Irgendwo hatte ich vor langer Zeit mal gelesen, dass Fußball nur etwas für „echte Männer“ sei. Und irgendwo anders hatte ich auch darüber gelesen, dass Homosexuelle keine „richtigen Männer“ wären. Was macht man nun daraus, wenn ein sehr guter deutscher Fußballer erzählt, er sei homosexuell? Die Medien machen da einen Wirbel daraus und erzählen uns von „Geständnis“ und von „Bekenntnis“.
Aber ist es wirklich so etwas? Der Mann hat schließlich nur mal erzählt, wie es so privat bei ihm aussieht. Bei Rafael Van Der Vaart weiß man das ja schließlich auch. Mir drängt sich da die Frage auf: Ist der deutsche Fußball noch nicht dazu in der Lage, homosexuelle Sportler zu haben?
Nein, ich bin weder homosexuell noch ein großartiger Fußballer. Daher kann ich auch nur mutmaßen, was da bei Thomas Hitzlsperger ablief. Die Medien stellen vollmundig die Frage, warum er sein Coming-Out nicht während seiner aktiven Zeit durchgeführt hat. Aber die Frage scheint ziemlich schnell beantwortet zu sein: Seine Karriere wäre auf einen Schlag beendet gewesen. In Deutschland gehe ich fest davon aus. Aber an seiner alten Wirkungsstätte, dem konservativen Großbritannien, auf alle Fälle.
Im Laufe eines Lebens begegnet man ja vielerlei Leuten. Mir haben homosexuelle Leute immer wieder erzählt, dass es sie fast zerrissen hatte, nicht über das reden zu können, was das Herz betrifft. Mir ist so etwas eigentlich völlig unverständlich, aber in unserer Gesellschaft ist so etwas leider immernoch an der Tagesordnung. Und man hatte mir erzählt, dass es in jedem Fall befreiend war, sich zu „outen“. Der schwerste Weg dabei ist der Gang zur Familie und zu den engen Freunden. So oder so ähnlich klang es immer wieder heraus.
Dass der Gang zur Familie schwer ist, kann ich insofern nachvollziehen, weil man in dieser christlich geprägten Gesellschaft immernoch das klassische Familienverständnis hat. Und die klassische Mutter-Vater-Kind-Familie wird es ja nun nicht geben, wenn jemand homosexuell ist. Aber deswegen sind sie keine „anderen Menschen“, sie haben kein „verirrtes Herz“ oder sind „krank“.
Im September hatte Hitzlsperger seine Karriere wegen vieler Vereinswechsel und Verletzungen mit nur 31 Jahren beendet. Das ist eigentlich so ein Alter, in dem viele Akteure auf dem Zenit stehen. Er hatte es anders gemacht. Und er arbeitet für die „ZEIT“ als Kolumnist. Und jetzt rühmt sich die ZEIT damit, dass er eben offen über seine Homosexualität bei ihnen gesprochen hat. Aber was ist eigentlich dabei?
Ich möchte gern betonen, dass Thomas Hitzlsperger kein anderer Mensch ist. Wenn dann jetzt Politik und Medien daher stolpern und seine Äußerung als „mutig“ bezeichnen, so finde ich, dass das eigentlich nicht stimmt. Wenn, dann war der Schritt konsequent. Denn er möchte ganz gern mithelfen, gegen die Homophobie etwas zu tun. Ich denke, die Zeiten der grauen Vorzeit sind vorbei, in der Ärzte Medikamente zum „Entschwulen“ verschrieben haben. Dass jemand homosexuell ist, sollte an sich völlig normal sein. Hitzlsperger geht allenfalls mit gutem Beispiel voran, dass er sich „geoutet“ hat. Denn leider passt in der Denke der Fußball-Gemeinde immernoch kein schwuler Fußballer. Aber es wird sie geben.
Jedenfalls geht es mir ziemlich auf die Nerven, wie nun die Medien skandieren, Hitzlsperger hätte sich „bekannt“ oder seine Homosexualität „gestanden“. Wenn, dann hat er öffentlich etwas dazu gesagt. Denn das wirkliche Coming-Out hat sicherlich innerhalb seiner Familie und Freunde stattgefunden. Und dazu gebrauche ich die Worte des homosexuellen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit: „Das ist auch gut so!“
Der Hype wird sicherlich abklingen. Bleiben wird das Bild eines Fußballers, der in seinem Job nicht die Chance gehabt hat, die er verdient hätte. Der „Hitz The Hammer“ ist immer wieder durchgerutscht, wenn die guten Plätze vergeben wurden. Da ist es erfreulich, dass er nun seine Kolumne in der ZEIT hat. Homosexuell hin oder her. Denn das spielt keine Rolle bei der Ausübung eines Jobs.