Kindheitsziele – Leipzig, Bangkok, Istanbul? – Oder was wollen Kinder?

In der DDR, in der ich aufgewachsen bin, hatten wir ja nichts. So wird es zumindest allenthalben suggeriert. Das mag sein, wenn man in Maßstäben denkt, wie weit einen das Flugzeug trägt. Was wir aber hatten, war meistens eine unbeschwerte Kindheit. Obwohl man dies heutzutage gern seinen Kindern vermitteln will, scheitert man an den eigenen vielleicht nie erfüllten Wünschen. Dabei ist es gar nicht so schwer.

Was ist denn den Kindern eigentlich wichtig? Ist es für sie wichtig, dass sie mittwochs zum Italiener, freitags zum Griechen und sonntags zum Asiaten essen gehen, damit sie vielseitige Ernährung kennenlernen? Oder ist es nicht vielmehr so, dass Kindern nach wie vor der „Amerikaner an der Ecke“ – meint: McDonald’s und Burger King – viel lieber ist? Dass sie viel lieber nach eigenem Geschmack alles mögliche probieren, statt sich vorschriftsmäßig ausgewogen zu ernähren?

Ich sehe bei so etwas immer meine Tochter. Wir haben mit ihr ein paar Regeln aufgestellt, die ohne Schwierigkeiten befolgbar sind. Sie hat selbst gar keine Lust, so viele unbekannte Eindrücke auf sich einprasseln zu lassen. Mal ehrlich, Kinder „klauen“ zwar mit den Augen, aber vieles ist dann eben doch zu viel, sodass sie das alles gar nicht verarbeiten können.

Viele Kinder werden gar nicht so inbrünstig den Sommerurlaub auf den Seychellen verbringen wollen. Die wollen dann lieber in bekanntem Gefilde Fahrrad fahren. Oder was meinen Sie, warum Kinder so gern ins Freibad gehen und nicht an den Baggersee? Bei letzterem sehen Kinder nicht, wohin sie treten. Das ist unbekanntes Gebiet. Und unbekannt könnte man auch mit böse projizieren.

Klar, das ändert sich dann auch irgendwann. Aber Kindheitsziele sind eben nicht, möglichst schnell von Leipzig aus Bangkok, Istanbul und New York besucht zu haben. Kindheitsziele sind eher, den schnellsten Weg vom Lieblingsspielplatz zum besten Freund zu finden.

Ich denke nicht, dass es eine perfekte Kindheit gibt. An meiner Kindheit habe ich bis heute mit Sicherheit genügend zu kritisieren. So geht es aber sicherlich jedem Menschen. Meiner Tochter passt sicherlich auch nicht alles während des Aufwachsens. Aber wenn ich ihr die Auswahl überlassen würde, irgendwo hin zu fliegen oder in ihr geliebtes Freibad zu gehen, wäre die Entscheidung immer zugunsten des Freibads gefallen.

Kinder wollen auch nicht, dass man das ganze Leben für sie plant. Das gehört in meinen Augen zu übermäßigem Protektionismus. Kinder wollen und sollen vieles selbst herausfinden. Statt vorgefertigte Wege vorzuschreiben, soll man Kinder vielleicht auch mal die Erfahrung aufgeschürfter Knie machen lassen. Und dann sind Eltern ja wieder die Helden, denn sie wissen, wo die Salbe ist, die die Wunde so schnell heilen lässt.

Was ich damit sagen will: Kinder wollen einfach nur Kinder sein. Ein komplett durchgeplanter Tag, ein Urlaub nach den Vorstellungen der Eltern, ein Mittagessen nach EU-Normen oder immer wieder der gleiche Weg zum gleichen Ziel – das gehört alles nicht dazu. Sie wollen ihre Erfahrungen machen. Das ist auch gut so, denn nur so lernen sie.

Thomas Gigold ist Vater von 3 Kindern und ist der Meinung, nicht allzu viel falsch gemacht hat. Kinder brauchen nun einmal keine Polsterung. Sie brauchen dann eher die hochhelfende Hand, wenn sie vom Fahrrad gefallen sind. Er denkt wie ich, dass es die perfekte Kindheit nicht gibt. Das Beste für das Kind zu wollen, ist ein richtiger und wichtiger Vorsatz. Aber es ist dann eher die Mischung aus allem möglichen, als ständig alles perfekt machen zu wollen. Denn das wollen Kinder ganz sicher nicht.

Was meinen Sie? Machen sich Eltern heutzutage viel zu sehr unnötig Sorgen? Ich denke, meine Tochter wächst so heran, dass bei ihr nicht zu viel schief geht. Und das ohne Bangkok und ohne griechisches Essen. Sondern mit ein paar Grundregeln, in dessen Grenzen sie sich entwickeln und viele Erfahrungen machen kann. Wenn ich sie mir so ansehe, kann das nicht alles so falsch sein. Lassen wir Kinder einfach Kinder sein, das bekommt ihnen am besten.

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