Internet of Things: Vergessen wir das erstmal wieder

Die Heizung schaltet sich automatisch ab, wenn die Fenster geöffnet werden. Ist das nicht super? Sicherlich. Aber es steckt alles noch in den Kinderschuhen. So lang nicht genügend Reife erreicht ist, brauchen wir uns nie wieder über solche Dinge unterhalten. Ob es nun die Internet-fähige Heizung, das vernetzte Fenster, der Vibrator mit Internetanschluss oder was auch immer ist: Das können die Hersteller getrost vertagen, so lang nicht die Grundlagen existieren.

Internet of Things: Der unfassbare Unfug

„Komm, wir machen die Glühlampe netzwerkfähig und schreiben irgendwas mit smart dran, dann wird das schon gekauft“, werden sie wohl gesagt haben, als sie diese unsäglichen smarten Glühlampen auf den Markt geworfen haben. Die kann man nämlich auch übers Netzwerk ein- und ausschalten. Und dafür kann man gern mal den zigfachen Preis verlangen. Fire & Forget: Wenn die Glühlampe verkauft wurde, muss sich der Hersteller nicht mehr darum kümmern.

Das gleiche Problem haben wir ja beim Internet-Vibrator oder bei smarten Puppen oder solchen Dingen. Und wer sagt denn, dass nicht wirklich der Smart TV die Gesichter zählt und fotografiert, nur um irgendeine Statistik zu befüllen? Das ganze Zeug muss irgendwie alles ins Internet. Egal, ob das sinnvoll ist oder nicht. Viele Sachen vom Internet of Things ist in meinen Augen einfach nur Unfug. Und hier und da sogar ziemlich grober.

Datenschutz: der öffentliche Intimbereich

Alles wird immer irgendeiner Datensammelwut unterworfen. Ob es der Vaginalsensor ist, der eine Statistik darüber anfertigt, wann eine Frau fruchtbar ist, oder sonstwas, es geht immer nur um Daten. Und all diese Daten werden ausgewertet. Von wem? Von den Herstellern? Irgendwelchen dunklen Mächten? Niemand weiß es. So, wie auch niemand weiß, welche Daten diese einzelnen Gerätschaften einsammeln. Unzählige offene Fragen und viel zu wenig Antworten.

Gute Nacht, Alexa!

Tja, hören nun diese Haushaltshelfer wie Alexa mit oder nicht? Sie müssen ja ständig auf Empfang sein. Wie soll es denn sonst gehen? Wir regen uns darüber auf, dass uns Werbebanner bis in die Unterwäsche verfolgen, aber wir finden diese Wanzen nicht allzu tragisch. Wie kommt es, dass Alexa nochmal antwortet, obwohl sie bereits „abgeschaltet“ sein soll? Wir finden das natürlich alles überhaupt nicht seltsam. Denn wir können ja Alexa anweisen, Kopfschmerztabletten auf den Einkaufszettel zu setzen, wenn sich die Schwiegermutter ankündigt.

Jaja, es ist der Komfort. „Computer, Licht an“, befahl schon in den Achtzigern Captain Jean-Luc Picard, und wie von Zauberhand ward es Licht. Wer jetzt so etwas zuhause hat, kommt sich vielleicht wie Magic Max in dem einen Kredit-Werbespot vor. Die Rechnung kommt aber. Und ich habe so die Befürchtung, dass sie höher für jeden einzelnen werden kann, als man es jetzt schon denkt.

Aber die sparen doch so viel Strom

Glückwunsch! Ja, die smarte Steckdose oder die intelligente Glühlampe spart tatsächlich Strom. Aber jetzt mal zur Überraschung: Der Kram ist so teuer, dass man gar nicht so viel Strom verbrauchen kann, dass sich das unterm Strich lohnen würde. Wer jetzt denkt, dass man da unterm Strich durch diese Investition sogar Geld sparen würde, dem haben die Hersteller und die Werbung gewaltig in die Hosentasche gelogen.

Der Umweltgedanke ist sicherlich gut und richtig. Nachhaltigkeit ist nie die blödeste Idee. Jeder sollte mit den Ressourcen auf diesem Planeten so schlau wie möglich umgehen. Aber ich bitte Sie, das geht doch dann nicht, indem man sich ein paar smarte Steckdosen hinbastelt. Denn da sie ständig auf Empfang sind und im Netzwerk hängen und damit per se am Internet hängen, verbrauchen sie auch Strom. Nicht nur den durch das eigene Standby, sondern auch passiv. Denn sie senden und empfangen Daten, die übertragen und ausgewertet werden müssen. So groß kann die Ersparnis gar nicht sein, die hier wieder drauf geht.

Das ist alles Zukunftsmusik

Ja, es ist richtig, dass das Internet of Things irgendwann völlig normal dazu gehören wird. Vorher allerdings müsste man sich vielleicht mal auf allgemein gültige Standards einigen, auf die sich alle beziehen. Die momentane Goldgräberstimmung ist nichts für die eigentlichen Kunden. Die sollten sich vielleicht Gedanken darüber machen, ob wirklich jedes Gadget sein muss. Muss man den Fernseher ansprechen, damit der auf einen anderen Kanal umschaltet? Und dann ist eminent wichtig, dass die Unterstützung und Entwicklung auf der Herstellerseite kein Fire & Forget mehr ist.

Da das noch lange auf sich warten lassen wird, ist es für mich nicht schade, dass ich kein smartes Zuhause habe. Ich komme ganz gut klar, ohne dass mir die Kaffeemaschine nach der x-ten Tasse den Dienst verweigert. Wir sind als Menschen intelligent genug, um selbst entscheiden zu können, was uns gut tut. Und wir sollten intelligent genug sein, selbst das Fernsehprogramm zu wechseln. Ich behalte die Entwicklungen in dem Bereich im Auge. Aber die Anwendung des Internet of Things können wir vorerst getrost vergessen.

3 Replies to “Internet of Things: Vergessen wir das erstmal wieder”

  1. Das mag ja alles gut und schön sein und irgendwann auch bezahlbar und damit wirklich Einsparungen generieren. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch ein Internet für Alle und vor allem Strom für Alle. Und zwar auch hier bezahlbar für jeden

    1. Hi Kathrin!

      „Das mag ja alles gut und schön sein und irgendwann auch bezahlbar und damit wirklich Einsparungen generieren.“

      Sorry, aber das geht gar nicht! Diese Teile benötigen ja ständig Strom und Zugang zum Internet, da kann man auch gleich alles einfach so laufen lassen. Henning hat das in seinem Artikel ja schon geschrieben, als Energieelektroniker kann ich ihm da nur zustimmen!

      „Grundvoraussetzung dafür ist jedoch ein Internet für Alle und vor allem Strom für Alle. Und zwar auch hier bezahlbar für jeden“

      Für das IoT bzw. die entsprechenden Geräte müßte der Strom sogar kostenlos für alle sein, alles andere wäre Unfug. Was bringt mir z. B. eine 6 Watt Energiesparlampe, wenn sie wegen dem IoT auch im ausgeschaltetem Zustand ständig Strom benötigt und ich allerdings 4 Wochen im Urlaub bin? Da kann ich sie gleich so ständig ohne IoT laufen lassen und spare wahrscheinlich mehr wie mit IoT!

      Ein schönes Wochenende aus Augsburg wünsche ich dir

      Mike, TmoWizard

  2. Hallo Henning,

    Du schreibst mir aus der Seele! IoT? So etwas gibt es bei mir nicht und wird es wohl auch nie geben. Nur mein Arbeits-PC, der YaCy-Server und manchmal auch mein Smartphone dürfen über die Fritz!Box in’s Internet. Wobei ich gestehen muß, daß ich bei Letzterem sehr oft das Aufladen des Akkus „vergesse“! ;-)

    Mein normales Handy weiß nicht einmal, was das Internet eigentlich ist, dafür ist es viel zu alt und das ist auch gut so. Sogar für die Administration meines YaCy verwende ich einen zweiten Browser, der erste kennt nicht einmal die Zugangsdaten dafür!

    Bei IoT wird sich sowieso noch einiges ändern müßen, da viele Router nur maximal 8 – 10 oder sogar weniger Geräte per WLAN zulassen. Heizung, zig Lampen und Steckdosen, Kühlschrank, Waschmaschine, Herd, Toaster und die Kaffeemaschine, was wird dann mit Laptops, Tablets und Smartphones? *grübel*

    Ich mache bei dem Unfug jedenfalls nicht mit, vor allem wegen der nicht vorhandenen Datensicherheit. Außerdem können sich solche Geräte bzw. die verwendete Software auch mal irren, dann schaltet man im Urlaub auf Mallorca aus Versehen den Kühlschrank oder die Kühltruhe aus und wenn man nach 4 Wochen wieder Zuhause ist darf man wegen der Maden- und Fliegeninvasion erst mal den Kammerjäger bestellen…

    In dem Sinne ein schönes Wochenende ohne IoT aus Augsburg

    Mike, TmoWizard

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