Leipziger Luftreinhalteplan: Wie ein schlechter Witz

Leute, wir müssen uns mal über den Leipziger Luftreinhalteplan unterhalten. Der ist so unglaublich, dass man an einen rathäuslichen Schildbürgerstreich denkt. Irgendwie hockt man vor den Nachrichten und denkt sich: Das können die doch unmöglich ernst meinen. Aber ja, das ist der volle Ernst der Stadtverwaltung in Leipzig. Und es drängt sich die Frage auf: Gibt es anderswo auch so einen schlechten Witz?

Schenkelklopfer im Leipziger Luftreinhalteplan

Wie überall, so auch in Leipzig: Die Stadt erstickt im Verkehr. Deshalb haben sich die Leute aus der Stadtverwaltung den großen Leipziger Luftreinhalteplan ausgedacht. Und der treibt so manche Stilblüte. Man greift sich eigentlich nur noch an den Kopf und denkt sich: Hand hoch, wer im Rathaus noch mitdenkt. Schenkelklopfer reiht sich an Schenkelklopfer. Man kommt sich fast vor wie bei einer Comedy.

Die Leute haben sich nämlich gedacht, dass man die Luft an der Harkortstraße sauber bekommen muss. Das ist die Ausfallstraße Richtung Süden vom Neuen Rathaus zur B2. Dort steht eine CO2-Messstation, die aufgrund der Umweltbelastung Amok läuft. Wer einmal dort war (vergleiche Karte), weiß, dass das nicht von ungefähr kommt.

Irgendwann hatte man damit angefangen, den stadteinwärtigen Verkehr am Flossplatz von 2 auf 1 Spur zu reduzieren. Man wolle die Menschen dazu bringen, lieber mit dem unattraktiven ÖPNV nach Leipzig rein zu toben. Deshalb provozierte man Stau und Umweltbelastung für den AGRA-Park im Süden der Stadt. Und jetzt treibt man es noch weiter.

Am Neuen Rathaus, vom Rossplatz kommend (siehe oben in der Karte), war es jahrzehntelang möglich, links abzubiegen. Nun nicht mehr. Linksabbieger werden nun um die Hartkortstraße herum geführt. Und zwar in die Karl-Tauchnitz-Straße. Ja, die führt am Johannapark vorbei. Eine der grünen Lungen der Stadt. Und dort herrscht schon längst Verkehrschaos.

Weiterer Unfug

Leipzig will ja so eine großartige, moderne Stadt sein. Zum Modern-Sein gehört ja auch, dass man sinnvolle Lösungen hat. Die Nummer mit der Harkortstraße hat einzig und allein etwas damit zu tun, dass dort am Bundesverwaltungsgericht eine Messstation steht. Und genau dort will man die Werte verbessern. Deshalb wird der Verkehr umgeleitet. Koste es, was es wolle.

Die AGRA ist die andere seltsame Nummer. Und wir haben ja noch die nördlichen Einfallstraßen. Die Eutritzscher Straße wurde einspurig, der Verkehr wird über die Roscherstraße geführt (siehe Karte). Man führt also den Verkehr am Nordplatz zum Zoo, wo auch ständig Verkehrskollaps herrscht. Das könnt ihr alles hier nachlesen.

So wirklich modern wirkt das nicht, oder? Ich meine, wenn ich als Stadt Leipzig den Verkehr aus der Stadt heraus haben will und den Leipziger Luftreinhalteplan durchdrücken will, dann muss ich doch auch Alternativen schaffen, oder? Ich muss doch erst Angebote schaffen und dann meinetwegen Umleitungen und Einschränkungen einführen. Aber das ist gar nicht gewollt.

Nein, die Stadt hat da einen ganz eigenen Plan. Sie will auf Biegen und Brechen die Pendler in Bus und Bahn drücken. Ob die Leipziger Verkehrsbetriebe das Alles theoretisch stemmen könnten, muss natürlich vorher nicht getestet werden. Und überhaupt: Wozu soll man denn den ÖPNV ausbauen? Es gibt eh keine Bus- und Straßenbahn-Fahrer. Also schränken wir den Individualverkehr ein.

Kopflos und ohne Konzept

Dieses Vorgehen der Stadt ist kopflos und kommt gänzlich ohne Konzept aus. Wie zum Teufel will man denn so eine Verkehrswende schaffen? Ich meine: Ohne Stau durch Individualverkehr würde ich mit dem ÖPNV ungefähr eine Stunde bis auf Arbeit brauchen. Mit dem Auto ca. 30 Minuten. Ist das attraktiv? Ich bin da skeptisch.

Als in den Neunzigern die Straßenbahn in Leipzig ausgedünnt wurde, hatten sich wahrscheinlich viele gefragt, wohin das führen soll. Dass der Leipziger Luftreinhalteplan dabei herauskommt, der den Verkehr lieber durch Parks und Landschaftsschutzgebiete kriechen statt fahren lässt, hatte sich bestimmt niemand gedacht. Aber genau so ist es halt gekommen.

Bis in die Neunziger hinein gab es ein starkes Straßenbahnnetz in Leipzig. Und darüber hinaus noch so genannte Verstärker-Linien auf den Hauptstrecken. Wo ist das denn alles hingekommen? Wer hat denn hier gepennt? Und wer hat eigentlich den schlauen Gedanken gehabt, dass man Bus- und Straßenbahn-Fahrer nicht ordentlich bezahlen muss?

Ja, ich weiß, das ist alles nicht Bestandteil im Leipziger Luftreinhalteplan. Es passt nicht ins Konzept. Wobei: Sowas haben sie ja im Rathaus nicht. Ich hatte da mal eine verwegene Idee. Ist die denn schlechter als der Witz mit der Harkortstraße? Was meint ihr?

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