17 Jahre „Clocks“ von Coldplay

Eigentlich gehen mir Coldplay ziemlich auf den Wecker. Aber mit „Clocks“ haben sie vor 17 Jahren ein echtes und wahrhaftiges Meisterwerk damals abgeliefert. Das Gewitter aus Arpeggios und Drum Crashes, gemischt mit dem beeindruckenden Gesang von Chris Martin, hatte mich damals von der ersten Sekunde an gepackt. Das war eine Nummer, die so richtig nach meinem Geschmack war. Irgendwo zwischen Alternative Rock, Psychodelic Rock und New Wave gelegen, ist „Clocks“ für mich bis heute das Beste, was ich von Coldplay kenne.

Home is where I wanted to go

Das Licht geht aus, und ich kann nicht gerettet werden. Gezeiten, gegen die ich versucht habe anzuschwimmen, sie brachten mich auf die Knie. Ich flehe und flehe und bettle und singe. Komm doch endlich heraus mit den ungesagten Sachen! Schieß mir einen Apfel vom Kopf und mach Schluss mit dem Ärgernis, das keinen Namen hat. Ein Tiger wartet singend darauf, gezähmt zu werden. Du bist…

Die Verwirrung wird niemals aufhören. Sich schließende Mauern und tickende Uhren. Ich werde zurückkommen und dich heim bringen. Ich konnte nicht damit aufhören. Das weißt du nun. Und ich singe. Komm hinaus auf meine Meere, wo ich die verpassten Möglichkeiten verfluchte. Bin ich Teil der Heilung oder Teil der Krankheit? Und ich singe. Du bist…

Und nichts ist vergleichbar… Du bist… Zuhause ist, wo ich immer hingehen wollte.

Der kryptische Zauber von „Clocks“

Coldplay ist eine britische Rockband, die mich häufig genervt hat. Zu viel Kopfstimme von Chris Martin, zu viel Alarm, eigentlich von allem zu viel. Das kann man eigentlich auch von „Clocks“ behaupten. Das ist ja die Nummer, in der quasi jedes Bandmitglied mit einer anderen Art Arpeggio daher kommt. Das ist ja die Spielart, bei der nicht Akkorde gespielt werden, sondern die einzelnen Noten daraus. Und hier kommt der kryptische Zauber von „Clocks“ voll zur Geltung.

Das Lied ist in „As-Dur“ verfasst. Frederic Chopin nutzte häufig diese Tonart. Nur sind Coldplay dann doch anders unterwegs. Bis auf die Bridge kurz vor dem Ende besteht das Lied im Wesentlichen aus drei Akkorden. Das mag nun einfach und simpel klingen. Aber man muss dann eben auch erstmal das Kunststück hinbekommen, daraus eine spannende Nummer zu zaubern. Das ist mit „Clocks“ geglückt.

Beeindruckend finde ich die wechselnden Piano-Arpeggios. Sie gibt es tiefer am Anfang und zwischen den Strophen, sowie direkt nach der Bridge. Und es gibt sie höher vor der Bridge und im – naja – Abspann. Wer genau hinhört, bekommt zwischendurch immer wieder mit, wie Guy Berryman auf dem Bass die Melodie spielt, die Chris Martin am Ende singt. Faszinierend ist auch das explosive Schlagzeug-Spiel von Will Champion. Ach, und wir dürfen das verspielte Gitarrenspiel von Johnny Buckland nicht vergessen.

Und was ist jetzt so kryptisch daran?

Um „Clocks“ zu verstehen, muss man da schon etwas tiefer eintauchen. Es geht um die Unzufriedenheit in einer Beziehung. Das habt ihr sicherlich mitbekommen. Es sind die ungesagten Dinge, um die es geht: Manche Sachen sollten besser unausgesprochen unter den Teppich gekehrt werden. Aber um die zwischenmenschlichen Probleme zu lösen, muss man dann doch in den Nebel und das Dickicht gehen. Hat man sich aber getraut, taucht man ein in die offene See. Man muss sich aber überwinden.

Die nervöse Rhythmik unterstreicht den Inhalt. Denn wenn es privat nicht läuft, ist man unruhig, vielleicht schlaflos und nervös. In „Clocks“ werden einige bemerkenswerte lyrische Bilder aufgeworfen und mit der passenden Musik unterlegt. Das ist Coldplay sensationell gut gelungen. Das Lied fiel Chris Martin ein, als er während der Aufnahmen zum zweiten Album der Band „A Rush of Blood to the Head“ noch spätabends im Studio hockte und das weltbekannte Piano-Arpeggio vor sich hin klimperte.

Die Arpeggios sollen ein Uhrwerk darstellen. Die im Text nicht vorkommende Grundaussage des Liedes passt dann auch wieder zu Text, Titel und Komposition: Wir sind alle besessen von der Zeit. Versuchen wir doch, das Beste daraus zu machen, so lang sie uns noch zur Verfügung steht. Will heißen: Lösen wir unsere Probleme, so lang wir noch die Gelegenheit dazu haben. Die Zeit läuft, tick tack, tick tack. Und das macht am Ende „Clocks“ aus.

Und noch ein Wort zur Zeit „Home, home is where I wanted to go“: Ein Zuhause zu haben, ist das Wichtigste für den Menschen, egal ob im Herrenhaus oder auf der Müllhalde. Es geht darum, dass man seinen Frieden gefunden hat. Und stimmt das nicht mehr, ist die- oder derjenige echt bedauernswert. Chris Martin teilt also in „Clocks“ mit, dass er kein Zuhause hat.

Das Lied

Das Arpeggio-Drums-Gitarren-Gewitter in der 3-3-2-Rhythmusstruktur ist das mit Abstand bekannteste Lied von Coldplay, war aber kein großer Hit in Deutschland. Vielleicht war es zu komplex? Jedenfalls klingt die grandiose Nummer so:

Clocks
Dieses Video auf YouTube ansehen.
Datenschutz gewährleistet durch WordPress-Plugin "WP YouTube Lyte"
Coldplay – Clocks

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert