QFD: Ein seltsamer Trend bei Twitter mit einem roten Kreuz

Seit neuestem verfügt Twitter über einen Qualitätsfilter (quality filter). Über den fühlen sich verschiedene Nutzer diskriminiert (discriminate). Daher #QFD. Das Ganze steht für „Quality Filter Discrimination“. Es gibt da etwas, was sich fast wie eine Verschwörungstheorie liest. Vor allem rechtsnationale Nutzer denken an „Verbannung“ und „Beschränkung der Meinungsfreiheit“. Aber ist das wirklich der Fall?

Was bedeutet #QFD und ein rotes Kreuz?

Seit ein paar Tagen existiert ein neuer Qualitätsfilter auf Twitter. Damit soll das Niveau der Diskussion auf Twitter angehoben werden. Denn es ist nun einmal so, dass auf Twitter viele Trolle herum turnen. Ich habe ja mal einen Ausbildungsplatz zum Troll angeboten, dann wäre das vielleicht nicht passiert. Also gibt es nun den Qualitätsfilter. Twitter will damit die Anzahl der störenden Tweets reduzieren.

Wir sind hier bei den berühmten „Ein Prozent“ oder so. Denn laut Twitter sind nur 1 Prozent aller Nutzer für den Großteil aller gemeldeten Tweets verantwortlich. Und dagegen musste etwas unternommen werden. Werden nun also Nutzer oft genug gemeldet oder deren Tweets, werden diese Nutzer stumm geschaltet oder blockiert, dann greift irgendwann der Qualitätsfilter. Das ist hier ganz anschaulich beschrieben.

Sofort ist in den einschlägigen Accounts, die nun weniger gefunden werden und quasi wie verschollen wirken, davon die Rede, dass Twitter die Meinungsfreiheit knechten würde. Von bevorstehenden „Deportationen“ und „Staatstwitter“ ist die Rede. Die Partei „Alternative für Deutschland“ behauptete gar, es würde sich um einen Softwarefehler handeln. Wohin man schaut, die falschen Behauptungen sind allüberall.

#DeutschesRotesKreuz: Protest mit Kreuz

Sie werden sich vielleicht fragen, was oben im Bild das rote Kreuz soll, wenn doch bisher gar nicht die Rede davon war. Aber das ist ganz einfach: Das rote Kreuz und QFD gehören zusammen. Es wurde nämlich behauptet, dass der QFD ein falsch programmierter Automatismus sei, dem man entgegenwirken könne, wenn man seinen Nutzernamen durch ein rotes Kreuz verzieren würde. Das hat sich verselbständigt und gebar den Hashtag #DeutschesRotesKreuz.

Die per Qualitätsfilter stummer geschalteten Nutzer fühlen sich dadurch diskriminiert, was sie mit dem Hashtag #QFD zum Ausdruck bringen. Um nun wieder Gehör zu finden, machen die das rote Kreuz in den Namen. Und das hat die Gruppierung „Reconquista Internet“ (Das Internet zurück erobern) nachgemacht und damit einiges an Verwirrung gestiftet.

Ich hatte ja die Tage mal von einem ehemaligen Kollegen geschrieben, der mir (mal wieder) auf Facebook abhanden gekommen ist. Ich hatte ja vermutet, dass er mich blockiert hat. Vielleicht ist es aber auch so, dass er bei Facebook blockiert wurde. Man weiß es nicht genau. Denn wer weiß, vielleicht gibt es ja dort auch so etwas wie QFD. Jedenfalls sind Vorwürfe der Internetzensur frei erfunden.

Sind QFD und das rote Kreuz nun Satire oder nicht?

Ich habe ja oben geschrieben, dass QFD ein falsch programmierter Automatismus sein soll, dem man mit dem roten Kreuz entgegenwirken solle. Genau das hatte das Satiremagazon „The Onion“ bereits letztes Jahr behauptet. Sind da die einschlägigen Accounts etwa einem Witz aufgesessen, weil sie das nun konsequent so durchziehen, um zu „beweisen“, dass es sich um qualitativ hochwertige Accounts handeln soll?

Das Symbol soll eine Art Gegenpol zum blauen Haken sein, den verifizierte Accounts haben. Gemäß „The Onion“ handelt es sich bei dem roten Kreuz um ein „Symbol, das zeigt, dass Twitter die Identität einer verabscheuenswerten Person bestätigt hat, die die schlimmsten Beleidigungen verdient hat und deren Funktion zum Stummschalten, Blockieren und Melden deaktiviert wurden“. Das mag nun jeder halten, wie man will.

#ShadowBan wirkt

Ich schrieb irgendwann mal über #ShadowBan. Offensichtlich wurde das Ganze perfektioniert, indem der Qualitätsfilter eingeführt wurde. Zwar ist es immer problematisch, wenn die Betreiber sozialer Netzwerke in den öffentlichen Diskurs eingreifen. Aber wie soll denn sonst Twitter die Hetze in den Griff bekommen? Da scheint ein #ShadowBan doch irgendwie das probate Mittel zu sein. Damit habe ich mich vor einem Jahr getäuscht.

Klar ist jedenfalls, dass Twitter den Automatismus aufgrund von Nutzersignalen betreibt. Gab es Beschwerden oder wurde ein Nutzer blockiert, kommt das auf eine Art virtuelle Strichliste. Sind genügend Striche zusammen gekommen, greift der Qualitätsfilter. Das ist keine Diskriminierung oder sonst irgendein behaupteter Unfug. Und deshalb ist das Hashtag #QFD und vor allem das rote Kreuz Blödsinn. Aber das muss man ja diesen Accounts nicht sagen, oder?

6 Replies to “QFD: Ein seltsamer Trend bei Twitter mit einem roten Kreuz”

  1. Deinen Ausführungen zu dem Blödsinn mit dem roten Kreuz habe ich nichts hinzuzufügen. War überrascht, dass das in einigen Medien überhaupt thematisiert wurde und kein Wort über den umgekippten chinesischen Reissack verloren wurde. ;) :D

    Aber die Sache mit dem Qualitätsfilter sehe ich doch ein wenig kritischer. Es geht ja da nicht wirklich um strafbare Inhalte, nicht einmal um Inhalte, die gegen die jeweiligen „Gemeinschaftsstandards“ verstoßen, denn dafür bräuchten sie so einen Filter ja nicht… dagegen gehen sie eh vor.

    Was mir Unbehagen bereitet, sind eben die Kriterien, die zu einer automatischen(!) Ausfilterung führen. Und in diesen Filter kann letztlich jeder aktive Nutzer vom Zwitschervogel geraten, ohne dass er z. B. „hetzt“. Als ich die Kriterien für ein negatives Scoring angeschaut habe, fiel mir sofort jemand ein, der Opfer dieses Filters hätte werden können. Eine befreundete Dampferin war bis vor gut einem Jahr (Oder ist esd noch länger her? Bin mir nicht mehr so sicher.) gerade auch bei Twitter sehr aktiv. Sie hat Twitter regelrecht gescannt, wenn irgendwo, irgendwie über das E-Dampfen geschrieben wurde. Na und extrem oft stolperte sie dann über Negativ-Propaganda bzw. über das Nachgeplapper von Negativ-Propaganda… so nach dem Motto „Dampfen ist mindestens genauso schädlich, wie Rauchen, wer eine E-Ziagrette ‚raucht‘, schädigt mit dem ‚Qualm‘ auch andere. Dampfer sind eh nur Junkies, die ihren ‚Stoff‘ brauchen…“ etc. pp. Dann hat sie sachlich (oft mit Verweis auf seriöse Quellen) widersprochen und versucht, das richtigzustellen. In der Regel fruchtete das bei den Plapperern nicht, erfüllte aber vielleicht einen aufklärerischen Zweck bei anderen, die den Ausführungen folgten. In der Regel schrieb sie dabei Leute an, denen sie nicht folgte und die ihr natürlich auch nicht folgten. Damit hätte sie schon etliche Kerben im Filter-Gürtel. Es waren sicherlich auch viele ANTZ, bzw. von den ANTZ erfolgreich beeinflusste Menschen oder Verbotsfanatiker von ihren Argumentationen „angepisst“ und haben sie geblockt, stumm geschaltet oder vielleicht auch mal gemeldet. Noch mehr Kerben im Filter-Gürtel. Vielleicht schon genug, um sie in den Filter zu zwingen. Tolle Wurst! Egal wie „künstlich“ Intelligenz ist, sie ist trotzdem nicht sonderlich intelligent und kann nicht erkennen, das z. B. in einem solchen Fall kein Grund zur Filterung vorliegt, es sei denn, man nimmt in Kauf (oder will), dass ein freier Meinungsaustausch behindert wird.

    Und darin sehe ich auch eine Gefahr. Dieser Mechanismus kann nämlich auch sehr gut dafür missbraucht werden, Nutzer in den Filter zu schubsen, deren Meinung man einfach nicht teilt und deren Meinung man gerne unterdrücken möchte. Da brauchen sich nur ein paar Leute mehr „einig“ zu sein und dann drücken die genau die Knöpfe, die irgendwann dazu führen, dass der Betroffene in den Filter gerät. Auch wenn der Filter selbst keine Zensur betreibt (oder nur aus Versehen, weil die KI doch nicht so intelligent ist), bietet er aber sehr wohl ein mächtiges Zensurwerkzeug, bei dem man nicht einmal kontrollieren kann, wer es denn für eben solche Zwecke missbraucht.

    Und Trolle trollen nur, weil die meisten darauf anspringen und die eiserne Regel „DFTT“ nicht befolgen. Letztlich ist man dagegen machtlos, wenn nicht der Großteil der genervten mitmacht und den Troll am ausgestreckten Arm verhungern lässt.

    1. Hallo Daniel,

      danke für deinen umfassenden Kommentar. Du hast vielleicht sogar Recht, dass die Trolle trollen, weil es immer jemanden gibt, der darauf reagiert. Und gerade bei Themen wie dem „E-Zigarette rauchen“ kann man wunderbar trollen. Entschuldige, ich kam erst jetzt zum Antworten.

  2. Danke für die Aufklärung! Mir ist das rote Kreuz schon mehrfach begegnet, aber erst jetzt weiß ich endlich, was es damit auf sich hat. Daumen hoch für Deine Arbeit!

  3. Aber wie soll denn sonst Twitter die Hetze in den Griff bekommen? Da scheint ein #ShadowBan doch irgendwie das probate Mittel zu sein.

    Das ist doch sehr naiv. Es ist bekannt, daß Linke allgemein große Probleme mit Meinungsfreiheit haben und daß es in diesem Milieu einen großen Hang zur Denunziation gibt.

    Wenn man also bei Facebook oder Twitter gemeldet wird, sagt das erst mal gar nichts aus. Es muß eine inhaltliche Prüfung folgen. Im gegenwärtigen Klima der pol. Korrektheit laufen diese Maßnahmen auf eine weiche oder auch harte Zensur hinaus.

    Habe ich selbst schon oft genug erfahren, wenn ich z.B. linke pol. Korrektheit satirisch auf’s Korn nehme. Es ist mir unbegreiflich, wie sehr man diese aktuellen Tendenzen derartig verharmlosen kann.

    Viele Linke sind meiner Erfahrung nach heutzutage sehr intolerant und paranoid.

    PS: Ich sehe gerade, daß du den Punkt der Manipulation ansprichst. Das ist wirklich ein sehr ernstes Problem. Man glaubt gar nicht, wie empfindlich und denunziatorisch viele Linke heutzutage sind.

  4. Das größte Problem an diesem QFD ist dass Twitter keinerlei Einsicht darüber gibt was als „Böse Hetze“ gilt und was nicht.
    Ist es tatsächlich nur „Hassrede“ im Gesetzlichen Sinne, oder wird alles rechts von Stalin in diesen schwammigen Oberbegriff eingepackt?
    Twitter ist seit langem dafür bekannt linke vor rechte Aussagen bei solchen Geschichten zu Favorisieren.
    Ich kann es den Leuten überhaupt nicht übel nehmen wenn ihre Kommunikationskanäle mit undurchsichtigen Filtern bepackt werden, die einen direkten Eingriff darauf haben welchen Meinungen man sich auszusetzen hat, als würde man es nicht besser wissen.
    Twitter behandelt uns an der Stelle wie Kinder die nicht wissen was gut für sie ist.

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