„Das Ende ist nah!“ – Experten reden von einer Katastrophe

Völlig überraschend herrscht in Europa nun eine Katastrophe. Die Nachrichten haben noch nie davon berichtet, dass es in Europa Staaten gibt, die faktisch bankrott sind. Es gibt auch keinen, der ein Ende der Gemeinschaftswährung Euro kommen sieht. Daher trifft es die europäische Politik völlig unvorbereitet, was da 17 Experten nun veröffentlicht haben.

Es ist nicht nur die Tagesschau, sondern nahezu alles, was in Deutschland den Begriff „Medien“ mit sich herumträgt. Und alle berichten von 17 Top-Ökonomen, die praktisch das wirtschaftliche Ende der Welt prophezeien. Ich befasse mich aber einzig und allein mit den Veröffentlichungen der Tagesschau, da reißerischer Krawalljournalismus am wenigsten dort zu vermuten ist.

Nach Ansicht dieser Ökonomen steuert Europa geradewegs und sehenden Auges auf eine „wirtschaftliche Katastrophe unabsehbaren Ausmaßes“ zu. Daher, so die Empfehlung, solle Europa das Finanz- und das Währungssystem „grundlegend reformieren„. So beginnt der Bericht in der Tagesschau. Es soll die Wahrnehmung revidiert werden, dass es sich um eine endlose Krise handelt, erzählen uns die Ökonomen vom Institute for New Economic Thinking (INET) in New York.

Also handelt es sich nur um die Wahrnehmung. Europa hat demzufolge aktuell gar kein Problem. Man muss nur richtig hinschauen, schon ist die Euro-Griechenland-Italien-Spanien-Portugal-Irland-Zypern-Krise weg, für die Deutschland Unmassen an Geld bezahlen muss, weil man sich zu nichts anderem durchsetzen konnte. Mal schauen, was sie noch erzählen, die Experten, zu denen aus Deutschland auch Lars Feld und Peter Bofinger vom Sachverständigenrat der Bundesregierung sowie Dennis Snower vom Kieler Instituts für Weltwirtschaft gehören.

Denn nun kommt der wirkliche Hammer. Lars Feld erzählte nämlich der Financial Times Deutschland (zitiert durch die Tagesschau) folgendes:

[…] Es braucht von deutscher Seite größere Anstrengungen, um die hohen Refinanzierungskosten für Länder wie Spanien und Italien zu senken […]

Nun ist der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM plötzlich zu klein. Damit könne man unmöglich größeren Euro-Ländern helfen. Und deshalb soll als erstes mal ein Schuldentilgungsfonds, den der deutsche Sachverständigenrat der Bundesregierung sich hat einfallen lassen, als Krisenbewältigungsmaßnahme eingesetzt werden. Nur so, so jedenfalls Feld, könnte man die Verbindlichkeiten auf „ein tragfähiges Niveau“ senken. Die Euro-Staaten sollen nun gegenseitig füreinander einstehen und „die Schulden auf 60 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung“ abbauen. Dafür soll ein Tilgungsfonds herhalten, für den alle Länder gerade stehen sollen.

Mit der Einschätzung stellen sich die INET-Experten gegen die Einschätzung von den 170 deutschen Ökonomen, die unter der Federführung von Professor Hans-Werner Sinn kürzlich davor gearnt haben, dass sich Deutschland noch stärker engagiert. Und es würde auch der Warnung der Ratingagentur Moody’s entgegenstehen, die aussagt, dass Deutschland seine Bestnote in der Kreditwürdigkeit verlieren könnte.

Die Experten empfehlen weiterhin die Schaffung einer Bankenunion, weil stabile Banken dann zu einem gemeinsamen Interesse würden. Und so könne wohl der Euro-Raum so gestaltet werden, dass „europäische Schulden nicht vergemeinschaftet würden„.

Vom Hessischen Rundfunk folgt auf dem Fuß ein Kommentar, der davon spricht, dass der Euro „auf Messers Schneide“ stehen würde. Es könnte gar die Eurozone zerbrechen. In der Kolumne wird klar, warum aus Deutschland keine Bestrebungen zu hören sein werden, den Euro aufzugeben und wieder die D-Mark einzuführen. Diese zwei Fragen zeichnen ein klares Bild:

Gelingt es der Politik, das Projekt Euro zu retten? Oder müssen wir den Euro abwickeln und wieder Nationalwährungen einführen? In beiden Fällen kommen massive Kosten auf die Steuerzahler zu, insbesondere auf die deutschen. Eine Rettung zum Nulltarif wird es nicht geben.

Allerdings sollten doch wohl die zentralen Fragen eher lauten:

  • Was ist billiger für den deutschen Steuerzahler? Der Verbleib in der völlig marodierten Eurozone mit der Gefahr, der Zahlmeister zu sein? Oder die freilich sehr kostspielige Wiedereinführung der beliebten Nationalwährung?
  • Und was ist ökonomisch sinnvoll? Deutschland als Exportland mit qualitativ hochwertigen und nicht umsonst preisintensiveren Gütern könnte sich in einen Export-GAU manövrieren, wenn man den Euro-Ausstieg zu schnell abnicken würde.

Wenn das jetzige Projekt Eurorettung mit allem Brimborium – also ESM, Fiskalpakt, Rettungspakete etc. – schief gehen sollte, ist der Preis sehr hoch. Es ist die Rede von 1 Billionen Euro = 2000 Milliarden Euro = 2.000.000.000.000 Euro. Und das nur auf deutscher Seite. Und dieser Preis würde fällig werden, weil sich Bundeskanzlerin Merkel ins Boxhorn hat jagen lassen und mit ihren Prinzipien gebrochen hat.

Diese gigantische und unvorstellbare Summe bedeutet doch den Staatsbankrott für Deutschland. Oder sehe ich da irgendwas falsch? Wenn das mal nicht ein viel zu hoher Einsatz für das Pokerspiel mit zu vielen Unbekannten ist. Auf jeden Fall ist die Summe Grund genug, dass es in Großbritannien ein Referendum über den Verbleib in der EU geben soll.

Alles in allem wird jetzt vor allem eins gemacht: Es wird zum Durchhalten geblasen. Für Otto-Normal-Verbraucher sieht dieses ganze Tun zur Rettung des Euro so aus, als wühle man im tiefsten Schlamm und würde dort eine Lösung für die verfahrene Situation vermuten.

Man kommt sich irgendwie zurzeit so vor, als wäre man in einem Casino. Es gibt nicht umsonst den Ausspruch: „Das Geld ist nicht weg, es gehört nur jemand anderem.“ Und wenn es Rettungsschirme und Pakte und was-weiß-ich alles gibt, dann muss das ja auch von irgendwem an irgendwen bezahlt werden. Wenn Staaten so etwas auflegen, bezahlt es der Steuerzahler. Das Geld bereitgestellt wird dann meist durch Banken. Und die bekommen dafür gewaltige Prämien, Gebühren und Zinsen.

Das zusammengenommen könnte man nun behaupten, dass der Euro hauptsächlich europäischen Banken nützt. Denn die strecken das Geld für die Partys namens ESM und Fiskalpakt vor und holen es sich dann stückchenweise wieder. Den Banken geht es dann eben nur dreckig, wenn das Geld nicht im Rahmen eines Rückzahlungsplans zurückgezahlt wird. Aber keine Sorge, dann schlüpfen die unter einen ominösen Bankenrettungsschirm.

Das Projekt Euro ist gescheitert„, titelt die Kolumne des Hessischen Rundfunks. Das sollte man so hinnehmen. Ich kann halt keine Partner zusammenwerfen, die von der wirtschaftlichen und finanziellen Kraft und von der Mentalität so unterschiedlich sind wie die Partner in der Euro-Zone. Die INET-Experten werden auch feststellen, dass ihre Empfehlungen ins Leere laufen und wirklungslos verpuffen.

Aber wer weiß, vielleicht denken wir uns zum Zeitvertreib einfach mal eine neue Krise aus. Irgendetwas, das noch bedrohlicher ist als der Zerfall des Euro. Etwas, das noch schwieriger zu handhaben ist als ein besoffener Gaul namens Eurogruppe. Kommt schon, liebe Politiker, liebe Medien, euch muss doch da was einfallen.

Nein, ihnen wird nichts einfallen. Denn: „Das Ende ist nah!“ Professor Hans-Werner Sinn hat bereits im September 2011 gewarnt, dass der Euro in Gefahr ist. Und man hat nicht reagiert. Nun hat man den Salat, der nicht mehr wegzulöffeln ist.

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