Leipzigs vergessene Waldbahn

Heute hatte ich vor meinem Dienstbeginn etwas Zeit, und da ist mir ganz spontan ein Abstecher zur ehemaligen „Waldbahn“ in den Sinn gekommen. Bei allerbestem Wetter besuchte ich auf die schnelle 3 Bahnhöfe dieser ehemaligen S-Bahn-Linie. Es ist eigentlich schade, dass es diese Linie nicht mehr gibt. Vielleicht wird sie mal wieder aufgebaut, aber dazu muss der Nutzen gegeben sein, weshalb ich da schwarz sehe.

Ursprünglich fuhr diese S-Bahn zwischen Leipzig-Grünau, Miltitzer Alle nach Gaschwitz, was damals noch eigenständig war. Heute gehört es zum im Leipziger Südraum befindlichen Markkleeberg. Speziell die 4 Haltepunkte in Grünau und der Knoten Leipzig-Plagwitz konnten so im 10-Minuten-Takt versorgt werden. In Plagwitz zweigte dann die Waldbahn nach Südosten ab und durchquerte den Stadtteil Kleinzschocher. Zwei Haltepunkt-Ruinen zeugen heute noch davon:

Ruine von "Leipzig-Schwartzestraße", bestehend aus Resten der Gleisanlagen - Henning Uhle
Ruine von „Leipzig-Schwartzestraße“, bestehend aus Resten der Gleisanlagen – Henning Uhle
Reste der Brücke über die Plagwitzer Gleisanlagen an der Schwartzestraße - Henning Uhle
Reste der Brücke über die Plagwitzer Gleisanlagen an der Schwartzestraße – Henning Uhle

Der Haltepunkt „Schwartzestraße“ befindet sich irgendwo im Nirgendwo in Kleinzschocher. Er befindet sich in direkter Nachbarschaft zu einem Friedhof. Die S-Bahn-Brücke wurde mittlerweile weggerissen, und somit ragen nur noch ruinenartige Reste über die Strecke Leipzig – Zeitz – Saalfeld.

Die befestigte Brücke daneben nutzt man heutzutage als Radweg zwischen den Stadtteilen Kleinzschocher und Grünau. Der Weg führt zwischen den Gärten entlang der Bahntrasse durch. Bei Wetter wie heute genießt man die Gegend. Aber ich wollte ja noch weiter, also nahm ich mir den S-Bahnhof Kleinzschocher vor:

Die S-Bahn-Brücke Kleinzschocher über die stark befahrene Dieskaustraße sieht auch sehr gefährlich aus - Henning Uhle
Die S-Bahn-Brücke Kleinzschocher über die stark befahrene Dieskaustraße sieht auch sehr gefährlich aus – Henning Uhle

Die sehr gefährlich wirkende Brücke hat früher mal die Waldbahn getragen. Der Blick kommt hier von einem Wohngebiet in Richtung eines Industriegebiets. Unter der Brücke verläuft eine im 10-Minuten-Takt fahrende Straßenbahnlinie (Linie 3) und außerdem viel donnernder Lkw- und Pkw-Verkehr. Das wirkt dann schon etwas bedrohlich.

Dann verschwinden weiter südöstlich Brücken vom Blickfeld der vorbeihuschenden Masse. Wenn man genau hinschaut, sieht man aber noch weitere Zeugnisse der Waldbahn. In der Nähe des berühmten Cospudener Sees sollte ein Bahnhof entstehen, wozu es nie kam. Die Gleisanlagen liegen aber noch. Man schickt stattdessen Dieselbusse dorthin. Verstehe einer die Umweltgesichtspunkte an dieser Stelle.

Ein Stückchen südöstlich beginnt dann Markkleeberg, und zwar der Westteil der Stadt. Folgerichtig hatte dieser Stadtteil auch einen eigenen S-Bahnhof. Der lag an der Coburger Straße / Spinnereistraße in Markkleeberg. Die Anlagen sind noch gut zu erkennen:

ehemaliger S-Bahnhof Markkleeberg-West - Henning Uhle
ehemaliger S-Bahnhof Markkleeberg-West – Henning Uhle

Die Stadt Markkleeberg wollte sogar die Waldbahn wieder aufleben lassen. Aber da man sich gegen eine Eingemeindung in den großen Nachbarn Leipzig gestemmt hatte, lässt die Stadt Leipzig nun Markkleeberg allein. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass sie wieder genutzt werden würde. Schließlich liegt der Cospudener See praktisch am Bahndamm. Und Markkleeberg könnte dann stolz behaupten, im Öffentlichen Personennahverkehr ganz vorn mit dabei zu sein, denn man hätte eine eigene S-Bahn mit 4 Haltepunkten in der Stadt und einem Ausflugsbahnhof am See. Ich denke schon, dass das der Plan sein könnte.

Aber so verträumt, wie die Strecke ist, so verträumt müssen auch Planer sein, die sich mit einem Revival der Waldbahn beschäftigen. Ich würde mich freuen, denn am nahegelegenen „Wolfswinkel“ – auch als „Waldbad Lauer“ bekannt, da dort vorm Abbaggern der Braunkohle das Gut Lauer war – gehörte es einfach mit dazu, während des Schwimmens die S-Bahn in der Ferne zu sehen. Das war in meinen Augen ein gewisses Flair.

Was meinen die Leipziger? Sollte man sich ernsthaft mit der Waldbahn wieder befassen? Ich meine, im Zuge der „S-Bahn Mitteldeutschland“ scheint ja derzeit alles möglich zu sein. Warum sollte man sich dann also nicht auch mit einem Schließen des ehemals geschlossenen Leipziger S-Bahn-Rings befassen?

7 Replies to “Leipzigs vergessene Waldbahn”

  1. Die auf den ersten beiden Bildern erkennbaren Reste der Brücke hat nichts mit der „Waldbahn“zu tun (außer dass sie die überquert hat…): es handelt sich um die Ausfädelung der Industriegleise, die u.a. zum Lindenauer Hafen etc. führten. Diese Brücke wurde m.W. nach 2003 abgetragen.
    Die „Waldbahn“ war während des ganzen Jahres 2013 in Betrieb – der gesamte Regionalverkehr in und aus Richtung Altenburg (- Zwickau) und Geithain wurde im Zusammenhang mit der Netzertüchtigung für die S-Bahn über sie abgewickelt.

    Die Brücke über die Dieskaustraße in Kleinzschocher ist m.W. übrigens nicht in schlechtem Zustand, ebenso die Treppenanlage – auch wenn die Stufen nicht mehr ordentlich liegen, geht es wohl eher darum, den Zugang zum stillgelegten BAhnsteig zu sperren – schließlich ist die Strecke im Güterverkehr noch genutzt.

  2. … ach ja: oben am Haltepunkt Kleinzschocher stand bis 2013 noch ein REH, also eine Raumerweiterungshalle, die leider inzwischen verschwunden ist. Weiß vielleicht jemand, was mit ihr weiter geschehen ist?
    Schade, dass man dem Kommentar keine Fotos anhängen kann.

  3. Am ehemaligen Haltepunkt Schwartzestrasse wurde die Brücke von der Gütertrasse zu den Kirow Werken abgerissen. Es handelt sich nicht um die ehemalige S-Bahntrasse.

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