Breitband-Ausbau in Deutschland: Hallo aus der 3. Welt

Glasfaser-Ausbau bis ins Haus, damit wirklich jeder schnelles Internet hat: Diese kühne Vorstellung ist in Deutschland indiskutabel. Hier ist die 3. Welt. Es wird immer davon geredet, dass es sich um die „Versorgung mit Internet“ handeln würde. Ja, warum handelt man dann nicht so? Das hohe Ziel, ein Digital-Ministerium zu schaffen, ist als Bettvorleger in Form eines Staatssekretärs gelandet. Und nicht mal der ist sicher. Internet, Internet: alles Humbug. Die Zukunft findet offenbar außerhalb von Deutschland statt. Und das wird irgendwann wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen haben.

Internet als Versorgungsgut

Ich denke, bei der bundesdeutschen Politik ist es noch nicht angekommen, dass man das Internet als Versorgungsgut betrachten muss. In vielen Ländern herrscht bereits das Verständnis, dass man das Internet so betrachten muss wie die Versorgung mit Strom, Wasser und ggf. Fernwärme. Die Sache ist ja die, dass man in Deutschland von einem kommerziellen Produkt ausgeht. Und deshalb scheitert der Glasfaserausbau daran, dass kaum jemand die bis zu 100 Milliarden Euro ausgeben will, nur um auch das letzte Bergdorf mit schnellem Internet zu versorgen.

Problematisch ist ja auch, dass es kein Konzept gibt, wie man denn am besten Geld zukunftsweisend investieren will. Wie will man denn sinnvoll die Versorgung errichten und aufrecht erhalten? Und freilich: Die Anbieter und Netzbetreiber – allen voran die Deutsche Telekom und Vodafone – müssen und sollen damit auch Geld verdienen können. Aber muss man am Ende nicht die Frage stellen, ob die Netzbetreiber nicht etwa zum Ausbau gezwungen werden können? Denn wenn sie behandelt werden sollen wie die Stromanbieter, dann sind sie Versorger können sie sich eben verschiedenen Regeln nicht entziehen.

Die Bundesdatenautobahn

Ich habe immer wieder recht flapsig über Alexander Dobrindt als „Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur“ erzählt. Es passte ja auch super. Er als ziemlich konservativer Politiker, der für Internet und Straßen zuständig ist, der musste nun mal irgendwas mit der Bundesdatenautobahn zu tun haben. Die Datenautobahn hat man im Deutschen abgeleitet vom „Information Highway“, der ein Leitbild der Clinton-Regierung für eine umfassende Infrastruktur für Informationen bezeichnete. 1993 taucht der Begriff zum ersten Mal auf, hat seinen Höhepunkt im Jahr 1995 und ist seit 2001 kaum noch nachweisbar.

Wenn wir aber das Internet als Straßennetz sehen, dann erwächst daraus eben auch der Anspruch, dass die entsprechenden Leitungen einfach mal da sind. Wie soll man denn sonst Oma Hilde besuchen (Video-Telefonie)? Oder wie sollen Güter transportiert werden (Streaming und Download)? Wie soll man denn zur Arbeit kommen (VPN, Remote-Einwahl)? Es gibt unzählige Dinge, die man im Internet ähnlich tun kann wie auf der Straße. Und es gibt nun einmal den Anspruch, dass beides – Straßen und Internet – in einwandfreiem Zustand vorzufinden sind. Ob das mit Dobrindt möglich ist? Ich habe so meine Zweifel.

So wird aber alles, was den Verkehr betrifft, weiter vor sich verkümmern. Ob es nun die Straßen oder die Autos sind oder der Datenverkehr, ist dabei egal. Dobrindt steht auf fette Diesel-Pkw auf Kopfsteinpflaster, deshalb wird ein echter Breitband-Ausbau auch nicht stattfinden. Es sei denn, man schustert sich einen anderen Minister zurecht. Es müsste ein echter Digital-Minister sein, der mit einem fetten Budget ausgestattet ist. Denn der Komplex Digitalisierung, Internet, Datenschutz wird der Schlüsselkomplex in den nächsten Jahren. Und das scheint man in der Politik komplett zu verpennen. Oder überrascht man doch noch?

4 Replies to “Breitband-Ausbau in Deutschland: Hallo aus der 3. Welt”

  1. Noch mal ein Problem.
    In Städten, wo es Infrastruktur, wie önpv, Geschäfte usw gibt, dort bist es auch gutes Internet. Bei Oma Hilde aufn Dorf gibt es nix. Kein Konsum, kein Bus, vielleicht noch altes Kabeltelefon, aber kein Internet. Da ist nix mit digital einkaufen, oder der Besuch des 4.0 Telelandarztes…. und die Enkel müssen schon persönlich hinkommen. Es läuft also doppelt falsch. So wird Landflucht nicht aufgehalten.

    1. Hallo Klaus,

      da hast du absolut Recht. Wenn man mit nichts auf dem Land versorgt wird, zieht man eben in die Stadt. Irgendwie ist das doch noch wie 1998, als man das Internet als Hirngespinst verlacht hat und bis zur Rente bei ein und derselben Bank oder / und Krankenkasse geblieben ist. Und das meine ich. Da fehlt irgendwie die Lust auf Zukunft.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert