Gefangen in Social Media

Wenn man so die Diskussionen über die Tech-Giganten aus den USA verfolgt, denkt man sich: Wir werden alle sterben und bleiben gefangen. Ob es die Tech-Riesen Facebook, X, Google, Amazon, Microsoft oder sonstwer ist: Für unfassbar viele Menschen gibt es anscheinend kein Entrinnen. Die tun alle so, als ob sie den Tech Bros mit angeschlosenen Sklaventreiber-Buden hilflos ausgeliefert sind. Aber das ist ja gar nicht der Fall. Auch für dich da hinten mit deinem Spotify-Shirt: Man hat immer eine Wahl.

Das Spiel mit der KI

Ich habe in den letzten Tagen Auswüchse mitbekommen, wie dieser ganze Quatsch mit KI-Abfragen funktioniert. Ihr wisst schon: Das mit der KI-Übersicht, von der ich mal erzählt hatte. Ich weigere mich ja, diese Tools zu benutzen. Aber da wurden Screenshots herumgezeigt, welche hochintelligenten Antworten Google Gemini als Antwort auf Suchanfragen geliefert hatte. Eigentlich sollte klar sein: Lass eine Maschine niemals so antworten. Aber ist das wirklich der Fall?

Ich habe auch andere KI-Modelle gesehen, die sehr seltsam waren. Ich brauchte für das eine oder andere Stück Musik sowas wie ein Cover. Also habe ich KI-Modelle gefragt, ob sie mir was malen können. Ihr macht euch keine Vorstellungen, was da so geliefert wird. Es ist also kein Problem von Gemini selbst. Auch Copilot, ChatGPT und wie sie alle heißen: Alle sind eher so mittelhilfreich, was Suchanfragen betrifft.

Und dann kommt das Thema der Suchanfragen an sich daher. Ich merke ja immer mehr, was mir Google immer vorenthält. Ich nutze für meine Internetrecherche eben kein Google, aber eben auch kein Bing oder so. Ich mache da eine Mischung aus Startpage und Qwant. Wenn ich dann doch mal Google nutze, so zum Vergleich, erschrecke ich immer wegen der Werbung, der KI-Übersicht und all dem himmelschreienden Unsinn, der da teilweise erzählt wird.

Witzig sind dann immer die Screenshots zu Gemini. Irgendeine Suchanfrage wird damit beantwortet, man soll bekannte Suchanbieter wie Google benutzen. Das ist doch mehr oder weniger die Algorithmus-gewordene Stinkefinger-Variante von Let Me Google That For You.

Warum seid ihr denn noch bei den Tech-Riesen?

Ich denke ja, ich spinne. Deutsche Medien sind nach Microsoft 365 migriert. Und sie nutzen X, Instagram und Facebook und reden auch ausschließlich nur darüber. Als ob es keine Alternativen gäbe. Ach, und ich bekam zu Ohren, dass in Deutschland die Tech-Bros zwar Umsätze und Gewinnen machen dürfen, aber keine Steuern zahlen müssen. Ja, nun, da kannsu halt nüschtz tun. Doch, kannst du! Du kannst deinen Laden aus den Fängen der Riesen befreien.

Nein, alles geht nicht anderweitig, was die Tech-Giganten so machen. Ich bin es leid, darauf herum zu hacken, aber du hast einfach keine wirkliche Alternative zu dem gesamten M365-Gedöns. Aber fangt doch mal anders an: Oben die Google-Suche, die muss nicht sein. Es gibt genügend Alternativen. Das, was die Tech-Bros gern als Social Media bezeichnen, muss auch nicht sein. Ich komme wunderbar im Fediverse klar. Und dort tummeln sich immer mehr. Vielleicht auch Leute, die du kennst?

Wisst ihr, was das geniale daran ist? Einerseits diktiert dir niemand, was dir zu gefallen hat. Andererseits kannst du den Leuten und Seiten folgen, wie du willst. Es gibt ja nicht umsonst RSS immernoch. Und mal ehrlich: Stirbst du direkt, wenn du nicht mehr verfolgst, wie oft irgendeine Influencer-Tante ihre Titten in die Kamera hält oder sich ihre viel zu enge Leggings in ihren Cameltoe zieht? Aufwachen: Das machen die nur, um euch dort gefangen zu nehmen.

Die Frage oben ist also wirklich ernst gemeint: Warum seid ihr noch bei den Tech-Riesen? Und kommt mir nicht mit „mit Freunden austauschen“ oder sowas. Das findet dort schon lange nicht mehr statt. Dafür waren die Plattformen auch nie gedacht. Die sind dazu da, dass ihr viel dort macht, dass ihr da bleibt und euch die Werbung anguckt. Und das mache ich halt nicht mehr mit. Und ihr findet mich wunderlich. OK, damit kann ich leben.

Nicht mehr gefangen sein

Ja doch, seht es wirklich als so etwas an: Ihr seid verdammt nochmal gefangen. Mal abgesehen von Windows, das ich beruflich nutzen muss und dass ich auch nochmal privat habe wegen meiner Musik, aber sonst habe ich mich immer weiter frei gemacht. Meinen Google-Account nutze ich wegen meines Smartphones, meinen Microsoft-Account wegen Windows. Und sonst? Nicht viel, weil es auch echt keinen Spaß mehr macht. Aber wie gehst du denn nun vor, wenn du einmal gefangen bist?

Mach es doch wie ich: Fang einfach an. Nach Monaten der vollständig fehlenden Reaktionen bei den Plattformen habe ich mich halt selbst gecancelt. Die Accounts sind alle noch da, aber ich mache dort nix. Wenn ich etwas außerhalb meines Blogs von mir gebe, dann meistens im Fediverse, manchmal auch auf Bluesky. Aber ich habe einfach angefangen. Irgendwann werde ich den ganzen Facebook-, X-, LinkedIn-Scheiß abschalten. Aber ab und an gucke ich momentan nach meinen alten Kontakten.

Und ganz ehrlich: Mir kommt dort niemand meiner alten Kontakte unter die Augen. Die sind alle noch da. Aber ich bekomme sie einfach nicht zu sehen. Damit sind die Plattformen eh unbrauchbar für mich geworden. Und ich brauche schon echte Suchergebnisse, keine KI-Hirngespinste, die sich als Suchergebnisse verkleiden. Ich nehme es daher in Kauf, dass manches etwas umständlicher ist. Man gewöhnt sich aber dran, und dann macht es auch wieder Laune.

Das Einzige, was mich davon abhält, privat auf ein Linux umzusteigen, ist meine Musiksoftware. Kommt mir nicht mit irgendwelchen Vorschlägen. Ich habe genügend DAWs getestet. Ich komme mit Ableton am besten klar, und das läuft halt nur auf Windows oder Mac. Ansonsten bin ich schon ziemlich weit. Gut, meine Nextcloud rumpelt noch so vor sich hin. Dafür fehlt mir aber die Zeit. Aber es geht alles.

Warum schreibe ich das?

Mir ist noch in den Ohren, dass man meinem Blog ja nicht folgen könnte, wenn ich nicht mehr auf Facebook posten würde. Ich habe hier im Blog unzählige Mal dargelegt, warum das nicht stimmt. Es gibt so einen Haufen Leute, die sich den Tech-Giganten ausgeliefert haben. Und die wurden gefangen genommen. Mittlerweile ist das Gehirn so umgepolt, dass die sich in ihrer Gefangenschaft sogar wohlfühlen. So, wie eine gezähmte Hyäne oder so.

Ich wollte einfach klarmachen, dass ich mich durchaus befreit fühle, seitdem ich das so handhabe, wie ich es handhabe. Jaja, die Auskenner wissen es natürlich besser, dass das nämlich alles noch nicht ausreicht und so. Aber ist das wirklich so? Ich werde mich bestimmt nicht einschränken, nur um es den Tech-Bros mal so richtig zu zeigen. Das interessiert die nämlich mal überhaupt gar nicht. Nein, es geht darum, dass ich mich bei dem wohlfühle, was ich mache.

Ach, und weil ich am Anfang dich da hinten mit dem Spotify-Shirt angesprochen habe: Spotify ist keinen Pfifferling wert, was Künstler und Musikliebhaber betrifft. Schmeiß dein T-Shirt weg, hol dir lieber einen SoundCloud-Hoodie oder ein BandCamp-Shirt und unterstütze Musiker einfach mal so, dass auch was bei ihnen hängen bleibt. Spotify gehört auch zu den Tech-Giganten, auf die ich weitgehend verzichten will. Und das geht alles ziemlich gut. Versucht es auch mal.

Einfach mal weitersagen

7 Gedanken zu „Gefangen in Social Media“

  1. @laberer »Ihr macht euch keine Vorstellungen, was da so geliefert wird«… oh doch, ich kenne es zu gut!

  2. Lieber Henning,

    zum teilen gebe ich dir recht und auch wieder nicht. Alternative Plattformen sind für mich keine Alternativen. Warum? Weil Menschen sich immer mitnehmen. Wer auf X, FB und Co schon mies kommentiert hat, tut das auch auf einer anderen Plattform. Ebenso die Inhalte, die werden bei Bluesky und Co. nicht besser, nur weil sie jetzt dort gepostet werden. Ich selber habe nur reine Mitlesen Accounts, weil es ein paar Themen gibt, die ich bei X und FB-Gruppen verfolge.

    Instagram ist noch mal ein ganz anderes Thema. Dort bin ich beruflich als Künstlerin unterwegs, aber auch hier habe ich letztens mich in meinem Blog kritisch zu den Algorithmen geäußert und sie mal benannt, was da hinter den Kulissen läuft. Die Recherche war unglaublich spannend dazu.

    Bei Spotify bin ich zwiegespalten. Ich habe dort seit Jahren einen Account und bezahle auch. Natürlich war ich not amused als ich erfahren habe, dass der Gründer viel Geld in ein deutsches Rüstungs-Start-Up investiert hat, statt Musiker ordentlich zu bezahlen. Warum bin ich immer noch dort? Weil es die Musik-Plattform ist, wo ich auch meine Musik aus Südostasien, die ganz Filmmusik aus K-Dramas und Co hören kann und ich bin nach wie vor begeistert davon, wie ich auf Spotify „meine“ Musik finden kann, die mir ansonsten verborgen bleiben würde. Für mich ist Spotify wirklich etwas gutes, weil sie mir die Musikwelt noch mal völlig neu geöffnet hat.

    Ich bin tatsächlich komplett bei Whatsapp ausgestiegen und benutze die App schon seit vielen Jahren nicht mehr. Warum? Weil ich die Art, wie Leute dort anfangen kommunizieren, nicht mag und weil man einfach irgendwo hinzugefügt wird. Wer mit mir kommunizieren will, kann mir eine email schreiben oder mich persönlich anrufen. Das reicht doch, oder? Manchmal nicht, ich wurde auch schon ausgeschlossen, weil ich kein Whatsapp benutze. Aber die Leute können mir dann auch gestohlen bleiben.

    LG Jana

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  3. Seit Jahren hört man solche Empfehlungen… aber irgendwie geht das seeeehr schleppend bis gar nicht (Mein Eindruck: Die Leute nutzen zwar die Alternativen, aber eben nicht ersätzlich sondern „auch“)
    Und aber Startpage statt Google ist wirklich mal schnell umgesetzt: Als Startseite ist die schnell eingerichtet und die Feinheiten (als Standard-suchmaschine) macht man später mal in einem ruhigen Moment

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  4. Schön, das mal so zu lesen. Ich kenne dieses ganze TechBro- Softwarezeug und diese „Social Network“-Umklammerungsmaschinen gar nicht. Windows und Konsorten habe ich 2006/7 abgeschafft, und Mastodon war Herbst 2023 mein Einstieg in „Social Networks“. Aber wie ich zuletzt feststellen musste, ist auch das nicht so arg mein Ding.

    Aber es ist schon erstaunlich, zu beobachten, wie sich Leute einfach und kritiklos einer handvollen Bande von haltlosen, zynischen bis faschistischen Multimilliardären ausliefern.

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