Microsoft hat es geschafft: Sie haben mich komplett überrascht. Denn entgegen der jahrelangen Beteuerung kommt nächstes Jahr dann doch der Exchange Server 2022. Ich glaube, damit hat der Software-Riese ohnehin viele überrascht. Denn schließlich wurde der Konzern aus Redmond nicht müde zu betonen, dass doch eh alles besser über Office 365 funktioniert. Und nun gibt es tatsächlich bald neue „Office Server“, also neben Exchange auch einen neuen SharePoint Server. All das wurde auf der Konferenz Ignite verkündet.
3 Jahre vorbei, nun der Exchange Server 2022
Wenn man sich das Ganze bei Microsoft so anschaut, erkennt man ein Muster: Beginnend mit dem Exchange Server 2007, wurde alle drei Jahre eine neue Version der Groupware veröffentlicht. Und nachdem die derzeit aktuelle Version 2019 ist, heißt natürlich die kommende Version Exchange Server 2022. Die soll im Herbst nächsten Jahres auf den Markt kommen. Darüber hinaus kommen neue SharePoint Server, Skype for Business Server und Project Server.
Wurden von 2007 nach 2010 mehr Serverrollen hinzugefügt, wurde das über 2013 und 2016 wieder reduziert. Und eigentlich gibt es neben dem Edge Server nur noch den Mailbox Server bei Exchange Server 2019. Zurück zur Einfachheit, mag man das wohl nennen. Und dieser Weg wird fortgesetzt. Denn bisher bekam man von Microsoft immer auf die Finger, wenn man das machen wollte, jetzt ist ein In-Place-Upgrade auf Exchange Server 2022 ausdrücklich gewollt und unterstützt.
Wer auch zukünftig auf eigene Rechenzentren setzt und eben nicht zu Microsoft 365 wechselt, sollte möglichst zeitnah mit der Planung der Migration zu Exchange Server 2022 anfangen. Greg Taylor, der Leiter des Produkt-Marketings für Exchange Server und Exchange Online, hat den neuen Server unter dem Werbespruch „Exchange – Here, There and Everywhere“ in diesem Video vorgestellt:
Welche Funktionen werden denn neu sein?
In Exchange Server 2022 wird standardmäßig der Exchange Server Mailbox Role Calculator enthalten sein. Eigentlich sollte der ja nicht mehr verfügbar sein. Nun gibt es ihn wieder in einer neuen Version zum Download. Gerade, wenn man zeitnah für eine Migration planen möchte, ist das sicherlich eine sinnvolle Geschichte. Updates wird es künftig auch geben, die unabhängig von den CUs für Exchange veröffentlicht werden.
Eine große Erweiterung erfährt der Hybrid Configuration Wizard, der in Hybrid-Szenarien Einsatz findet. Der kann künftig mit mehrfachen On-Premises-to-Cloud-Konfigurationen umgehen. Hier bin ich gespannt, wie das am Ende funktioniert. Denn wenn ich so manchen Kunden von uns so höre, dann läuft der HCW nicht immer störungsfrei. Aber wer weiß, vielleicht wurde das Tool ja tatsächlich komplett umgebaut, sodass es dann so richtig funktioniert.
Seit Juli als Preview zu finden ist ein neues Exchange Admin Center. Das nähert sich vom Aufbau und Aussehen dem Microsoft 365 Admin Center an. Personalisierte Dashboards sind verfügbar, es können mehrere Tenants verwaltet werden, und eine bessere mobile Ansicht ist möglich. Des Weiteren wird eine zertifikatsbasierte Authentifizierung für die Exchange Online PowerShell v2 eingeführt. Ebenso der Support für Linux und PowerShell. Und mit dem neuen EAC wird es möglich sein, Cross-Tenant-Migrationen durchzuführen.
Das große Kino
Microsoft 365 und die so genannten Office Server – zu denen dann ja auch der Exchange Server 2022 gehört – rücken näher zusammen. Es ist ja auch nachvollziehbar. Wieso soll Microsoft bei On-Premises-Produkten andere Administrationskonsolen produzieren, als für die Pendants in der Cloud? Und so ist es zu dem großen Kino gekommen, dass eben doch ein Schritt zusätzlich eingelegt wird. Man bekommt eben nicht alle Kunden mit so einem Theater in die Cloud.
Ach, und weil eben auch nicht für jede Kundenumgebung Office 365 tauglich ist, wird es auch ein neues Office 2022 geben. Mir scheint, als sei Microsoft auf viele Kundenwünsche eingegangen. Um allerdings die Produkte wie den Exchange Server 2022 gut nutzen zu können, wird es nicht mehr so sein, dass man eine Lizenz kaufen muss. Vielmehr wird ein Abo-Modell eingeführt. Das kann man jetzt gut finden oder nicht. Es wird auf jeden Fall so kommen.
Vielleicht steckt auch etwas anderes dahinter?
Ich schrieb ja zu Facebook, dass denen das Ende des Privacy Shields zu schaffen macht. Was ist denn falsch an der Überlegung, dass die neuen Server nur kommen, weil eben niemand weiß, wie der Datenaustausch zwischen Europa und den USA künftig geregelt ist? Theoretisch kann ich mir das zumindest vorstellen. Außerdem ist es ja so, dass es für jede Menge Unternehmen einfach mal nicht möglich ist (technisch oder rechtlich oder so), in irgendeine Cloud zu migrieren.
Klar, die eigentliche Skepsis an Microsoft 365 halte ich für unangebracht. Aber es ist nun einmal so, dass Organisationen – gleich welcher Art – vielleicht gar nicht dazu in der Lage sind, Cloud-Dienste zu nutzen. Was ist mit Forschung oder Militär oder das, was wir Öffentlicher Dienst nennen? Die brauchen deshalb trotzdem eine funktionierende Office-Umgebung. Und ich denke, das ist der Grund. Also neben dem Ende vom Privacy Shield.
Jedenfalls freue ich mich, dass wir weiterhin Service und Support für die größte Server-Anwendung unter unserer Sonne liefern können. Es wird sicherlich spannend, wie es dann weitergeht. Vielleicht wurde das Ende von Exchange nur verschoben. Also wie von 2016 auf 2019 nun eben auf 2022 und dann vielleicht auf 2025 oder so. Mal schauen, wie er wird, der neue Exchange Server 2022.