört seine Musik und raucht und lässt alles einfach geschehen. In Deutschland wäre das komplett undenkbar. Jedenfalls waren wir dann wieder in unserem Domizil in Shkallnur bei Durrës.

Krujë: Ort voller Geschichte

Kruja liegt etwas nordöstlich von Durrës. Wir kamen dort an, als Punkt 12 an einem Freitag der Muezzin pünktlich zum Freitagsgebet rief. Der gesamte Ort liegt in den Bergen. Wir hielten sofort inne, um das in uns aufzusaugen. Das Gebet wird im gesamten Ort über Lautsprecher übertragen. Wir saßen in der Sonne, tranken starken schwarzen Kaffee und lauschten den Worten, die wir nicht verstanden. Das war sehr ergreifend, das kann ich euch flüstern.

Oberhalb des Ortes liegt die Festung, ein Nationalheiligtum Albaniens. Es beherbergt das Museum über Gjergi Kastrioti Skënderbeu, besser bekannt als „Skanderbeg“. Der ist DER Nationalheld der Albaner, weil er erfolgreich gegen die unterdrückenden Osmanen kämpfte. Ja, das ist schon ein ziemlicher Personenkult, der da entstanden ist. Auf dem Fußweg zur Festung begleiten einen gern mal Ziegen. Und wer Albanien-Urlaub macht, sollte sich das Ganze unbedingt geben.

Kruja hat aber auch noch mehr zu bieten. Diesen enorm sehenswerten Basar, zum Beispiel. Alle Welt, die als Touristen nach Albanien einfallen, kommen auch mal nach Kruja für einen Tagestrip. Und dann tummeln die sich auch hier in dieser Basarstraße. Ich muss euch ja nicht erzählen, dass wir halt auch „wie so’n paar Touris“ unterwegs waren.

Klar kommen die dort mit ihren Albanien-Kappen, ihren Albanien-Tütchen, Klamotten, Düften, Seifen und all das um die Ecke. Und vielleicht wäre das Alles auch in irgendeinem Shopping Center in Tirana oder so vorhanden gewesen. Aber man will das halt sehen, wenn man schon mal da ist.

Etwas befremdlich ist es, wenn man dort in einem Café oder Restaurant, die es natürlich auch gibt, das Klo aufsucht. Wie in muslimisch geprägten Gegenden üblich, kann einen dort auch so eine – nun ja – Hocktoilette angrinsen. Aber halt nicht in jedem Lokal. Und auch das überlebt man.

Durrës, wo das Leben pulsiert

Na klar, wir mussten auch mal nach Durrës. Das ist zwar nur ein paar Kilometer weg. Aber man fährt dennoch rund eine halbe Stunde bis ins Zentrum. Wir enschieden uns für einen Parkplatz, von dem aus man ganz gut ein paar Sehenswürdigkeiten auf einmal erreichen konnte. Man kann in der zweitgrößten Stadt Albaniens durchaus noch mehr sehen. Aber wir wollten keine Strichliste abhaken. Wir haben also in der Rruga Egnatia geparkt und sind los.

Eine der größten Moscheen des Landes steht hier mitten in der Stadt. Na klar, die kann man nicht besichtigen, weil die meistens für so Touris verschlossen bleiben. Aber guckt euch mal das Ding hinter mir an. Die steht am Rathaus mit dem Brunnen „Shatervani“ und ist etwa 100 Jahre alt. Die entstand, weil die alte Varosh-Moschee nach einem Erdbeben abgerissen werden musste. Und um die Ecke steht das da:

Ich hab ja erzählt, dass die Römer dort ihr Unwesen trieben. Und deshalb gibt es dort auch Reste des antiken Amphitheaters zu sehen. Als man 1966 in der Stadt gebaut hatte (Dort stehen jede Menge Wolkenkratzer), stieß man eher zufällig auf die Anlagen, die in die Verteidigungsanlagen integriert waren. Die Uni Parma restauriert dort vor sich hin. Man kann dort einiges sehen. Es lohnt sich. Und in der Nähe des Hafens gibt es diese Kollegen zu sehen:

Tina Turner, John Lennon, Bob Dylan und Mick Jagger stehen dort in voller Lebensgröße. Das Hafenbecken schleuderte komisch aussehendes, fast schwarzes Wasser an die Steinbewehrung. Das war uns irgendwie nicht so ganz geheuer. Im Hafen fahren Kreuzfahrt-, Container- und Fährschiffe ein und aus. In rund 10 Stunden ist man einmal quer durch die Adria bis nach Bari gefahren, wenn man das will.

Nationalpark Divjaka-Karavasta: Ein Resort aus einer anderen Zeit

Im Nationalpart Divjaka-Karavasta gibt es ein nahezu vollständig aufgegebenes Resort. Das ist irgendwie übrig. Vereinzelt war dort noch ein Hotel oder ein Café. Und das lag nicht daran, dass Ende Oktober die Saison quasi vorbei ist. Man kann dort freilaufende Hunde erleben und – so man will – sich von Mücken stechen lassen. Am Besucherzentrum empfangen den Touri Krauskopf-Pelikane. Und vom Aussichtsturm „Kula 360G“ kann man das ganze Gebiet sehen. Guckt mal:

Wir hatten irgendwie gewaltig Bock auf Backwerke der Region. Wir hielten zu diesem Behufe im Örtchen Divjaka an, weil wir dort ein Café erspähten. Im Lokal selbst wurde man vor lauter Farben erschlagen. Wir kamen uns fast so vor, als wären wir in Disney World gelandet. Die Konditorin verstand kein Wort, wir verstanden sie nicht. Aber der Kuchen… Seht selbst: Das erste ist eine Snickers-Schnitte. Beim zweiten weiß ich es gar nicht. Es war lecker, fettig und enorm mächtig.

Fährnisse auf albanischen Straßen

Überall, wo wir in unserem Albanien-Urlaub vorbeikamen, sahen wir vergleichbares: Bauern, die ihr Vieh durch die Gegend trieben. Die Dorfältesten, die in der Sonne saßen. Überall Händler, die Granatäpfel, Zwiebeln und sonstwas am Straßenrand verkauften. Schon allein das war es wert, eben nicht einen Pauschaltourismus zu machen, sondern sich die Eindrücke selbst zu holen.

Vlora, wenn wir das gewusst hätten!

Der Gründer Albaniens kommt aus Vlora. Die Stadt ist geprägt von Ismail Qemali Bej Vlora. Da aber die Stadt komplett im Umbruch ist, hatten wir uns komplett verfranst. Jedenfalls gibt es in Vlora eine Besucher-Moschee. Tjoar, wenn wir halt nur gewusst hätten, dass auch die derzeit renoviert wird und für Besucher nicht zugänglich ist. So wurden wir halt vom üblichen Verkehrskollaps erschlagen. In die Nähe des Strandes sind wir gar nicht erst gekommen.

Aber Vlora ist eigentlich schon eine Reise wert. Das Stadtbild zeigt auch etliche Dinge, die mit der Staatsgründung zu tun haben. Und es gibt die helfenden Hände, die im Stadtbild Pflanzen halten. Wenn die Stadt mal das Verkehrschaos im Griff haben sollte, ist Vlora auf alle Fälle ein absoluter Touri-Magnet. Guckt mal, was man dort nur in der Stadtmitte alles sehen kann:

Kulinarisches

Natürlich hätten wir uns mit den vielen Lieferdiensten beschäftigen können. Und ihr denkt vielleicht, dass man im Supermarkt günstig einkauft und selbst kocht. Nein, das haben wir an keinem Abend gemacht. Die Supermärkte importieren alles mögliche, und das macht das Alles recht teuer. Also haben wir uns den Strand von Shkallnur hoch und runter gefressen. Leute, das ist ein absolutes Erlebnis.

Ob Beef Tenderloin, Kabeljau, die Rote Meerbarbe, gegrillte Meeresfrüchte, ganze Fleischplatten, Fischsuppen oder die albanische Spezialität Tavë kosi (Ein Auflauf aus Lammfleisch mit einer gewürzten Soße aus Dickmilch und Eiern) ist: Man kommt aus der kulinarischen Verzückung gar nicht mehr raus. Klar, die türkischen und griechischen Einflüsse sind deutlich. Die italienischen durch jede Menge Pizza auch. Aber verhungern wird dort niemand.

Fazit

Unser Albanien-Urlaub war für uns ein voller Erfolg. Was auch immer vorher uns beschäftigt hatte, war dort nie präsent und ist auch jetzt nicht mehr so wichtig. Und die Albaner haben uns gezeigt: Der Moment ist wichtig, nicht irgendeine weltfremde Bestimmung oder irgendeine kleinkarierte Mäkelei. Die Menschen machen einfach ihr Ding, auch wenn nicht alles im Land perfekt ist. Aber Jammern würde dort kaum jemand. Unterkriegen erst recht nicht.

Glaubt mir, Albanien erdet den überheblichen Deutschen. Es ist ein saugutes Land. Klar ist es zum Teil nicht piekfein. Warum das so ist, habe ich aber erzählt. Wenn ihr mal dorthin reisen wollt, könnt ihr unserer Meinung nach getrost auf Hotelburgen und Pauschaltourismus verzichten. Erkundet das Land selbst, riecht es, schmeckt es, fühlt es. Es lohnt sich. Seht aber zu, dass ihr noch bei Tageslicht wieder in der Unterkunft seid, die Schlaglöcher sind tückisch.

Da sich Austrian Airlines für unseren Rückflug kurzerhand überlegt hatte, den von Mittags um 11 auf früh um 6 zu verlegen, haben wir den Mietwagen am Vorabend zurückgegeben und haben dummerweise am Flughafen übernachtet. Die halten dort nichts von einem Nachtflugverbot, dort gibt es immer Starts und Landungen. Und nachdem wir für den Rückflug wieder in Wien umsteigen mussten und dafür nur 25 Minuten hatten, waren wir dann froh in Leipzig gelandet zu sein.

Wir kommen wieder. Albanien hat uns ganz sicher nicht das letzte Mal gesehen. Wir werden ganz sentimental, wenn wir uns die Fotos ansehen. Das nächste Mal sind dann noch andere Orte dran. Aber wir hoffen einfach mal, dass dieses Volk seine Gelassenheit behält. Denn das hat uns unheimlich gut getan. In diesem Sinne: „Faleminderit, Shqipëri“ und „Mirupafshim“!

Einfach mal weitersagen

5 Gedanken zu „Albanien-Urlaub – oder: Faleminderit, Shqipëri“

  1. Willkommen zurück. Das sieht alles wirklich interessant und spannend aus. Und natürlich auch sehr lecker.

    Hm, Albanien hatten wir bisher nicht auf unserer Reise-Wunschliste. Nach den Eindrücken könnten wir aber das mal ändern.

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  2. Danke für den tollen Bericht. Albanien haben wir auch auf dem Zettel. Allerdings planen wir, mit dem WoMo dort anzureisen. Unsere Nachbarn hatten das letztes Jahr schon gemacht. Abenteurer pur. Sie waren sehr begeistert. Dein Bericht motiviert

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