Digitale Selbstverteidigung: Hört ihr euch denn zu?

Also ehrlich: Hören sich manche eigentlich selbst zu? Lesen die, was die da schreiben? Digitale Selbstverteidigung: So ein Schmarrn! Das meine ich wirklich so. Jetzt erst wieder irgendwo gelesen, spielt dieses Schlagwort irgendwie immer eine große Rolle. Ich weiß, es klingt albern und leichtsinnig – oh oh! Aber ist es wirklich das, was ihr wollt? Muss es denn wirklich so martialisch sein? Oder geht es am Ende auch eine Nummer kleiner? Ich frage nur. Denn es klingt für mich tatsächlich so, dass ihr Krieg spielen wollt.

Was meinen die eigentlich mit Digitale Selbstverteidigung?

Warte mal, digitale Selbstverteidigung kannst du gar nicht generell definieren? Was soll das dann also? Da erzählen Menschen vom „digitalen Raubrittertum“ und kommen mit irgendwelchen Floskeln um die Ecke, mit denen sie andere in Angst und Schrecken versetzen. Und dann erzählen sie, dass es unklar ist, welche Themen das Alles umfasst? Und sie erzählen, dass es ebenso unklar sei, wie effektiv die Maßnahmen zum Datenschutz eigentlich sind. Echt jetzt?

Und natürlich: Sie schimpfen auf die sozialen Netzwerke und – na, so eine Überraschung – auf Microsoft. Ach ja, Cloud an sich ist böse. Aber eben nicht eine bestimmte, denn die ist ja gut. Aber nur, wenn ich den Finger im Hintern habe und „Dreimal schwarzer Kater“ rufe oder so. Ach ja, diese selbst ernannten IT-Sicherheitsexperten referenzieren gern auf sich selbst. Denn jeder Link woanders hin ist potentiell böse und würde die digitale Selbstverteidigung konterkarieren.

Am besten ist es doch, sie würden das Internet abschalten. Es ist ja richtig, dass wir alle den Anspruch haben sollten, so wenig Daten wie nur irgend möglich im Internet kursieren zu lassen. Und ich will keineswegs sagen, dass wir sorglos mit dem Internet umgehen sollten. Das haben die, die ich auch als digitale Raubritter bezeichne, kaputt gemacht. Dessen muss man sich bewusst sein. Aber grundsätzlich alles zu verteufeln, kann doch nicht die Lösung sein.

Muss die digitale Selbstverteidigung tatsächlich bedeuten, eigene Server zu betreiben, den Browser zu vernageln, den Router zu vernageln und so weiter und so fort? Und wie ist das mit freier Software? Wie frei ist die wirklich? Und wer sagt, dass die nicht auch manipuliert? Aber dann nutzen diese Leute irgendeine Plattform, um dort zu informieren? Ja, was denn nun? Schreibt doch lieber Schiefertafeln voll. Dann wärt ihr sicher. Ganz ehrlich, das ist mir alles zu schräg.

Was treibt mich denn zu diesem Machwerk?

Wer irgendetwas sendet, empfängt möglicherweise auch Reaktionen. So war das auch bei mir. Es ist eine größere Debatte auf einer der Plattformen entbrannt, als ich über Microsoft 365 an Schulen in NRW erzählt hatte. Man macht sich kein Bild. Manchmal frage ich mich bei solchen Sachen: Haben die denn eigentlich den Artikel gelesen? Ach ja, und darüber hinaus ist den gleichen Menschen dann der Messenger Signal – na, wer errät es? – zu unsicher. Weil der in einer Cloud liegt.

Alter Falter! Ja, klar liegt der in einer Cloud. Das ist ein Messenger. Da sind keine Rechenzentren dahinter. Euer früherer Held Edward Snowden hat doch Signal immer so gelobt. In der Wikipedia steht dann aber, dass der Messenger die Infrastruktur von Amazon Web Services, Google, Cloudflare und Microsoft nutzt. Das geht ja alles gar nicht. Deshalb ist Signal bestimmt böse und gewinnorientiert. Freunde, der Kram kostet euch nichts, wie viel Gewinn werden die wohl machen?

Aber durch die Cloud ist Signal halt nicht mit dem vereinbar, was sie für digitale Selbstverteidigung halten. Und so geht das reihum. Es geht so weit, dass man direkt beschimpft wird, weil man gern digitale Dienste nutzt, weil man sich unter eigenen Sicherheitsaspekten mit Cloud und allem arrangiert hat. Mir werden Vorwürfe gemacht, weil Menschen, mit denen ich über Signal kommuniziere, die Nachrichten nicht bekommen. Erklärt es mir bitte, ich bin da raus.

Was wir alltäglich nutzen, muss doch in irgendeiner Weise praktikabel sein, sonst nutzt es doch niemand. In Unternehmen haben sich Cloud-Dienste durchgesetzt. Im privaten Sektor haben sich auch diverse Dinge durchgesetzt. Das nun zu verteufeln und das dann als digitale Selbstverteidigung zu deklarieren, ist wirklich schwach. Erklärt doch mal einem Unternehmen, warum z.B. Office 365 Mist, aber Nextcloud super ist.

Nein, stop, ich ahne schon, worauf das hinausläuft. Ihr hängt euch wieder tagelang an diesen Begriffen auf. Das meine ich mit diesen endlosen Debatten. Mir geht es um das Generelle. Vielleicht sollten alle mal anerkennen, dass es Anbieter gibt, die durchaus nachgebessert haben, was den Datenschutz und den Datenhunger betrifft. Und es gibt Anbieter, denen gelingt es weniger gut. All diese Anbieter in einen Topf zu werfen, hilft niemandem.

Wie kommen wir denn aus der Debatte raus?

Ich finde, der Begriff „Digitale Selbstverteidigung“ bringt nichts. Das ist für mich verbales Wettrüsten. Das ist vergleichbar damit, wenn ich jeden, den ich nicht mag, per se als Verbrecher oder Idioten bezeichnen würde. Ich kann doch nicht immer krassere Begriffe verwenden, nur weil es nach wie vor Menschen gibt, die die Strategie „Ich habe nichts zu verbergen“ verfolgen. Klärt auf. aber bezeichnet nicht immer jeden anderen als Idioten und denkt nicht immer, ihr wärt im Krieg.

Oder denkt ihr wirklich, dass man euch so besser zuhört? Ich wäre mir nicht so sicher. Ich meine, es muss Gründe geben, wieso sich viele unserer Kunden für die Cloud Services von Microsoft entschieden haben. Sie hätten sicherlich auch freie Mail Server, MySQL Datenbanken, riesige Speichertröge et cetera peh peh verwenden können. Die weltweiten Kollegen greifen dann enorm zeitverzögert über VPN auf diese Rechenzentren zu. Das würde denen sicherlich gut gefallen.

Ach, ihr meint, es ginge nur um Office, weil man immer von Office 365 redet? Nein, es geht nicht nur um Word, Excel, Outlook. Es geht um prozessgesteuerte Produktion mit PowerPlatform, es geht um maschinelles Lernen, weltweite Datensicherheit und -optimierung, um Comos DB, um organisationsweite Datenverbindung, Sentinel und so weiter und so fort. Nein, Office 365 trifft es da nicht ganz. Und das lässt sich im eigenen Rechenzentrum vermutlich gar nicht mehr realisieren.

Ja, ich erzähle hier von Microsoft, weil ich mich damit halt auskenne. Wenn ich mich mit der Google Cloud oder Amazon Web Services oder so auskennen würde, würde ich davon erzählen. Digitale Selbstverteidigung bietet Microsoft selbst an. Sie haben nicht mal irgendwas davon. Und nein, ich laufe keine Werbung für den Laden. Ich kritisiere den Konzern oft genug. Aber so etwas wie digitale Selbstverteidigung und Ich-bin-gegen-Microsoft ist Unfug. Dann nutzt es halt nicht. Wer zwingt euch?

Wir können da nicht so falsch liegen

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Digitale Selbstverteidigung: Support hat auch damit zu tun – Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Ich mache meinen Job seit 12 Jahren und ein bisschen. Ich kennen noch so Aussagen, als ich Daten angefordert hatte, wie: „Hier wird nichts hoch- oder runtergeladen, denken Sie mal an den Datenschutz“. In unserer Art Support sind eben auch die Zeiten vorbei: „Ich habe eine rote Lampe, mach die mal grün“. Es geht eben auch um Verbesserung, um Optimierung und um die Absicherung des Geschäftsbetriebs.

So machen wir das mit Behörden, Unternehmen aller möglicher Branchen und eben auch Bildungseinrichtungen. Nein, ich werde euch nichts verraten, wen wir da als Kunden haben. Mancher Kunde will das vielleicht nicht. Fakt ist eben am Ende, dass uns von allen immer wieder gespiegelt wird, dass das Thema „Digitale Selbstverteidigung“ gemeinsam mit Microsoft, mit uns und Drittanbietern geregelt wird. Deshalb habe ich das Alles ja mit „Wir können da nicht so falsch liegen“ überschrieben.

Die meisten Kunden können mit dieser militanten Dagegen-Haltung mancher Zeitgenossen einfach nichts anfangen. Sie setzen halt nicht nur auf einen Hersteller, lassen aber den Support komplett über uns laufen. Deshalb haben wir ja auch so einen guten Einblick, dass das Geningel vieler selbst ernannter Experten eben nicht viel mit der geschäftlichen Realität zu tun hat. Vielleicht sollten wir deshalb allesamt mal etwas abrüsten. Es sind nicht alles nur Feinde, manche meinen es auch gut und machen daraus ein Geschäft.

Jaja, Microsoft, Google Amazon meinen es bestimmt nicht gut ohne Gewinnabsichten. Aber jeder, der will, kann seine Cloud-Infrastruktur absichern. Niemand wird daran gehindert, auch den Anbieter auszusperren. Das merken wir, wenn der Hersteller eingeschaltet wird. Ich wäre mir also nicht so sicher, ob eure digitale Selbstverteidigung da wirklich greift. Oder ob ihr nicht etwas völlig anderes meint. Dann erklärt es mir.

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