Abmahnwahn gilt als Erpressung – Man sollte sich organisieren

Stellen Sie sich folgendes vor: Sie sehen, dass in Blogs, über Facebook, Google+ oder Twitter ein Bild wie wild geteilt wird. Sie finden das Ganze als tolle Idee und kaufen beim Urheber die Rechte. Und dann mahnen Sie die Blogs und die Profilinhaber einfach mal ab. Das könnte ein einträgliches Geschäft sein.

So hat es eine Anwaltskanzlei getan. Und plötzlich dreht sich Justizia um und lacht diese Kanzlei aus. Denn ganz plötzlich steht diese Kanzlei mit heruntergelassener Hose da und wird mit dem Vorwurf der Erpressung konfrontiert.

Dass sich das Blatt der Abmahnanwälte durchaus mal wenden könnte, habe ich ja schon länger geahnt und gehofft. Wie Sie wissen, habe ich selbst mit einem solchen Gespenst zu tun gehabt. Wollen wir einmal kurz zusammenfassen, was mir so zu Ohren gekommen ist.

Die Nr. 1 der Abmahner aus Hamburg

Mir ist zu Ohren gekommen, dass Betreiber von privaten Webseiten, auf denen nicht einmal Werbung oder sonst irgendwas, womit man Geld verdienen könnte, wegen nicht mehr vorhandenen Zitaten, die angeblich widerrechtlich „geklaut“ wurden, abgemahnt wurden. Und das Ganze jetzt einmal ausführlicher:

Ein Bekannter betreibt eine private Webseite. Auf der beschäftigt er sich mit Dingen der Natur. Und auf dieser Seite hatte er irgendwann vor langer Zeit ein Zitat eingebunden. Natürlich war das Zitat als solches gekennzeichnet, und es war ein Link zur Quelle gesetzt. Irgendwann später hatte er diesen Abschnitt wieder entfernt. Jahre später kam die Kanzlei auf die Idee, ihn wegen einer Urheberrechtsverletzung anzuschreiben. Und mein Bekannter wehrte sich mit Händen und Füßen. Und irgendwann kehrte dann Ruhe ein, die einfach mal blieb.

Ein anderer Schreiber hatte über einen spanischen Gitarristen geschrieben und über dessen Todestag. Vor Jahren hatte er den Abschnitt wieder entfernt. Auch ihn hat die Kanzlei angeschrieben und wollte Schadenersatz haben. Und das, obwohl der Artikel nicht mehr aufrufbar war.

Noch ein Beispiel? Eine private Webseite wurde mit dem Baukastensystem von 1&1 ausgerüstet. Dort befindet sich auch ein News-Modul mit dabei. Da nichts gegenteiliges zu finden war, ist man davon ausgegangen, dass die Rechtsfragen beim Einblenden der News geklärt waren. Waren sie nicht, wie es die Post der Kanzlei messerscharf klarstellte.

Andere Blogger wurden derart genötigt, dass sie entweder zahlten oder ihre Blogs schlossen… Oder gar beides. Und wieder andere haben mal die Auftraggeber der Kanzlei angeschrieben. Das Ergebnis war, dass die Kanzlei manchmal gar ohne eigenes Mandat vorgegangen sein soll.

Das sind alles Beispiele. Und sie werden mir immer wieder mitgeteilt. Um niemandem Schaden zuzufügen, nenne ich hier keine Hausnummern. Wer abgemahnt wurde und von wem, spielt hierbei keine Rolle. Es geht um zig Abmahnungen einer einzigen Kanzlei gegenüber zig Bloggern. In Zeiten der Vernetzung über das Internet findet man aber irgendwie zusammen, sodass man zumindest einen Erfahrungsaustausch unternehmen kann.

Abmahnungen geben den Straftatbestand der Erpressung

Bei diesem Thema kann ich mit jeder Menge Links glänzen. Hier bringe ich niemanden in Bedrängnis, da das Thema bereits öffentlich diskutiert wird.

Mathias Winks, genannt MC Winkel, betreibt den Blog Whudat. Dort berichtet er derzeit sehr offensiv über eine Abmahngeschichte der Firma HGM Press GmbH. Der Artikel ist sehr lesenswert. Es geht um eine angebliche Urheberrechtsverletzung. Die genannte Firma war aber zum Zeitpunkt der Nutzung nicht der Rechteinhaber. Außerdem bediente sie sich seltsamer Mittel, weshalb Herr Winks kurzerhand Strafanzeige wegen Erpressung gestellt hat. Hilfe bekommt die Firma durch die Anwaltskanzlei ActiveLAW, wie im Artikel zu lesen ist.

Das Kraftfuttermischwerk hat auch wegen der gleichen Sache mit HGM Press und ActiveLAW zu tun. Da wurde nun inzwischen gegen der Schreiber Klage bei der Hamburger Medienkammer, also dem Landgericht Hamburg, eingereicht. Der Streitwert bei einem Bild liegt bei 32.000 €.

Aber es gibt sie tatsächlich, die Nachrichten, dass gerichtlich festgestellt wurde, dass Abmahnungen den Straftatbestand der Erpressung erfüllen. So berichtete das Magazin Golem gestern darüber, dass der Rechtsanwalt Sandhage der Erpressung verdächtig wäre. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat gegen den Anwalt im Dienste der Abmahnung Strafanzeige wegen Erpressung gestellt. Der kurze aber sehr feine Artikel im Magazin Golem lässt ahnen, was möglich ist, um dem Abmahnwahn Einhalt zu gebieten.

Ist es jetzt genug?

Viele Blogger werden abgemahnt. Und zwar wegen Sachen, die eigentlich keine Abmahnung wert sind. Ein Teil der Bloggerszene in Deutschland wurde deshalb kurzerhand ausgelöscht. Es wird immer wieder über Abmahnungen geschrieben, es wird lamentiert und gejammert. Aber halt jeder für sich allein.

Warum sagt man sich denn nicht einfach mal: Jetzt ist Schluss! Warum organisieren nicht die deutschen Blogger eine Art Interessensvertretung? Wenn sich alle Blogger Deutschlands damit anfreunden könnten, wäre eine solche sicher mit geringsten Beiträgen finanzierbar.

Was könnte eine solche Interessensvertretung tun? Man könnte anwaltliche Unterstützung bei solchen Urheberrechtsdingen finanzieren. Man könnte rechtliche Beratung organisieren. Und man könnte auch seine eigenen Rechte durchsetzen, da diese von den deutschen Massenmedien auch oft genug schamlos verletzt werden.

Warum immer nur lamentieren und jammern? Organisieren sich nun deutsche Blogger? Oder ernte ich wieder nur ein lahmes Grinsen?

3 Replies to “Abmahnwahn gilt als Erpressung – Man sollte sich organisieren”

  1. Eigentlich nennt man mich „MC“, nicht „DJ“ Winkel. Aber ist soweit voneinander ja nicht entfernt! :)

    Was die Interessensvertretung betrifft: wir sind ja organisiert, ich denke, es geht dort gerade los. Aber Du hast recht – es wird auch höchste Zeit!

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