20 Jahre – THE GHOST OF TOM JOAD – von Bruce Springsteen

Ich mag viele Sachen von Bruce Springsteen. Aber das Album THE GHOST OF TOM JOAD finde ich ganz besonders gut. Es wird jetzt 20 Jahre alt. Daran merkt man erstmal, wie alt man geworden ist. Die Platte ist um die 50 Minuten lang und eine Art Konzeptalbum. So etwas gibt es ja recht wenig beim „Boss“. Und bei diesem Album hat er auf seine „E Street Band“ verzichtet. Im Album geht es um die große Depression der 1930er Jahre. Springsteen ließ sich dabei vom Bcuh „Früchte des Zorns“ von John Steinbeck inspirieren. Das Album war nicht so erfolgreich wie andere, aber es ist ein sehr gutes.

Los geht’s mit dem Titelstück – The Ghost of Tom Joad. Hier erzählt er davon, dass er auf dem nachts belebten Highway unterwegs ist auf der Suche nach Tom Joad. Männer laufen entlang der Schiene, aber die Highway Patrol versucht, sie einzufangen. Geflüchtete Familien schlafen im Auto, irgendwer kocht irgendwas- Jemand holt ein Gebetsbuch hervor. Die letzten werden die ersten sein. Du hast eine Hinfahr-Karte ins Gelobte Land und kommst nie zurück. Und er sitzt beim Lagerfeuer und wartet auf den Geist von Tom Joad.

Straight time erzählt dann davon, dass er 1986 aus dem Gefängnis entlassen wurde und eine Frau fand. Er ging seinen geradlinigen Weg und wollte am Leben bleiben. Er arbeitete in einem Übersetzungsbüro, was ihn nicht reich machte. Bald machte sich die Krätze bemerkbar, die er sich im Knast eingefangen hatte. Und er wollte keine geradlinigen Sachen mehr machen. Springsteen erzählt davon, wie Tiefschläge einen immer wieder ein Stückchen kälter werden lassen und man es mit der Zeit satt hat.

Im nächsten Lied – Highway 29 – geht es um eine kurze Begegnung mit einer Frau in einem kleinen Rasthaus am Highway. Nach ein wenig Small Talk ging es dann auch schon zur Sache. Am nächsten Tag überfiel er eine Bank. Geld flog umher, Blut spritzte. Sie flüchteten nach Süden. In einem Motel in der Wüste kamen sie zur Ruhe. Am nächsten Morgen gingen sie in die Sierra Madres. Er gestand ihr die Liebe. Aber irgendwas war anders. Und dann war die Straße voller Glasscherben und Benzin. Sie sagte nichts mehr. Er fühlte noch Wind, Schnee und Himmel, dann rannte er, bevor er flog.

Youngstown, das für mich beste Lied des Albums, erzählt von James und Dan, die Erz in Yellow Creek fanden. Sie bauten einen Hochofen und machten Kanonenkugeln für die Union. Dann arbeitete sein Vater an den Öfen. Und er kam aus Vietnam zurück. Er machte Koks und Kalkstein, die seine Kinder ernähren und die Rechnungen bezahlen. Sein Vater kam nach Ohio nach dem 2. Weltkrieg. Er sah nur Schrott und Trümmer. Und jetzt tun diese Jungs, was Hitler nicht schaffte. In den Werken werden nun Panzer gebaut. Und die Söhne werden nach Korea und Vietnam geschickt.

Die Mexiko-Nummer – Sinaloa Cowboys – erzählt dann von Miguel und Luis aus einem Kaff in Mexiko. Die sind über die grüne Grenze nach Kalifornien gekommen. Sie fanden Arbeit auf den Obsplantagen. Alle Warnungen schlugen sie in den Wind. Irgendwann erfuhren sie von einer Hühnerfarm in Fresno, und plötzlich kochten sie Amphetamin. Die Säure fraß die Haut weg, und wer die Dämpfe einatmete, den schafften sie in die Wüste.Miguel fand dann Luis tot auf. Und er vergrub ihn im Wald dort, wo sie 10000 Dollar verbuddelt hatten.

Im nächsten Lied – The Line – geht es um einen Soldaten, der aus der Armee entlassen wurde. Der freute sich, wieder Zivilist zu sein. Seine Frau war ein Jahr zuvor gestorben, und er suchte immernoch nach seinem Weg zurück. Also ging er zum Kalifornischen Grenzschutz. Er freundete sich mit einem Veteran an. Der erzählte von Schmugglern. Er war aber gut in dem, was er tat, was auch immer der Veteran sagte. Und so erzählt er von den Arroyos und den Drogenhändlern, die nachts durch die Canyons kommen. Und er erzählt von der Frau in einer Bar in Tijuana. Er kam in den Knast, weil er einen Drogenkurier erschoss. Ihn ielten nur die Gedanken an die Frau am Leben, während er wusste, dass der Kurier nie eine Chance hatte. Mit „Line“ ist die Grenze gemeint.

Balboa Park dreht sich um ein ähnliches Thema wie die beiden zuvor gehörten Lieder. Nur dass es hier um einen Aussteiger geht, der an der Autobahn lebt und nachts im Balboa Park seine Drogen holt. Er schluckt die Luftballons mit dem Kokain runter und passt auf den Grenzschutz auf. Eines Nachts wurde er aber von einem Auto angefahren. Er humpelte zu seinem Lager an der Autobahn. Und benommen hörte er die Autos vorbei rasen.

Dry Lightning – also das Wetterleuchten – erzählt von Nächten, in denen er von der Tür wachgehalten wird, die halb aus den Angeln gerissen war und die ganze Nacht schepperte. Er suchte nach der Hitze ihres Blutes wie nach dem Heiligen Gral. Und ihr Pferd stampft im strömenden Regen. Es gibt ein wenig Donner, aber nur trockene Blitze am Horizont. Er würde dahin fahren, wo sie tanzt, um über die Runden zu kommen. Und er würde die Nacht mit Gin verbringen, während sie mit ihrem Mann redet. Die pissgelbe Sonne wird den nächsten Tag bringen. Und sie sagt, dass er krank vom Kampf ist. Er wird die Angst vor dem Ende verlieren, aber nicht seine Erinnerung. Er erinnert sich an ihre süß duftende Haut und an das Wetterleuchten am Horizont.

Es folgt dann The New Timer. Ein sehr langes Lied über die Große Depression. Seit 50 Jahren ist er Lokführer. Er verließ seine Familie in Pennsylvania für die Arbeit. Und seitdem fährt er von New Mexico nach Colorado, von Kalifornien ans Meer. Dann hackte er Zuckerrüben und sammelte Obst. Ein Freund starb. Und Leute töten nur des Tötens wegen. Und nun ist er am Ende angekommen und steht vor dem Jüngsten Gericht. Er macht seinen Frieden mit Gott. Liebe und Gnade können ihn nicht erfüllen wie eine gute Waffe in der Hand.

Across the Border ist ein zuckersüßes Lied über die Flucht, die er für seine Liebste durchmachen wird. Er wird unter goldbraunem Himmel schlafen. Hinter der Grenze. Und er wird vom Brackwasser des Rio Bravo trinken. Er wird alles für sie errichten, ein Haus bauen oben auf dem Hügel, jenseits der Grenze. Und heute Nacht werden sie Lieder singen und sich verabschieden. Und bald werden Weinstöcke reif sein. Und eines Tages werden sie von gesegnetem Wasser trinken.

Sehr, sehr hörenswert ist Galveston Bay. Le Bing Son kämpfte gemeinsam mit den Amerikanern in den Bergen von Vietnam. 1975 fiel Saigon, und er brachte seine Familie ins gelobte Land. Der Golf von Mexiko und das Land erinnerte ihn an zuhause. Als Maschinist verdiente er Geld für Krabbenfutter und er wirft seine Netze aus. Billy kämpfte auch in Vietnam und wurde 1968 heim geschickt. Dort arbeitete er am Golf und warf seine Netze ins Wasser. Er hörte Reden von Amerikanern für Amerikaner, die sagten, dass man DIE DA ausbrennen muss. Vietnamesische Boote sollten auf dem Meer ausgebrannt werden. Und dann gab es zwei tote Texaner und Le mit der Pistole in der Hand. Das Gericht sprach ihn frei. Und so wirft er wieder die Netze ins Wasser.

Abschließend kommt dann noch My Best Was Never Good Enough. Jede Wolke macht Silberstreifen, jeder Hund hat seinen Tag. Sie meint, dass man nichts sagen soll, wenn man nichts nettes sagen kann. Es ist eine herbe Abrechnung, wenn man es jemandem nicht recht machen kann. Manche Dinge dauern eben länger. Aber das refft mancher nicht. Und so geht dieses besondere Album zu Ende.

Das Album ist sehr akkustisch, was nicht unbedingt eine neue Masche von Bruce Springsteen war. Und so wie beim ersten Akkustik-Album Nebraska ist auch diese Scheibe in sich geschlossen. Bis auf das Titelstück und das Lied „Youngstown“ sind heute kaum noch Lieder des Albums live zu hören. Das ist schade. Wahrscheinlich weil mit der E-Street Band die Lieder schwer umzusetzen sind. Jedenfalls finde ich das Album sehr gelungen. Und sie?

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