26 Jahre „The One“ von Elton John

1992 brachte für Elton John eine sagenhafte Zeit. Das war die Zeit, als in den Discos in Deutschland auch noch langsame Runden stattfanden. Die Paare schwooften zu Schmachtfetzen, alle anderen trafen sich beim Bier oder so. Und zu dieser Zeit kam das dramatische „The One“ von Elton John aufs Trapez. Und wie das geschah! Ich weiß das noch genau, dass in dem Club damals die mächtige Nummer unterlegt war mit blauen Laser-Nebel-Fetzen. Schön war’s. Deshalb muss ich auch mal davon erzählen.

Baby, you’re the One

Ich sah dich draußen am Meer tanzen. Du ranntest schnell am Sand entlang. Ein Geist, aus Erde und Wasser geboren. Feuer, das aus deinen Händen fliegt. In dem Moment, in dem du jemanden liebst, in der Sekunde, in der der Hammer zuschlägt, läuft dir die Realität den Rücken hinauf, und die Teile passen endlich zusammen.

Es gibt Karawanen, denen wir folgen. Versoffene Nächte in schummrigen Hotels. Wenn die Chancen inmitten der Stille atmen, wo Sex und Liebe nicht mehr gelieren. Für jeden gibt es zu seiner Zeit einen Kain, bis er am Strand entlang geht und die Zukunft im Wasser sieht. Ein lang verlorenes Herz in seiner Reichweite.

Und alles, was ich jemals brauchte, war dieser eine Mensch. Wie Felder der Freiheit, wo die wilden Pferde laufen. Wenn Sterne wie du und ich zusammenstoßen, blockieren keine Schatten die Sonne. Du bist alles, was ich je gebraucht habe. Du bist dieser eine Mensch.

The One – Die Hymne von Kain, Sex und Liebe

Meine Güte, was für eine hochtrabende Liebeserklärung! Texter Bernie Taupin hat hier Zeilen für die Ewigkeit aufgeschrieben. Das ist ein Text, den man gut und gern bei der Eheschließung verlesen kann, oder? Man hat den einen Menschen gefunden, mehr so durch Zufall. Und auf einmal sind die ganzen schmuddeligen Begebenheiten aus der Vergangenheit vergessen. Auf einmal ergibt alles einen Sinn, und man hat alles, was man jemals wollte und brauchte. Aber über eine Stelle im Text bin ich gestolpert:

For each man in his time is Cain

Nichts ergibt so richtig Sinn, wenn man diese Zeile übersetzt. Was mag damit gemeint sein? Zumal es laut Elton John seine persönlichen Umstände zu der Zeit beleuchten würde. Wer weiß, vielleicht hatte es etwas damit zu tun, dass Elton John 1988 seine Homosexualität öffentlich machte und seine lange Verbindung mit David Furnish 1993 bekannt wurde. Er wurde lange Zeit am Nasenring durch die Manege gezogen, nachdem er sich 1988 outete. Da waren die Medien also Kain, die ihn (medial) umbrachten. Vielleicht ist das mit der Zeile gemeint.

Elton John kommt mit dem Lied mit vollem Orchester um die Ecke. Piano, Gitarre, Bass, Schlagzeug, jede Menge Streicher, also die ganz große Nummer. Ich denke, „The One“ hätte gar nicht kleiner sein können, wenn wir vor allem auf die private Situation Bezug nehmen, die ich skizziert hatte. Dabei bricht er sich aber gesanglich keinen ab, um möglichst viel Schmalz-Gejammer von sich zu geben. Er sagt einfach: „Hör mal, du bist es einfach“. Und diese Deutlichkeit braucht keine Jammerlappen. Und das macht das Lied am Ende zu einem der besten Singles der Neunziger, wenn nicht gar aller Zeiten.

The One – Das Lied

Elton John - The One
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