Sparen um jeden Preis und ohne Konzept

Es hat sich schon mal jemand zu Tode gespart. Und manchmal spart man auch auf Teufel-komm-raus. Das zwanghafte Sparen im Freistaat Sachsen hat nun ein Bauernopfer: Roland Wöller, Kultusminister im Land.Wöller wollte Geld ausgeben, um mehr Lehrer – vor allem neue Lehrer mit frischen Konzepten – einstellen zu können. Er hat messerscharf geschlussfolgert: In veränderten Zeiten müssen auch veränderte Inhalte an Schulen vermittelt werden. Leider hat er da nicht mit dem sächsischen Haushalt gerechnet. Denn dem Kultusministerium wurden mal eben 100 Millionen Euro gestrichen.

Rico Gebhardt, Vorsitzender der sächsischen Linken, erklärte daraufhin, dass es bei solchen Einsparungen eben keine Neueinstellungen geben kann. Ja, sogar der Abbau von Lehrerstellen wäre denkbar. Wöller konnte ja nun nicht noch mehr einsparen. Da war nirgendwo eine Position in seinem Budget, die man hätte kürzen können. Zu knapp bemessen ist das Budget ja eh schon. Und deshalb der Rücktritt.

In Sachsen fehlen hunderte von Lehrern. Dem wollte Wöller entgegenwirken. Gebhardt forderte dazu, dass aufgrund des Lehrermangels und der Notwendigkeit der höchstpriorisierten Bildung der Einstellungsstopp bei Lehrern endlich beendet werde. Andernfalls sollte die sächsische Landesregierung zum allseits beliebten Thema Schuldenbremse mal lieber ganz still sein.

Aber woher sollen sie kommen, die staatlichen Wissensvermittler in den Schulen? Nicht einmal für die Ausbildung von Lehrern ist genügend Geld vorhanden. Wenn ich qualitativ hohe Produkte (für einen Lehrer ist ja das Wissen der Schüler sein Produkt) verkaufen (oder bei Lehrern eben: vermitteln) will, muss ich selbst bestmöglich dafür geeignet sein. Das scheint aber bei der politischen Elite Sachsens keinerlei Rolle zu spielen.

Die Sprecherin der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften, Anni Fischer, spricht gar von einem „Scheitern auf Raten“. Sie gibt allerdings beim Thema Lehrermangel dem zurückgetretenen Roland Wöller die Hauptschuld. Schließlich hat der immer wieder abgewunken, wenn es um Neueinstellungen ging. Der Vorwurf: Statt ein ausreichendes Angebot für Referendarinnen und Referendare zu schaffen, wurde immer wieder die Lehramtsausbildung umgestellt. Und das hatte dann fatale Folgen.

Da die Ausbildung von Grundschul-, Mittelschul- und Gymnasiallehrern aufgrund der Umstellung unterschiedlich lang dauert, hat man damit natürlich auch eine unterschiedliche Besoldung in Kauf genommen. Ebenfalls in Kauf genommen wurde damit, dass Schulformen, die am dringendsten Lehrer brauchen – nämlich die Grund- und Mittelschulen – für die Lehrer gänzlich unattraktiv geworden sind.

Wer nun neuer Kultusminister werden wird, er bekommt nun gleich Gegenwind. Dem Kultusministerium, dem Ministerpräsidenten Tillich und dem Finanzministerium des Landes schallt folgende Forderung entgegen:

Die Lehramtsausbildung muss endlich ausfinanziert werden. Der Kürzungswahn ist nicht mehr tragbar. Unterschiedliche Ausbildungszeiten sind ein Relikt längst vergessener Tage und haben mit der Realität nichts gemein. Diese Einsicht wird Wöllers Nachfolger hoffentlich rasch verinnerlichen.

Das sagte Anni Fischer gegenüber der Leipziger Internetzeitung. Mit anderen Worten: Sparen um jeden Preis und ohne kühlen Kopf, das ist unsinnig und kann zu fatalen Folgen führen, wie wir nun erleben.

Aber es kann noch schlimmer kommen. Der Wahn, auf Teufel-komm-raus zu sparen, so wie es Tillich gern hätte, ist noch gar nicht richtig ausgebrochen. Der Rasenmäher steht immernoch in Tillichs Garage. Momentan ist nur der Freischneider im Einsatz.

Aus dem Plan des massiven Personalabbaus sollen die Lehrer ausgenommen werden, meint Anni Fischer. Andernfalls ist der Sessel des sächsischen Kultusministers weiterhin ein Schleudersitz. Der Meinung ist die bildungspolitische Sprecherin der sächsischen Bündnisgrünen, Annekathrin Giegengack. Und nicht nur das, Sachsen, das Land der Denker, könnte im bildungsfreien Sumpf versinken. Dabei liegt es nicht einmal am Geld, so Giegengack, sondern nur am Willen.

Der sächsischen Staatsregierung scheint nicht klar zu sein, dass Kinder unsere Zukunft sind. Und in Zukunft muss man investieren. Sprich: In Bildung muss investiert werden, sie darf nicht gekürzt werdem. Geht das so weiter, sägt man an dem Ast, auf dem man sitzt. Die Reaktion veon Georg Unland, dem sächsischen Finanzminister? Schweigen. Es scheint nicht einmal ein ausgiebiges Gesamtkonzept für die Personalplanung der nächsten 10 bis 15 Jahre zu geben. Und das ist ein bisschen sehr ärmlich, oder?

Die Leipziger Internetzeitung stellt in ihrem Artikel infrage, dass die sächsische Staatsregierung mit ihrer – sagen wir mal – Rasenmähermethode überhaupt noch ihrem Auftrag nachkommen kann. Denn es handelt sich beim so genannten „Personalkonzept“ ausschließlich um Stellenabbau. Bis 2020 soll es in Sachsen etwa 17000 staatliche Stellen weniger geben. Und es wird noch bunter: Ab 2020 sind dann wieder jährlich 3000 Neueinstellungen notwendig, damit das Ziel von 70000 Stellen in der Landesverwaltung gehalten werden kann.

Mein Fazit: Es kann einem richtig Angst und Bange werden, wenn man diese Denke verfolgt. Meine Tochter soll im Sommer kommenden Jahres eingeschult werden. Unter Umständen wird sie aber nicht einmal genügend Lehrer haben, um ihren Wissensstand aufzubauen. Die Folge wird sein: Vermehrte Hausaufgaben, weil die Schulen ihrem Bildungsauftrag nicht mehr nachkommen können.

Super, Sachsen, so geht es aufwärts! Ich beantrage hiermit den Solidarpakt für Sachsen.

Informationsquelle:

  • Leipziger Internetzeitung – Nach dem Rücktritt des Kultusministers: Macht die Staatsregierung trotzdem weiter mit Sparen ohne Konzept?

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