Das Coronavirus aus dem Dezember 2019 greift um sich und sorgt dafür, dass der Begriff „Home Office“ so richtig salonfähig wird. Machen wir es doch einfach mal. Ja, mir ist klar, dass das nicht für den Maler, die Bäckerei-Verkäuferin, das Sicherheitspersonal und so weiter und so fort umsetzbar ist. Aber die Berufe, bei denen es möglich ist, sollten die echte Chance ergreifen und die Kette der Weitergabe unterbrechen helfen.
Home Office – Was bedeutet das?
Ich mag Home Office nicht sonderlich. Ich bin lieber in unserem kleinen Großraum-Büro am Stadtrand von Leipzig und verrichte dort meine Arbeit. Nichtsdestotrotz ist es aber für meinen Job vollkommen problemlos möglich, Home Office durchzuführen. Das ist in anderen Berufen nicht der Fall. Ich kann nicht einfach der Krankenschwester vorschlagen, von zu Hause aus die Kranken zu versorgen. Das ist Quatsch, und damit können wir auch diese Diskussion beenden.
Home Office bedeutet vieles. Natürlich muss die Arbeit erledigt werden. Aber was ich so festgestellt habe, als ich ab und zu mal von zu Hause aus gearbeitet hatte, ist die ständige Notwendigkeit, sich wieder selbst zu motivieren. Mir ging es zum Beispiel so, dass ich gedacht habe, ich hätte noch unendlich viel Zeit, und plötzlich war der Tag rum.
Wer die Arbeit – und wenn auch nur vorübergehend – nach Hause verlegt, verlangt von sich auf jeden Fall eine gewaltige Umstellung. Jeder, der ins Home Office wechselt, muss sich anders organisieren. Der Weg ins Büro fällt halt weg. Der Weg zum Kaffeeautomaten wird anders, die Raucherpause findet woanders statt. Und wie ist das mit dem Spaziergang in der Mittagspause?
Ja, das sind Kleinigkeiten. Die Hauptprobleme sind halt, dass die kurzen Wege zum Absprechen von Themen wegfallen und dass man sich motivieren muss. Home Office wird für mich eine große Veränderung mitbringen. Aber es nützt ja nichts. Jeder, der kann, muss irgendwie mithelfen, die Ausbreitung zu verlangsamen und – wenn möglich – die Kette zu unterbrechen.
Wie soll ich das nur hinkriegen?
Die Motivation wird auf jeden Fall die Achillesferse bei der ganzen Nummer sein. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es über einen kurzen Zeitraum möglich ist, im Home Office komprimierter zu arbeiten, weil die Störungen im Großraumbüro einfach mal wegfallen. Allerdings kann es sein, dass es langwieriger wird, sich zu irgendwas abzustimmen, weil man eben nicht mehr hautnah sieht, ob Kollegen grad beschäftigt sind.
Ich glaube, die Nummer könnte nach einer kurzen Zeit zur Schwierigkeit werden. Weil kein Ende in Sicht ist. Wichtig ist – nach allem, was ich so mitbekommen habe – eine gewisse Routine. Im Prinzip geht es um wenige Aspekte, die man beachten sollte, um die Zeit im Home Office gut meistern zu können. Ich habe gelesen, dass es diese sind:
- Gut starten: Eine gewisse Routine, der gleiche Arbeitsbeginn mit einem gut aufgeräumten Arbeitsplatz
- Der Arbeitsplatz: Muss es ein Arbeitszimmer sein? Oder reicht – wie bei mir – der Küchentisch?
- Disziplin: Die Arbeitsroutine muss bestehen bleiben. Es ist Büroarbeit, egal wo.
- Biorhythmus: Ratgeber, wann man am produktivsten ist, sind Blödsinn. Das weiß jeder selbst, wann das ist.
- Feierabend ist Feierabend: Wenn ich um 8 im Home Office anfange, ist mit Mittagspause trotzdem 16:30 Uhr Feierabend. Und dann antworte ich auch nicht mehr.
- Planung und Organisation: Damit habe ich so meine Probleme. Aber es wird nicht ohne gehen.
- Begegnung: In Zeiten von COVID-19? Ja, das ist auch wichtig. Aber eben nicht auf Tuchfühlung.
- Störfaktoren minimieren: Home Office ist Arbeitszeit. Soziale Netzwerke sind Störfaktoren, die aufhalten. Das müssen wir minimieren.
Wir können es schaffen und sollten die Chance nutzen
Ja, Home Office ist nicht so die endgeile Idee. Na klar: Wenn Kollegen im Großraumbüro herum lärmen, bringt mich das zur Weißglut. Aber wenn so gar nichts stört, könnte das bedeuten, dass man einen Arbeitstag als ziemlich lang empfindet. Aber seien wir froh, dass wir Büroarbeiter unsere strukturierten Tage haben können und keine Sorge haben müssen, ob wir morgen noch irgendwas zu tun haben.
Wir haben die Chance, mit Vernunft zu agieren. Notfalls müssen wir auf Tools zurückgreifen. Wir stellen uns doch immer als so modern hin. Was ist denn mit Modern Workplace? Und wo wir gerade dabei sind: Was ist mit Online-Schule zu Hause? Wir sollten die Möglichkeiten nutzen, die sich uns bieten. Und was am Ende das absolut wichtigste ist: Hört auf, Panik zu schieben.
Was können Chefs tun?
Ich habe es selbst erlebt: In einem Großraumbüro greift schnell die Gerüchteküche um sich und teils irrationale Handlungen werden real. Gesunde, junge Menschen, denen man ein Mindestmaß an Hygiene unterstellt, überschütten sich stündlich mit Desinfektionsmittel. Nebenher stellen diese Menschen die Frage nach der Zukunft. Hier müssen Chefs ganz klar Stellung beziehen.
Sie müssen Dampf aus dem Kessel lassen. Niemand sollte wegen Corona um seinen Job bangen müssen. Für das Home Office muss unkompliziert die Freigabe erteilt werden. Wo entsprechende Tools und Software fehlen, müssen sie schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden. Und die Chefs müssen das Alles mit Bedacht, klarem Kopf und mit Bestimmtheit moderieren und leiten.
Es ist so, dass das Coronavirus wahrscheinlich alles in allem 2/3 der Bevölkerung treffen wird. Nur ein ganz kleiner Teil davon wird wirklich ernsthafte Probleme bekommen. Wir müssen jetzt zusehen, dass wir die Kurve der Neuinfektionen möglichst flach halten. Deshalb sollten wir, die wir es können, zu Hause bleiben und im Home Office arbeiten. Alle anderen sollten so viel wie möglich meiden, wo es möglich ist.
Mir ist völlig klar, dass das schwer genug wird. Aber wir haben die echte Chance, die Auswirkungen klein zu halten. Sehen wir doch einfach zu, dass es nicht schlimmer wird als angenommen. Dazu haben wir die Möglichkeiten, aber eben auch die Pflicht. Hamsterkäufe können wir bleiben lassen. Dann lieber so etwas wie das Home Office als Chance begreifen. Machen wir doch einfach das Beste draus. Oder etwa nicht?