Echte Öffentlichkeit: Zurück ans Lagerfeuer

Wenn du dir in der Fremde das Hirn durchfeudeln lässt, kommst du auf ganz komische Ideen. Was ist denn zum Beispiel die echte Öffentlichkeit? Wie haben diese ganzen Experten und Möchtegern-Wichtigtuer erzählt? Geh dahin, wo die Leser sind. Hab ich gemacht. Und was soll ich sagen? War jetzt nicht so geil. Gemeint sind – wie könnte es auch anders sein – die sozialen Netzwerke. Aber auch so alles algorithmierte in diesem so genannten Internet. Ich frage mich da immer wieder: Wo bin ich denn hier gelandet?

Who the fuck is Reichweite?

Was haben sie uns alle vollgelabert: Reichweite, Reichweite, Reichweite. Wer außer mir jetzt auch an Helmut Markwort denkt, ist alt. Bäh! Mir wird es eigentlich immer egaler, was das Thema betrifft. Wenn ich echte Öffentlichkeit will, will ich hier keine zusammengeschusterten Klickzahlen aus irgendwelchen Algorithmus-Höllen haben. Was soll ich denn mit den absurden Zahlen von der Google Search Console anfangen? Die sagen so genau gar nichts aus.

Die Extended Evaluation von Statify scheint nicht mehr richtig zu funktionieren, also gucke ich wie gehabt in Matomo, wie wohl was von euch angenommen wird. Ob das jetzt gute Werte oder schlechte Werte sind, spielt dabei so gar keine Rolle. Die Extended Evaluation ist halt einfach veraltet, das ist dann halt der Grund. Aber es ist „rum wie num“, wie man hier in Sachsen sagt: Über Reichweite und echte Öffentlichkeit sagt das Alles nichts aus. Und das ist auch gut so.

Nein, ich gucke mir langsam so an, wie das Jahr so war. Wenn ich mir irgendwas aus den Zahlen ableiten würde, dann würde ich irgendein spinnertes Business-Kasper-Gedöns von mir geben wie: Der Turnaround ist geschafft. Echt jetzt? Das braucht keine Sau. So, wie ich beim oben erwähnten Durchfeudeln halt auch gelernt habe, dass es echt Quatsch ist, sich auf irgendeiner Plattform auszutoben. Und ja, ich weiß, dass das Thema nicht neu hier im Blog ist.

Was ist denn überhaupt echte Öffentlichkeit?

Bevor ich meinen Account bei LinkedIn zugemacht hatte, hatte ich ohnehin schon kaum noch was dort gepostet. Mir ging einfach diese ganze verlogene Grütze gewaltig auf den Sack. Ich habe mal spaßeshalber vor langer Zeit irgendein Business-Kasper-Gedöns dort abgesondert, an das ich mich jetzt nicht mehr erinnern kann. Was hatte ich da geile Reaktionen: Von Borna bis Buenos Aires, von Taucha bis Tuvalu erhielt ich Likes und Props und all das.

Ich wette mit euch, dass keine Sau gelesen hat, was ich dort von mir gegeben habe. Es muss irgendein Blödsinn im Stile von „Vision! Passion! Purpose!“ wie der frühere Werbespruch eines früheren Arbeitgebers gewesen sein, das ich dann mit irgendeinem Laber-Rhabarber angereichert hatte. Und das hatte mir gezeigt, dass echte Öffentlichkeit dort und auch auf vielen anderen Plattformen nicht stattfindet. Nein, dann doch eher die Lagerfeuer-Romantik.

Ich habe halt aufgehört, irgendwelchen Trends zu folgen. Ich hocke mich an die Feuerschale und fange an zu labern. Wer mit labern will, hockt sich halt dazu. Das ist dann wenigstens echt. Als ich vom Durchfeudeln wieder da war und auch zu Mastodon reingeguckt hatte, habe ich mich bei vielen Postings – ja, Tröts – gefragt: Was zur Hölle erzählen die da? Das kann dir nicht passieren, wenn du dich ums Lagerfeuer versammelst und drauflos plapperst.

Ich muss nicht Recht haben. Auf allen Plattformen habe ich immer nur nach Austausch gesucht, aber selten gefunden. Und dafür soll ich es irgendeinem Algorithmus oder wild gewordenen KPIs Recht machen? Fällt aus wegen iss-nich. Vielleicht entsteht ja echte Öffentlichkeit genau dadurch, dass man sich eben nicht die leeren Worthülsen zurecht drechselt, um sie dann zu füllen, sodass es passt.

Vielleicht sollten wir alle stiller werden?

Ich muss nochmal auf unseren Trip nach Albanien zu sprechen kommen. Denkt ihr ernsthaft, ich habe die Plattformen – und da ist Mastodon mitgemeint – echt vermisst? Kein Stück. Wenn ich mich am Ende fragen muss, wozu ich überhaupt noch diese Plattformen nutze, wenn ich mir entweder jedes Wort dreimal überlegen muss oder all meine Wortmeldungen ungehört verhallen, dann bin ich dort echt nicht mehr gut aufgehoben.

Aus anderen Gründen als der gute Piehnat brauche auch ich keinerlei Bühne. Das gilt im Übrigen auch für meine Musik. Ich bin da eher Vince Clarke und weniger Andy Bell. Ja, die beiden Typen von Erasure. Ich mag ganz gern die Stille um mich herum. Da bin ich so wie unser Tommi. Diese ganze Krakeelerei in Social Media wird mir auf Dauer immer wieder zu viel. Und so bin ich beim Bloggen. Vielleicht hat der Gunnar Recht, und das Bloggen ist die letzte Form der adressierten Sprache.

Ich habe dann doch lieber echte Öffentlichkeit. Ich präsentiere mich nicht gern. Und ich optimiere keine Texte. Ich habe lieber einen kleinen Austausch hier statt all dem Doomscrolling oder all den Werbeeinblendungen und Manipulationsversuchen dort. Mir ging es so verdammt gut an der Adria. Das Gefühl will ich so lang wie möglich in mir konservieren. Da bringt es mir nichts, mich mit all den Timelines auseinander zu setzen. Denn dort sind es Accounts. Ich tausche mich lieber mit Menschen aus.

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