Slow Blogging und Spaß dabei

Meine Güte, was hört man immer wieder von dem so genannten Slow Blogging! Als ob da irgendwann mal jemand den Stein der Weisen gefunden hat. Das nervt ziemlich. Ich will aber dennoch mal meine neuen Erkenntnisse aufschreiben. Neu deshalb, weil es ja in der Natur des Menschen liegt, neue Erkenntnisse zu ein und demselben Thema zu sammeln. Und in der Tat, ich hatte das Thema schon. Der verlinkte Artikel kommt aus dem Januar 2019. Wer weiß, vielleicht hat sich an der Meinung ja irgendwas geändert. Schauen wir mal.

Ist das Slow Blogging nun eigentlich eine Masche?

Wenn wir uns die vielen Technik-Blogs anschauen, die es so gibt, dann fällt auf: Die ballern einem die Artikel in richtigen Salven um die Ohren. Es gibt darunter Blogs, die so um die 10, 15 – vielleicht auch 20 – Artikel am Tag raus knallen. Oftmals gelingt es mir gar nicht, dem ganzen Treiben zu folgen. Irgendwann hatte es sich mal eingebürgert, dass diese Blogs von einem ganzen Team betrieben werden. Und mindestens ein Teil von ihnen ist damit selbständig.

Man denkt sich dann, dass die dann freilich auf solche Dinge achten wie „Seitenaufrufe“. Und die müssen vermutlich geschafft werden, indem man Artikel um Artikel raus ballert. Zum Teil sind diese Artikel nur wenige Sätze oder vielleicht einen Absatz lang. Ich habe Artikel bei diesen Bloggern gesehen, die nur ein Satz lang waren. Was zum Geier hat sowas denn noch mit dem Bloggen zu tun? Ja, das hat sich in den letzten Jahren gewaltig geändert. Aber irgendwas muss man doch noch „von damals“ übrig lassen.

Beim Slow Blogging ist das anders. Hier knallen die Blogger ihren Lesern nicht einfach so kurze Abrisse um die Ohren. Die lassen sich Zeit mit einem Artikel. Und wenn sie mal eine Zeit lang nichts veröffentlichen, bricht auch nicht gleich die Welt auseinander. Ich denke nicht, dass Slow Blogging am Ende sowas wie eine Masche ist. Es ist eine Philosophie, sich nicht im Hamsterrad aufzugeben und mit Macht Artikel knüppeln zu müssen.

Wie stehe ich dazu?

Vor längerer Zeit hatte ich mich dazu entschlossen, nicht mehr alles mögliche zu beackern. Ich muss nicht zu allem und zu jedem meinen Senf dazu geben. Das machen andere schon zu genüge. Dann lieber Themen, zu denen ich wirklich etwas beitragen kann. Und so kann es eben sein, dass ich nicht täglich einen halbwegs zusammen geklöppelten Artikel rauswerfe. Schaut mal den Vergleich an:

September 201928 Artikel
September 202011 Artikel
Anzahl Artikel

Joar, das sind schon ein paar Artikel weniger. Mache ich aber deshalb deshalb weniger? Nein. Slow Blogging bedeutet ja auch, dass man sich tatsächlich mehr Zeit lässt. Gerade, nachdem ich mehr Fachthemen im Blog bespreche, muss ich da eben sorgfältig sein. Wenn ich – wie noch vor einiger Zeit – das aktuelle Zeitgeschehen kommentiere, dann rotze ich eben auch einfach mal einen raus. Und dann muss ich mich später revidieren. Nein, das muss ich nicht haben.

Seitdem ich mir mehr Zeit lasse, finde ich, dass meine Artikel gehaltvoller geworden sind. Ja, auch länger, wie ihr hier seht:

September 20191318154707
September 2020586215329
Zeichen insgesamt / durchschnittliche Zeichen

Und ich habe erkannt, dass die Artikel, die wirklich für die Leser sind, keineswegs die sind, die mal eben aus der Hüfte geschossen wurden. So sind es ein Hilfe-Artikel aus dem Januar 2019 und ein Erklär-Artikel aus dem Februar 2019, die im letzten Monat am meisten aufgerufen wurden. Das nennt man wohl „Evergreen Content“ auf Neudeutsch. Ich kann mit diesen Floskeln ja nicht allzu viel anfangen. Diese Erkenntnis aber zeigt doch, dass man als Blogger eben doch nichts voreilig rausballern muss.

Raus aus dem Hamsterrad

Wer macht denn wirklich mit einem Redaktionsplan bei seinem Blog rum? Ja, ich sah das mal als gute Idee an. Aber soll ich ehrlich sein? Für mich ist das Quatsch. Und nochmal ehrlich: Darunter leidet der Spaß. Ich habe den Artikel ja „Slow Blogging und Spaß dabei“ genannt. Seitdem ich nichts mehr plane und auch gern mal alle fünfe grade sein lasse, ist der Spaß beim Bloggen zurück. Ich hoffe, das merkt ihr auch ein bisschen.

Nein, man muss aus dem Hamsterrad raus. Das gilt aber nicht nur für Blogger wie mich, die ihren Kram nebenbei machen. Auch in Firmenblogs ist das keine blöde Idee. Ich denke ja, dass – egal, ob persönlicher oder Unternehmensblog – die Leser es merken, wenn Artikel nur mal eben dahin geschustert werden. Denn meistens leidet die Qualität. Und wenn ich in Buzz-Manier Artikel knüpple wie die oben erwähnten Technik-Blogger, kommt das eben vor.

Es ist dann eben an der Tagesordnung, dass Technik-Blogger im Gleichschritt kurze Abrisse rausballern, in denen sie Pressemeldungen von Smartphone-Bude XYZ nacherzählen. In meinem RSS-Feedreader hatte ich einige unschöne Beispiele dazu gefunden. Wenn sie sich alle auf die gleichen Themen stürzen, ist das eben auch nicht so das Lese-Erlebnis. Darum trat ich vor einiger Zeit auf die Bremse.

Ob man das am Ende Slow Blogging nennen muss, weiß ich allerdings gar nicht. Ich weiß nur, dass mir das gut tut und ich nun aus dem Hamsterrad raus bin. Nicht mehr zu denken „Heute muss noch ein Artikel raus“, entspannt kolossal. Und die Statistik ist jetzt auch nicht so schlecht. Aber wenn man wie ich seinen Blog nur nebenbei betreibt, ist so etwas jetzt auch nicht so von kolossaler Relevanz. Aber da kann ich mich auch täuschen. Wie seht ihr denn das ganze Thema? Schreibt mir einfach einen Kommentar.

6 Replies to “Slow Blogging und Spaß dabei”

  1. Das, was Du als Slow Blogging bezeichnest, ist in meinen Augen das eigentliche Bloggen. So hat es angefangen, so war es gedacht. Diese Fast-Blogger sind nur noch News-Aggregatoren mit dem Ziel der Gewinnerwirtschaftung, das hat mit dem Sinn des Ganzen nichts mehr zu tun.

    Ich picke mir bei meinen Artikeln auch immer weniger aktuelle Themen raus, weil die einschlägigen Seiten und Portale das viel schneller und besser können (Corona, Trump, Politik). Wenn ich dann was dazu schreibe, ist es eh schon kalter Kaffee.

    Aber Du hast Recht, die reinen Content-Blogger versuchte ich zu vermeiden. Wenn ich merke, dass es nur um Kommerz geht, ist das für mich uninteressant.

    1. Hi Martin,

      das stimmt, das ist das eigentliche Bloggen. Aber Slow Blogging klingt irgendwie hip und in. Ich hab’s schon mal in nem Artikel geschrieben: Ich erinnere mich noch an Blogger, mit denen ich zu tun hatte. Es gab irgendeine Hightech-Veranstaltung, bei der irgendeine Firma irgendeinen Furz gelassen hat. Und diese Blogger waren der Meinung: „BLOGGEN!!!!!1!!!elf!“. Das ist so überhaupt nicht mein Ding.

  2. Hi Henning,

    ja, ich habe eine Zeit lang echt einen Redaktionsplan für meinen Blog geführt. Ziel war es 2-3 Beiträge pro Woche zu schreiben. Irgendwer sagte mal, vermutlich so ein Guru, das müsse so sein.

    Irgendwann habe ich mich dann schon gefragt, was machst Du hier eigentlich? Stress wegen eines Hobbyblogs? Auch wenn er fantastisch läuft, es ist und bleibt ein Hobby. Dann haben wir die erste Reise gemacht, wo wir beschlossen haben, von dieser Reise nicht live auf dem Blog zu berichten. Also war zwei Woche Funkstille. Und was ist passiert? Die Leserzahlen sind nach oben gegangen.

    Heute schreibe ich, wenn ich Bock zum schreiben habe und wenn ich Zeit habe. Über den Sommer war das teilweise eng, also mit der Zeit. Bei schönem Wetter habe ich nach Feierabend lieber auf dem Rad gesessen als in der Kammer vor dem Rechner. So haben sich Fotos und Berichte hier gesammelt. Das ist aber prima, dann habe ich Schreib-Futter, wenn die kalten, nassen Tage kommen.

    Ich mach mir da keinen Stress mehr. Martin oben hat es schon richtig geschrieben. Bloggen ist irgendwo auch ein Lebensgefühl, wenn man es im ursprünglichen Sinne macht. Wir leben eh relativ slow, das darf man dann auch auf dem Blog merken. Wenn es gerade nichts zu sagen gibt oder keine Zeit ist, dann ist es halt ruhig.

    LG Thomas

    1. Hi Thomas,

      ja, ich mache mich halt auch nicht mehr verrückt. Ich habe Blogger erlebt, die bei meinen „Ich mache jetzt Urlaub“-Ankündigungen anmerkten, dass sie das nicht könnten. Aber warum? Irgendwann habe ich es mir sogar geschenkt, eine Pause überhaupt anzukündigen. Dieser ganze Quatsch ist doch eigentlich erst entstanden, als sich so die Blogger darauf einließen, im Gleichschritt mit Social Media Zeug rauszuballern.

      Und genau davon löse ich mich. Der Anteil der Zugriffe über Social Media ist gering. Also muss ich mich auch nicht so beeilen, irgendwie an allem dran zu bleiben. Da mein tägliches Arbeitspensum in den letzten Monaten auch stark gestiegen ist, bin ich abends auch ehrlich froh, wenn ich den Rechner Rechner sein lassen kann. Es gibt echt wichtigeres.

  3. Ich finde Deinen Output auch immer noch erstaunlich. Ich bin richtig gut im Very-Slow-Blogging und schaffe häufig nur einen Beitrag im Monat, manchmal sogar weniger, dafür sind die Beiträge mit um die 10.000-Zeichen auch umfangreich und ich mach mir viele Gedanken drüber. Ich wundere mich auch häufig über Seiten, die so viele Beiträge rausballern und habe als Reisebloggerin schon lange keine Lust mehr, die „10 Dinge, die Du in XY unbedingt tun musst“ von jemandem zu lesen, der 48 Stunden in XY verbracht hat, zu lesen.
    Mach weiter so, mir gefallen Deine Texte und ich folge nun auch!
    Susanne

    1. Hallo Susanne,

      denkst du, dass der Output immernoch erstaunlich ist? Gut, ich schreibe tatsächlich mehr als du.

      Du hast natürlich Recht, diese als „Listicles“ beschimpften 10-Dinge-die-bla-bla-bla-Artikel sind echt nicht der Rede wert. Ich lese die auch schon lange nicht mehr. Ich weiß gar nicht, woher diese Unart kommt.

      Danke dir fürs Folgen. Ich versuche natürlich immer, dass ich so weitermache. :-)

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