Friedhof der Plattformen: Social Media ist tot

Jaja, totgeglaubte leben länger. Aber ich glaube, wir haben es wirklich mit einem Friedhof der Plattformen zu tun, wenn wir so rüber nach Social Media gucken. Es gibt einige Menschen, die da ernsthaft davon ausgehen, dass sich dieser ganze Kram bald erledigt haben dürfte. Was die einen freut, ist für die anderen ein Trauerspiel. Wie das eben immer so ist in allen Lebenslagen. Wenn aber „The Verve“ damit um die Kurve kommt, dass soziale Netzwerke dem Untergang geweiht sind, hat das schon eine gewisse Aussagekraft.

Was meine ich mit Friedhof der Plattformen?

Die Soziologie bezeichnet ein wechselseitiges Geflecht aus Menschen, die miteinander interagieren, als soziales Netzwerk. Also das, was wir alle als Freundeskreis kennt. Man trifft sich auf ein Bier, verbringt Zeit miteinander, tauscht sich aus, dies, das, jenes. Ich muss wohl niemandem erzählen, was ein Freundeskreis ist. Der Mensch als soziales Wesen braucht dieses Netzwerk. Bei manchen ist dieses Netzwerk größer, bei anderen kleiner. Aber dieses Ich-kenne-jemanden-der-jemanden-kennt ist essentiell.

Ich glaube aber, dass die angeblich sozialen Netzwerke im Internet schon grundsätzlich zum Scheitern verurteilt waren, weil sie diese soziale Komponente der Menschheit gar nicht besitzen können. Mark Zuckerberg hatte Facebook gegründet, um wildfremde Frauenfotos ungefragt bewerten zu lassen. Jack Dorsey gründete Twitter als Teil eines Forschungsprojekts. Instagram war ursprünglich eine Check-In-Software. LinkedIn war ein Austausch zwischen PayPal und Socialnet.com.

Also jetzt nicht so sehr der Stammtisch der Skatkumpel Oer-Erkenschwick. Deshalb müssen die Plattformen über kurz oder lang alle verschwinden. Es gibt gar keine Alternative. Und so werden sie alle den Weg von Google+, von MySpace, von den VZ-Netzwerken et cetera gehen. Ja, klingt komisch. Aber es deutet sich so etwas wie ein Wechsel im Denken der Internetnutzer an. Und genau das meine ich mit dem Friedhof der Plattformen. Es tut mir ja schrecklich leid.

Warum ist das aber so?

Ich will ja niemandem etwas böses. Aber das ist nicht mein erster Abgesang. Ich meine, es stecken ja überall hinter den sozialen Netzwerken finanzielle Interessen. Es soll auch – nur nebenbei bemerkt – solche Auswüchse am digitalen Lagerfeuer Mastodon gegeben haben. Der Mensch ist halt nicht frei davon. Und die Kosten für den Betrieb einer solchen Plattform müssen ja auch reingeholt werden. Aber ich glaube eben, dass der finanzielle Aspekt ein zentrales Problem darstellt.

Und es hört ja nicht damit auf. Wie ist das mit Lug und Trug, mit all den Falschmeldungen, dem ganzen Betrug, mit der Privatsphäre? Ein Unternehmen wie Meta, zu dem Facebook, Instagram, WhatsApp und weitere Dienste gehören, macht knapp 120 Milliarden Dollar Umsatz. Und dabei bekommen sie es nicht hin, dass sie sicherstellen, dass sich jeder benimmt. Im Gegenteil: Sie sorgen auch noch dafür, dass sich Nutzergruppen in die Wolle kriegen, nur damit sie länger auf der Plattform bleiben.

Nein, dieser ganze Friedhof der Plattformen ist praktisch schon fertig. Die Betreiber all der Plattformen machen noch so lang weiter, wie ihnen nicht genügend Gegner auf den Pelz rücken. Und die Nutzerschaft lässt sich das Alles gefallen. Es gibt sogar immer wieder aktualisierte Vorteil-Nachteil-Listen. Die gäbe es nicht, wenn sich jeder benehmen würde und die Plattformen nicht nach noch mehr Milliarden an Umsatz streben würden. Aber das ist eben nur meine Meinung.

Ich bin ein Geist

Wie ihr wisst, habe ich mich eine ganze Zeit lang stumm auf den Plattformen gemacht. Wenn ich heute mal auf den Plattformen, wo ich einen Account habe, meine Runde mache, bin ich wie so ein Gespenst. Man bekommt mich kaum noch mit. Das schlägt sich auch in den Zugriffszahlen von den Plattformen auf meine Blogartikel nieder. Da man ja auf einem „Gottesacker“ keinen Lärm machen soll, halte ich das auf dem Friedhof der Plattformen genau so.

Na klar, ich könnte Social Media Marketing machen und laut herum plärren, was ich neues zusammen gebloggt habe. Aber dann würde ich doch nur meinen Beitrag dazu leisten, dass das Siechtum verlängert wird. Nein, für mich steht fest, dass Social Media irgendwann nicht mehr da sein wird. Das ist für mich kein Beinbruch, da es ja meinen Blog gibt. Aber vielleicht stelle ich dann von Zeit zu Zeit frische Blumen auf den Friedhof der Plattformen.

2 Replies to “Friedhof der Plattformen: Social Media ist tot”

  1. Danke für die interessanten Ansichten …ein Ende von Social Media würde ich noch nicht heraufbeschwören…( zumal ich da auch geschäftlich unterwegs bin 😊) aber ich sehe das Social Media mittlerweile als sehr zweischneidig an ein Teil der Bevölkerung ist ja quasi fast nur in dieser virtuellen Welt unterwegs ein anderer Teil nimmt diese Welt mit in den täglichen Umgang im echten Leben ich zumindest merke das der „Ton Rauher wird “ im Nachhinein betrachtet würde ich sagen wäre die Welt ohne Social Media besser dran …..

  2. Hi Henning,
    in letzter Zeit habe ich hier weniger kommentiert (wie generell auch auf anderen Blogs). Das lag daran, dass ich beruflich ziemlich stark eingespannt bin und in einem Projekt hänge, welches unbedingt fertig werden soll und dazu auch noch etliche Wochen Karnkheits – und Urlaubsvertretung um die Ohren hatte.
    Ich fand grade mal die Zeit meine eigenen Beiträge so zwischendurch zu schreiben. Jetzt ist mal langes Wochenende – da nehm ich mir mal etwas Zeit um auch mal auf andere Blogs zu hüpfen..
    Das was Du ansprichst ist eine gewisse Reaktion die ich auch bei mir selbst feststelle. Ich sehe die sozialen Netzwerke einfach nicht mehr als sozial an – die Menschen darin noch weniger. Zuviele Schreihälse, Besserwisser, Oberlehrer, die mir sagen wollen, wie ich gefälligst mein Leben gestalten soll, damit es ihnen passt. Das brauch ich so dringend wie einen Nagel im Kopf.
    Dazu kannst Du eigentlich nur alles falsch machen – selbst wenn Du es gut meinst. Bestes Beispiel war letztens in der ARD Mediathek: Da beschwerte sich ein Mädchen darüber, welches vor Jahren vergewaltigt worden war, dass Sie es total übergriffig finden würde, wenn Sie das anderen Menschen erzählt, und die sagen, dass Ihnen das leid täte, was man ihr angetan hat. Jetzt frage ich mal ganz doof, was denn die richtige Antwort sein könnte – richtige Antwort bitte ankreuzen:
    [ ] stell dich mal nicht so an – dir hat’s doch sicher gefallen
    [ ] das tut mir leid, was Dir passiert ist
    [ ] lass mich mit deinem Scheiss in Ruhe und verpiss dich!
    Genau! Antwort C ist die einzige richtige Antwort – genau wie „42“ die Antwort auf alle Fragen im Universum ist.
    Das ist natürlich ein Extremfall – aber es zeigt in die Richtung. Ich (und diesen Effekt höre ich auch von anderen Menschen, die jahrelang ihr Leben in sozialen Netzwerken verbracht haben) bin einfach emphatisch platt und ausgebrannt. Ich will mich nicht mehr mit den Problemen anderer – mir völlig fremder Menschen – belasten. Egal was Du sagst: Du könntest die Lösung aller Probleme dieser Welt kennen und den Fortbestand der Erde mit einem einzigen Mausklick lösen – es würde immer einen Menschen geben, der das kacke findet! Und weil solche Diskussionen öffentlich sind, werden Sie meistens toxisch. Denn kaum gibst Du einen Rat, kommt der nächste Kommentar von irgendeinem Troll um dir vorzuwerfen, was das für ein Blödsinn ist. Lässt Du dich auf die Diskussion ein hast Du schon verloren, weil Du mit einem Schwachkopf diskutierst, der sich einen darauf abwedelt, dass er andere Menschen nevt.
    Bei den sozialen Netzwerken bin ich nur noch auf Mastodon, weil ich da Einfluss auf den Conten habe, den ich angezeigt bekomme. Alles andere ist bei mir auf der Black-List. Auch der Konsum von Medien ist bei mir stark rückläufig weil ich einen Buffer Overflow bei diesem ganzen Null-Content-Inhalten bekomme. Kaum lese ich in einem Beitrag dass das Gras Grün ist, steht schon 4 Beiträge darunter, dass es Rot ist (natürlich hinter einer Paywall) – dazwischen will mir eine Werbeeinblendung erzählen, dass Prostata-Forte für mich das richtige Medikament ist um wieder zu einer stundenlangen Erektion zu kommen und ein Treppenlift gar nicht so teuer ist, wie man denkt..
    Dieser Kommentar ist natürlich sehr zynisch geschrieben – aber er zeigt, dass man langsam dünnhäutiger wird und einen gewissen Selbstschutz braucht. Den schafft man am besten indem man Orte vermeidet an dem sich Trottel treffen. Und da ist das Internet und besonders die sozialen Medien ein echtes Füllhorn..
    Bleib gesund..
    man liest sich
    P.

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