#Warntag2020 – Wenn die Apokalypse droht

Es war #Warntag2020. Habt ihr euch auch alle so darauf gefreut? Und was ist am Ende passiert? Vielerorts in Good Old Germany war so rein gar nichts zu merken. Nennen wir das nun Desaster? Oder ist es „Typisch deutsch“? Was ist das nun eigentlich gewesen? Man steht da einigermaßen überfordert einigen Fragen gegenüber. Klar ist, dass das Ganze wunderbar aufgezeigt hat, dass wir verraten und verkauft sind, wenn denn wirklich mal eine „Zombie-Apokalypse“ drohen würde. Schauen wir uns das mal an.

Was sollte das mit dem #Warntag2020?

Am 10. September 2020 sollten bundesweit „pünktlich um 11 Uhr“ in ganz Deutschland die Warnsysteme erprobt werden. Das Ganze schlug schon Tage vorher unter dem Hashtag #Warntag2020 hohe Wellen in den sozialen Netzwerken. Das begann mit so witzigen Posts wie „Was zieht man denn zu so einem Anlass an?“ und ging bis zu Verschwörungstheorien, dass mit den Schallwellen die Gedanken umprogrammiert werden sollen. Naja, wie das eben immer so ist.

Xavier Naidoo zum #Warntag2020
Xavier Naidoo zum #Warntag2020

Als Warnsysteme wurden Sirenen, Meldungen in Funk und Fernsehen, Posts in den sozialen Netzwerken und Meldungen in den Katastrophenschutz-Apps KatWarn und NINA angesehen. Aber ganz ehrlich: Wenn wirklich etwas schlimmes passieren würde, wäre Deutschland eben nicht darauf vorbereitet. Vielleicht wollten die Behörden – allen voran das BBK, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe – nur testen, was überhaupt funktioniert.

Wenn das der Hintergrund war, dann steht fest, dass eben nicht allzu viel wirklich gut funktioniert. Das beginnt bei NINA, der Notfall-Informations-und-Nachrichten-App des BBK, hört bei den Sirenen auf den Dächern der Feuerwehren nicht auf. Es gibt viel zu tun. Es ist klar, wenn man jahrzehntelang auf Verschleiß gefahren ist. Die Behörden und Ministerien müssen hier ganz klar in die Bütt gehen und eine klare Verbesserung schaffen.

Leipzig würde ahnungslos draufgehen

Ich habe ja immer wieder von meiner Heimatstadt Leipzig erzählt, dass sie das größte unfertige Dorf der Welt ist. Aber nun zum #Warntag2020 ging es mal so richtig ab. Während woanders in unserem kuscheligen Deutschland vielleicht die eine oder andere Sirene vor sich lärmte, war in der Stadt der Helden Grillenzirpen zu hören. Selbst jammernde Babys in der Nachbarschaft waren gut zu hören. Grundsätzlich wirkte der #Warntag2020 in Leipzig so:

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Wir haben südlich von Leipzig ein großes Chemiewerk. Nehmen wir mal an, aus irgendeinem Grund würde es im Werk zur Katastrophe kommen. Das ist ja so ein klassischer Anwendungsfall, wenn ich den #Warntag2020 richtig verstehe. Das Werk würde zwar vielleicht explodieren und seine hochgiftigen Gase in die Luft pusten. In Leipzig aber würde man vor der Gefahr halt nicht gewarnt werden. Vor solchen Gefahren soll doch gewarnt werden, oder? In Leipzig wäre da nichts passiert.

Denn die Stadtverwaltung hatte im Vorfeld angegeben, dass sie zwar am #Warntag2020 teilnehmen werde, die Sirenen aber nicht, da es in der Stadt kein flächendeckendes Sirenensystem gäbe. Christian Lindner (FDP) prägte ja mal den legendären Satz „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“. Die Stadt Leipzig denkt sich also: „Es ist besser nicht zu warnen, als schlecht zu warnen“.

Das wäre ja nicht so schlimm, wenn denn das Andere funktioniert hätte. Die App NINA warnte um 11:31 davor, dass um 11:00 Uhr ein Probealarm stattfinden würde. Irgendwelche Meldungen in den sozialen Netzwerken waren von offizieller Seite nicht zu bemerken. Das Fernsehen soll wohl mal kurz einen Hinweis eingeblendet haben. Und vielerorts soll das Radio weiterhin „Die größten Hits der 80er und 90er und das Beste von heute“ gedudelt haben. Ein voller Erfolg also.

#Warntag2020 - Im NINA-Stil
#Warntag2020 – Im NINA-Stil

Welche Erkenntnisse gibt es denn?

Also zunächst einmal war es die erste Aktion dieser Art seit der Wiedervereinigung. Ich kann mich daran erinnern, dass so Probealarme in Leipzig früher regelmäßig stattfanden. Mir war nicht ganz klar, dass das schon seit 1990 nicht mehr der Fall war. Insofern darf man das auch nicht zu heiß kochen. Der #Warntag2020 war der erste Versuch. Und der ging vielerorts schief. Allerdings nicht überall. Und so kann man die Erkenntnis gewonnen haben, dass die Warnsysteme eben doch nicht so funktionieren, wie man denkt.

Nun muss als nächstes das Netz aus Sirenen, Apps und all dem kräftig ausgebaut werden. Denn irgendwann kann ja mal sowas passieren wie der theoretische Unfall im Chemiewerk. Und ganz ehrlich, niemand will da riskieren, mehr als 600000 Einwohner einer Großstadt unnötig einer Gefahr auszusetzen. Es kann eigentlich nur darum gehen, die Warnsysteme auf Vordermann zu bringen. Vielleicht war das ja auch die Intention hinter dem ersten Warntag.

Jetzt weiß man jedenfalls, wo man steht. Diese Erkenntnis ist sicherlich bitter genug. Denn soweit ich weiß, wäre auch Berlin mausetot gewesen, wenn es heute eine echte Gefahr gegeben hätte. Ach, und die zweite Katastrophen-App neben NINA, nämlich KatWarn, bliebt vollkommen stumm. Das kann man sich beim Bevölkerungsschutz einfach nicht leisten. Und deshalb wird es wohl daran gehen, die einzelnen Systeme sinnvoll auszubauen, damit der nächste Warntag, der ja kommen soll, nicht so eine Katastrophe wird.

2 Replies to “#Warntag2020 – Wenn die Apokalypse droht”

  1. Bei uns fast das Gleiche, ich reg‘ mich auf. Ich habe eben auch einen Artikel dazu geschrieben und ich habe auch an das BBK geschrieben, was das für eine Nullnummer war. Also ehrlich, das hätte professioneller ablaufen müssen.

    Aber noch kurz zum Naidoo: der wird ja immer wahnsinniger. Ich warte auf den Tag, an dem er sich zum Erzengel deklariert.

    1. Hi Martin,

      ich weiß, ich habe deinen Artikel gelesen. Das stimmt schon, dass das professioneller hätte ablaufen müssen. Es war ja nicht so, dass das nicht seit langem geplant war.

      Zum Naidoo allerdings fällt mir so gar nichts mehr ein.

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