Bezahlschranken: Der Irrtum der Filterblase

Willst du den Journalismus profitabel erhalten, brauchst du eine Paywall. Und das ganz schnell. Wie ein Mantra wurde so etwas immer erzählt. Wie unsinnig das Alles ist, hat sich neulich bei „Wer wird Millionär“ gezeigt, als eine Studentin nichts mit dem Begriff „Paywall“ anzufangen wusste. Und nun stellt man sich die Frage, ob da nicht alle Welt einem Irrtum aufgesessen ist. Kann es sein, dass viele Internet-Nutzer mit so etwas nichts anzufangen wissen? Kann es sein, dass man das innerhalb der Filterblase – also der eigenen Parallelwelt in den sozialen Netzwerken – als geile Idee einstufte, ohne darüber nachzudenken, wie das der Leser eventuell findet?

Online-Journalismus und große Blogs zu finanzieren, ist eine wahre Herausforderung. Das mag alles bei kleinen Blogs wie meinem etwas anderes sein. Aber die großen Seiten haben ja Mitarbeiter und Infrastruktur und all das. Und das muss bezahlt werden. Bei mir ist es ja „nur“ das Hosting, diverse Klein-Anschaffungen für den Blog und vielleicht noch eine kleine Aufwandsentschädigung. Und wenn man nun darüber nachdenkt, dass Webseiten für die Anbieter bezahlbar sein müssen, kann man sich vorstellen, welche Gedankenspiele da ablaufen.

Online-Werbung mit Werbebannern funktioniert nicht mehr, weil es zu viele teils sehr aggressive Werbeblocker gibt. Und die Diskussionen dazu kennen Sie ja. Micro-Bezahlsysteme wie Flattr oder Laterpay haben sich doch im großen Stil gar nicht durchgesetzt. Bettel-Fenster, die sich über den Inhalt legen und um Bezahlung bitten, werden weggeklickt und ignoriert. Also hat man eine Paywall eingeführt. Das ist das, was die BILD dann „BILDplus“ oder so nennt.

Der Leser bezahlt für den Inhalt, den er lesen möchte. Und jeder Leser, der sein Abo oder so darüber abfackelt, wird als großer Erfolg angesehen. Und Sie sehen schon: Dass ich das erklären musste, was eine Paywall ist, zeigt doch eigentlich, dass Bezahlinhalte im Internet im deutschen Sprachraum eher unbekannt sind. Ich hatte auch mal darüber nachgedacht, meine Anleitungen hinter eine Paywall zu packen, aber ich hab das gelassen. Denn am Ende wäre ich vielleicht ausgelacht worden, weil es so etwas doch sicherlich irgendwo kostenlos gibt und der Leser das dann mit Werbeblocker kostenlos abgeschlürft hätte.

Es gibt viele Inhalte-Anbieter, die sich einen runterholen, weil die 2 oder 3 Abnehmer der Bezahlinhalte im Internet haben. Aber die große Masse weiß nichts davon, dass es Inhalte gibt, für die die Anbieter Geld haben wollen. Es ist schlicht unbekannt für die große Masse, dass die Produktion von Inhalten – gleich welcher Art – in jedem Fall Geld kostet. Und Inhalte für Webseiten kosten auch Geld. Irgendwie müssen die wieder reinkommen. Und wenn die ganzen Wege zur Finanzierung alle nicht greifen, versuchen sich die Verlage eben in Sachen Paywall. Aber das kennt der Leser eben nicht.

So lange nicht jeder verstanden hat, was das mit den Bezahlschranken soll und warum die Paywall heißen, so lange wird Günter Jauch eine Frage zu eben dieser Technik immer als schwere Frage relativ am Ende ansiedeln und so lange werden im Publikum beim Publikumsjoker eben auch nicht alle aufstehen, weil sie die Antwort wissen.  Es müsste also jemand auf die Idee kommen und den Nutzern erklären, was das mit der Paywall ist und warum es diese geben sollte. Da müssen sich aber die Journalisten erstmal selbst an die Nase fassen.

Dann sehe ich aber – ehrlich gesagt – das Problem, dass der geneigte Leser, der schon mal für Inhalte bezahlen will, dann vielleicht unüberschaubar viele Lösungen hat und an zig verschiedene Anbieter bezahlt. Wie schön waren die Abos „früher“ mit den Zeitungen, die von einem Dienst ausgeliefert wurden? Der Dienst stellte am Monatsende quasi eine Rechnung über alle gelieferten Produkte, meinetwegen die wöchentliche Klatschzeitschrift für 4 x 3,00 Euro, die Sportzeitschrift für 4 x 3,50  Euro und die Tageszeitung für 25 x 1 Euro. Und dabei kam dann der Betrag von 51 Euro raus.

Warum muss man denn für die Rhein-Zeitung extra bezahlen, für die TAZ und für BILDplus auch nochmal? Ich denke, so lang das so quer liegt, wird die Akzeptanz nicht allzu hoch sein. Aber das ist nur meine persönliche Meinung. Und dann fehlte vielleicht noch eine bessere Promotion zu solchen Angeboten. Was aber in jedem Fall fehlt, ist eine Erklärung der ganzen Übung. Es muss letztlich jedem Internet-Nutzer klar sein, was eine Paywall ist und wofür sie benötigt wird. Es darf aber niemand erklären, dass die nötig ist, weil der Leser seinen Werbeblocker nicht abschalten will.

Es gibt so viele Internet-Nutzer, die immernoch der Meinung sind, dass es alles mögliche im Internet kostenlos gibt. Ich habe selbst als Entgegnung auf meine Frage, warum ein Bekannter nicht mal bei mir seinen Werbeblocker abschaltet, die Antwort erhalten, dass es schlichtweg nicht sein Problem sei, dass ich Inhalte ins Netz stelle. Aber ehrlich: Das kann doch nicht die Lösung sein. Und er profitiert schließlich auch von den Inhalten, die er so aufruft. Und solchen Nutzern muss man eben die Notwendigkeit solcher Finanzierungsmöglichkeiten aufzeigen.

Wenn die Inhalte stimmen und die Erklärung anschaulich ist, wird man sicherlich mehr Leser für so etwas wie eine Paywall begeistern können. So lang man sich aber wie ein Wegelagerer aufführt und die Premium-Inhalte vielleicht sogar mit Werbung „garniert“ und das als „alternativlos“ dem Nutzer aufhalst, so lang wird sich nichts ändern. Und dann wird es weiterhin keine Sau groß interessieren, was eine Paywall ist. Ich kann mich täuschen, aber das ist so meine Meinung.

3 Replies to “Bezahlschranken: Der Irrtum der Filterblase”

  1. Das Problem sind ja nicht nur die Leser sondern auch die „speziellen“ Anbieter. Solange man die Infos von irgendwo herbekomme, sei es legal oder halblegal, wird eine Paywall gemieden. Warum sollte ich für einen Artikel bei BildPlus zahlen, wenn ihn mir z.B. die Bunte kostenlos anbietet.
    Und dann gibt es noch die unseriösen Seiten, die man nie abschalten wird. Da man eigentlich alles im Internet so gut wie kostenlos bekommt, hat man mit Bezahlsachen immer ein Problem. Es sei denn es ist so günstig. Oder man ist Idealist und ist bereit dafür Geld auszugeben.

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