Von Rüpeln und Rowdies beim Radfahren in Leipzig

Ja, ich befinde mich in exponierter Lage als Autofahrer in Leipzig. Aber ich muss einfach mal etwas loswerden. Denn oft genug ist es mir so ergangen, dass Fahrradfahrer in Leipzig sich einen feuchten Dreck aus dem machen, was sich Verkehrsplaner einfallen lassen haben. Sprich: Viele Fahrradfahrer sind einfach mal so der Meinung, dass Verkehrsregeln für jeden, außer für sie gelten. Und das muss ich einfach mal aufschreiben.

Eine Baustelle am Straßenrand. Nichts ungewöhnliches in Leipzig. Autos stehen an der danach befindlichen Ampel. Und Radfahrer sind mit darunter. Mancher steigt ab und schiebt sein Fahrrad an der Autoschlange auf dem Fußweg vorbei bis vor an die Ampel. Mancher wartet in der Reihe, bis er dran ist. Aber manche fahren einfach mal Slalom zwischen den Autos durch und werden von einer – oh Wunder – grünen Ampel dann überrascht. Und manche donnern mit ihren Fahrrädern auch auf dem Fußweg vorbei bis zur Ampel und schießen bei Grün auf die Straße, egal, ob Autos anfahren oder nicht.

Es gibt auch solche Experten auf dem Fahrrad, die wahnsinnig vertieft in ein Telefonat sind. Das sieht man daran, weil sie das Handy ans Ohr halten und gesenkten Kopfes einfach mal drauflos fahren. Ihnen sieht man dann deutlich an, wie erschrocken sie sind, wenn sie anderen Verkehr außer sich selbst auf den Straßen dieser Großstadt feststellen. Ampeln, parkende Autos, Fußgänger und all das bekommen sie gar nicht mit, so sehr fesselt sie das Gespräch.

Bei all dem nehme ich kein Geschlecht aus. Das machen Frauen und Männer. Es mag nur ein kleiner Teil der Leipziger Radler sein. Solche, die nicht einfach mal bei Fußgängern abbremsen und warten, bis die junge Mutti mit dem Kinderwagen und dem Hund etwas beiseite gegangen ist. Es sind sicher sehr viele, die sich an Verkehrsregeln halten. Und sicher sind weder Autofahrer noch Fußgänger besser, auch die Fahrer von Öffentlichen Verkehrsmitteln haben ihre Chaoten unter sich. Aber Radfahrer setzen sich bei ihren Kamikaze-Aktionen ja oftmals selbst allergrößten Gefahren aus.

Statt irgendwie präventiv tätig zu werden, fordert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club eine Reduzierung der Fahrmöglichkeiten für Autos, damit Radfahrer Platz haben. Sicher eine gute Idee. Jedoch fordert das der Club ausgerechnet an so einem neuralgischen Punkt wie dem Platz vor dem Hauptbahnhof. Ich denke, so etwas ist der falsche Ansatz. Ich denke, der ADFC sollte auch dafür da sein, den Radfahrern, die – sagen wir mal – Nachholbedarf haben, aufzuzeigen, dass Leipzig auch andere Verkehrsteilnehmer hat und dass sich Rüpel und Rowdies unter den Radfahrern eigentlich nur selbst in Gefahr begeben.

Und die Politik fordert, dass der Leipziger Autofahrer doch aufs Fahrrad steigen soll oder die Öffentlichen Verkehrsmittel benutzen soll. Die Bahn soll attraktiver werden. Für mich völlig indiskutabel. Mit dem Auto habe ich einen Weg von 20 Minuten bis ins Büro. Mit der Straßenbahn wäre es – ohne Fußweg und ohne Wartezeit – etwa 1 Stunde. Mit der S-Bahn sogar noch unsinniger, da die an meiner Arbeit bestenfalls einmal pro Stunde vorbeifährt. Also müsste es doch anders gehen. Jedenfalls bringt es nichts, bei dem Kamikaze-Verhalten mancher Radfahrer den schwarzen Peter ausschließlich den Autofahrern zuzuschieben.

Ich denke, eine Art Führerschein für’s Fahrrad, den man auch durchaus bei Vergehen abgeben muss, wäre da gar nicht schlecht. Wenn ein Radfahrer immer wieder Fußwege entlang jagt und Fußgänger gefährdet und dann zwischen fahrenden Autos auf die belebte Straße donnert und dabei sowohl Unfälle provoziert als auch sich gefährdet, dann ist dieser Verkehrsteilnehmer einfach mal nicht dazu in der Lage, ein Fahrrad zu führen. Stellt sich eben nur die Frage, wie man so etwas kontrollieren würde. Aber ich denke, es muss einfach mal etwas in Richtung Regulierung passieren. Denn ich habe keine Lust, irgendwann mal einen von diesen Chaoten unter den Radfahrern auf der Motorhaube sitzen zu haben, weil der zwischen 2 eng beieinander stehenden Bäumen einfach mal ungebremst auf eine stark befahrene Straße jagt.

Noch einmal, ich habe es anklingen lassen: Es sind bei weitem nicht alle Radfahrer, die so sind. Ich würde sogar die Wette aufstellen, dass die Radfahrer, die etwas von Regeln halten, die überwiegende Mehrheit aller Radfahrer sind. Aber wie das immer so ist, die Negativ-Beispiele fallen immer auf. Und das ist eigentlich schade. Denn Leipzig hat ein vergleichsweise gutes Radweg-Netz, das man durchaus gut nutzen kann. In scheinbar selbstmörderischer Absicht muss kein Radfahrer zeigen, was sie oder er kann. Man muss dann aber auch die Radwege nutzen, was dann aber auch einige nicht tun. Und ich frage mich, warum das so ist.

Wie schön wäre es, wenn man sich in Leipzig an den Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme halten würde. Wie viel würde dadurch an Stress abgebaut werden? Klar, mir wäre ein entspanntes Leipzig auch sehr recht. Mir wäre es auch sehr recht, auf mein Auto komplett verzichten zu können. Dazu müsste aber der Öffentliche Nahverkehr wesentlich effizienter, schneller und vor allem auch preiswerter werden.

Da wird immer wieder etwas gefaselt, dass das Straßenbahn-Netz in Leipzig ausgebaut werden soll, nachdem es seit der Wende sukzessive immer weiter zusammengedampft wurde. Es gibt nichts schnelleres in Leipzig als die Straßenbahn. (Und es heißt „Bimmel“ oder „Straßenbahn“ in Leipzig und nicht „Tram“) Wenn aber die Verkehrswege nicht in Ordnung gehalten werden, kann keine Bahn der Welt schnell voran kommen. Und dann bleibe ich lieber beim Auto und fahre statt 58 Minuten (+ Fußweg und Wartezeit) eben nur 20 Minuten.

Wenn man gegenseitig Rücksicht nimmt, passieren dann auch nicht so viele Unfälle. Es gibt irgendwelche Statistiken, dass Unfälle mit Fahrrad-Beteiligung die Minderheit seien. Das glaube ich gern. Wie gesagt, die meisten halten sich ja an die Gegebenheiten und die Regeln. Wenn aber ein Auto eine Vollbremsung machen muss, weil ein Radfahrer trotz roter Ampel einfach drauflos fährt, könnten sich nachfolgende Autos einfach mal ineinander verkeilen. Vom Radfahrer dann keine Spur. Hätte der Radfahrer mit Rücksicht auf andere an seiner roten Ampel gewartet, wäre niemandem etwas passiert. Aber Rücksicht geht auch anders.

Aus Rücksicht auf Radfahrer sollten vielleicht Autofahrer nicht einfach jeden Fahrradweg zuparken und auch beim Abbiegen mal einen Schulterblick riskieren. Und die Busse der Leipziger Verkehrsbetriebe sollten vielleicht auch nicht ohne Vorwarnung zwei Spuren blockieren, weil Kilometer später irgendein Hindernis stehen könnte. Es könnte alles so viel anders sein. Darüber sollte man nachdenken.

Nein, die Radfahrer sind nicht an allem Schuld. Aber im Vergleich zu Autofahrern, die nicht zwischen Fußgängern auf dem Fußweg durchjagen und dann zwischen anderen einfach mal auf die Straße rasen können, sind nun einmal Radfahrer gefährdeter. Autofahrer werden verwarnt, mit Buße belegt usw., wenn sie sich nicht an Regeln halten. Warum keine Radfahrer oder Fußgänger oder die Öffentlichen Verkehrsmittel? Wer keine Rücksicht nehmen will, dem muss sie wahrscheinlich eingehämmert werden.

Und was den Ausbau des Nahverkehrs betrifft: Wenn das alles mal als „fertig“ deklariert ist, was immer mal wieder durch die Meldungen geistert, dann reden wir mal weiter. Wenn dann auch noch Radwege sinnvoll bewirtschaftet sind und sich in einem guten Verbund befinden, ist den Radfahrern sicherlich sehr geholfen. Und dann, liebe Freunde in Politik und Verkehr, dann lassen wir einfach mal die Autos stehen. Denn die brauchen wir dann wirklich nicht mehr. Nun aber herzugehen und als erstes Fahrspuren zu reduzieren, damit die Radfahrer weniger Kamikaze-Aktionen machen, das ist der falsche Weg. Aber die haben im Rathaus sicher schon einen ganz tollen Plan ausgeheckt. Oder?

7 Replies to “Von Rüpeln und Rowdies beim Radfahren in Leipzig”

  1. Hallo Henning,

    ich selbst als Radfahrer muss hier mal ein Veto einlegen.
    Letztes Jahr bin ich 3 mal über eine Motorhaube geflogen, und das nicht weil ich fuhr wie ein Kamikaze oder Verkehrsregeln missachtet habe, sondern weil es genug Autofahrer gibt die noch bei „ist ja gerade Rot geworden“ über die Ampel donnern, wobei die Ampelschaltung aber sehr kurz ist. Oder weil einfach beim Abbiegen nur auf die Autos geachtet wird und nicht auf die Radfahrer.
    Sicher bin auch ich recht fix unterwegs, und sicher fahre auch ich manchmal an der Ampel an den Autos vorbei, aber immer so das ich weder mich noch andere zu gefährden.
    Glaub mir wenn du dich mit dem Rad Tag ein Tag aus bewegst, wirst du merken das es alles andere als leicht und ungefährlich ist sich mit dem Rad durch den Leipziger Verkehr zu bewegen.
    Und manchmal muss man auch ein wenig rabiater fahren da man sonst immer in die Röhre schaut.
    Aber ist es nicht ehh immer so, das egal wie man unterwegs ist über die anderen meckert?
    Fährt man Auto sind es die Bösen Radfahrer und Fußgänger, als Radfahrer sind die Autofahrer und die Fußgänger die Übeltäter und als Fußgänger regt man sich über Radfahrer und Autofahrer auf.
    In diesem Sinne

    1. Hallo Mario,

      wie gesagt, es geht um die gegenseitige Rücksichtnahme. Jeder sollte sich ein bisschen mehr an Verkehrsregeln halten. Aus jeder Gruppe der Verkehrsteilnehmer – ich nehme da niemanden aus – gibt es ein Häufchen Chaoten. Wenn jeder ein bisschen zurücksteckt und auch den anderen mal machen lässt, kommt man sicher ein Stückchen weiter.
      Ich verstehe eben nur die Radfahrer nicht, die über große Kreuzungen mit Bundesstraßen-Verkehr in Leipzig rasen: Bei Rot, mit Kopfhörern im Ohr und noch dazu freihändig. Wenn du da als Autofahrer ankommst, bekommst du den Schreck deines Lebens. Als Dank für deine Vollbremsung zeigt dir der Radfahrer dann auch noch den Stinkefinger. Verstehst du, worauf ich hinauswill?
      Und wie ich es schon im Artikel schrieb: Es sind immer nur ein paar, und die trüben das Bild auf alle. Das ist schade. Man könnte so viel weiter sein, wenn jeder ein bisschen mitmacht.

  2. Die Seite habe ich durch Zufall gefunden. Was für ein hasserfüllter dogmatischer Artikel. Der typischer Autofahrer, der sich als Herrscher der Straße fühlt. Ich hoffe, dass ich dem Autor nie begegnen werde. Mehr kann man dazu nicht sagen.

    1. Wieso so ein Kommentar? Ich meine, ich bekomme es ja bestätigt. Auch von Radfahrern. So wie man als Autofahrer auch auf andere Autofahrer schimpft. Ich fühle mich keineswegs als „Herrscher der Straße“. Ich halte aber viel davon, dass gleiches Recht für alle gilt: Wenn der Autofahrer am Steuer nicht das Handy zu benutzen hat, hat der Radfahrer das auch zu unterlassen. Wenn dann der Radfahrer – aufs Handy starrend und Kopfhörer tragend – zwischen den Autos umherschwankt und die rote Ampel nicht mitbekommt, hat das nichts mit Hass zu tun. Mich stört dann nur eben ein solches Verhalten. Und gefährlich für den Radfahrer ist es obendrein.

  3. Henning, ich muss dir absolut zustimmen. Da spricht mir jemand aus der Seele! Wir sollten uns ein Beispiel an anderen Ländern nehmen, in denen die Fahrradfahrer mehr Rechte haben. Wie in Holland zum Beispiel!

  4. Ein kurzer und später Kommentar von mir:

    Leider unterliegst du hier einer fatalen Wahrnehmungsstörung. Autofahren sind nicht weniger Rowdies als Radfahrer. Du siehst halt bloß die Radfahrer, weil sie einfach kleinere Gefährte haben. Wären Autos so groß wie Fahrräder (physikalisch unmöglich), würden die Autofahrer genauso rowdiemäßig unterwegs sein. Die Gefahr für den Autofahrer ist außerdem, dass er bei solchen Aktionen sein heiliges Fortbewegungmittel verletzt. Dem Radfahrer ist das meist ziemlich egal und so kann er einfach etwas selbstbewusster am Straßenverkehr teilnehmen. Vielleicht ist der Frust auf den Radfahrer auch einfach ein Kanal, um sich nicht über den Stau aufzuregen in dem man als Autofahrer steht, während der Radfahrer gemütlich dran vorbeifährt.

    Noch etwas anderes, was A-Fahrer häufig vergessen. Wieviel Prozent der Steuergelder fließen in den Autoverkehr, wieviel in den Fahrradverkehr? Würde das annähernd gleich sein, müssten die Autofahrer sich nicht mehr über Radfahrer aufregen, denn diese hätten dann eigene beheizte Spuren (gegen Schnee und glätte) mit Überdachung (gegen Regen) und Schutz vor dem Autofahrer an der Seite. Dann würden Autofahrer zwar immer noch im Stau stehen, aber sie hätten die Radfahrer los. Problem dann: Der Autofahrer könnte seinen Frust, der eigentlich durch den Stau entsteht nicht mehr am Radfahrer auslassen.

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