4 Jahre „The Greatest Show on Earth“ von Nightwish

Was nennt man wohl „The Greatest Show on Earth“, also das größte Schauspiel auf der Erde? Nightwish kamen 2015 mit der Evolutionstheorie daher. Auf dem Album „Endless Forms most beautiful“ beschäftigte sich die Band um den genialen Kopf Tuomas Holopainen mit Charles Darwin. Und alles kulminierte in dem 24-Minuten-Epos „The Greatest Show on Earth“ am Ende des Albums.

A new Opening for the greatest Show on Earth

Four Point Six – 4,6 Milliarden Jahre

Ein archaischer Horizont. Der erste Sonnenaufgang auf einer jungfräulichen Gaia. Das Opus perfectum. Irgendwo dort schlafen wir.

Nach hundert Millionen Jahren Schlaf öffneten wir endlich auf einem üppigen Planeten unsere Augen. Er war strahlend in vielen Farben und prallvoll mit Leben. Innerhalb von Jahrzehnten müssen wir unsere Augen wieder schließen. Ist es nicht eine vornehme und aufgeklärte Art und Weise, unsere kurz bemessene Zeit unter der Sonne damit zu verbringen, am Verstehen des Universums zu arbeiten? Und wie es dazu kam, dass wir darin erwachten?

Life – Das Leben

Das kosmische Gesetz der Gravitation zog die Neugeborenen um ein Sonnenfeuer herum. Eine gleichgültige, kalte Unendlichkeit in jeder erdenklichen Richtung. Als einsamer Reisender in der Lebenszone hat die Erde eine Geschichte zu erzählen vom stellaren Kindergarten bis in die Blütezeit des Karbons. Der Ur-Einzeller tritt auf. Der Bilderteppich der Chemie. Da ist ein Hinweis im Garten der Schöpfung. Er führt uns zur Mutter von allem.

Kanäle von Ionen verbinden die Außenwelt mit der Sternenmaterie. Sie pflanzen den Stammbaum eines heiligen Grals der Biologie. Das Leben tritt auf.

Wir sind eins, wir sind das Universum, die Ahnen dessen, was sein wird, Sprösslinge aus dem Devon-Meer. Äonen ziehen vorbei, sie schreiben die Geschichte von uns allen. Ein Auftakt von Tag zu Tag für das größte Schauspiel auf der Erde.

The Toolmaker – Der Werkzeugmacher

Nach einer Milliarde Jahren findet das Schauspiel immernoch statt. Nicht ein einziger eurer Väter starb jung. Die geschickten Wanderer, die aus Afrika kamen. Die kleine Lucy aus dem Afar. Sie brachten die Fantasie auf die Welt, Götzenverehrung und selbstvernichtende Waffentechnik. Es kommt der Gott der Lücken. Tief in der Vergangenheit lauert die atavistische Angst vor den Gejagten.

Ionien tritt auf, die Wiege der Gedanken. Die Architektur des Verstehens. Das menschliche Bedürfnis, sich so besonders zu fühlen, um die Welt zu beherrschen. Der Hunger nach glänzenden Steinen, nach gigantischen Pilz-Woken. Der Wille, gleiches mit gleichem zu vergelten. Es beginnt die Menschheitsgeschichte, das große Finale. Danach tritt eine Rattenspezies auf.

Der Mensch, er nahm sich die Zeit in der Sonne. Er hatte einen Traum zu verstehen. Ein einzelnes Sandkorn. Er brachte die Poesie auf die Welt. Doch eines Tages wird er aufhören zu sein. Grüß das letzte Licht der Bibliothek! Wir waren hier.

The Understanding – Das Verstehen

Wir werden einmal sterben. Das macht uns zu den Glücklichen. Die meisten Menschen werden niemals sterben, weil sie niemals geboren werden. Die potentielle Zahl der Menschen, die hier an meiner Stelle sein könnten, aber tatsächlich niemals das Tageslicht sehen werden, übersteigt die Anzahl der Sandkörner in der Sahara.

Gewiss wären unter diesen ungeborenen Geistern größere Poeten als Keats, Wissenschaftler, großartiger als Newton. Wir wissen das. Denn die Menge möglicher Menschen, die unsere DNA zuließe übersteigt die Menge der aktuell lebenden gewaltig.

In diesem Geflecht unfassbar vieler Zufälle sind es du und ich in unserer Alltäglichkeit, die hier sind. Wir privilegierten, die wir die Lotterie der Geburt allen Widrigkeiten zum Trotz gewannen, wie können wir es wagen, über unsere unvermeidliche Rückkehr in den früheren Status zu jammern, aus dem eine ungeheure Mehrzahl nie herausgekommen ist?

Richard Dawkins, Evolutionsbiologe und Sprecher

Sea-worn Driftwood – Treibholz, das vom Meer zernagt wurde

Es ist etwas erhabenes in dieser Sicht des Lebens mit seinen verschiedenen Kräften. Es wurde in ein paar Lebensformen eingehaucht. Oder auch nur in eine. Und das, während sich dieser Planet weiter gedreht hat nach dem festen Gesetz der Gravitation. Von so einem schlichten Anfang aus entstand eine endlose Zahl der schönsten und wunderbarsten Lebensformen, und es entstehen immer weitere.

Richard Dawkins, Evolutionsbiologe und Sprecher – Zitat: „Über die Entstehung der Arten“ von Charles Darwin

Evolution – Das Musical

„The Greatest Show on Earth“ ist eine wahre Rockoper. Man kennt ja Nightwish als sinfonisch, rockig, verspielt und spektakulär. Aber dieses Opus stellt alles bisher dagewesene in den Schatten. Die fünf einzelnen Teile des Werks ergeben eine Gesamtspielzeit des Stückes von 24 Minuten. Ich glaube, damit ist „The Greatest Show on Earth“ das längste Einzelstück, das ich hier im Blog besprochen habe.

Tuomas Holopainen und Mitautor Marco Hietala (Bass) wagten sich aus dem bisher bewährten Spektrum von Fantasy heraus, worüber ich hier schon einmal schrieb. Und sie widmeten sich der Wissenschaft. Genauer gesagt, der Evolutionstheorie von Charles Darwin. Der Sprecher in der zweiten Hälfte des Liedes ist Evolutionsbiologe Richard Dawkins.

Der setzte sich mit Charles Darwin auseinander und veröffentlichte unter anderem das Buch „Die Schöpfungslüge: Warum Darwin recht hat“. Im englischen Original heißt das Werk „The Greatest Show on Earth“. Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit Charles Darwin. Und Dawkins kommt dabei zu dem Schluss, dass die Evolution überprüfbar ist und damit den Test bestanden hat.

Letztlich geht es im Opus auch genau darum. Aber eben noch um so vieles mehr. Der Mensch ist nur ein winziger Teil des gesamten Spektrums des Lebens auf der Welt. Und gemessen an unserem Verbleib auf der Erde sind wir ganz schön vermessen, uns als die größten auf der Welt aufzuspielen.

Nehmen wir zum Beispiel die Islandmuschel. Die kann bis zu 500 Jahren alt werden. Die lacht doch den Menschen mit seinen paar Jahrzehnten aus. Wie können wir dann so mit der Welt umgehen? Ich denke, das das Grundmotiv für dieses sagenhafte Stück Musik von Nightwish.

Begriffe

Im Werk kommen einige Begriffe vor, über die wir kurz reden müssen. Das mache ich mal in Form von Stichpunkten.

  • Gaia: Das ist sozusagen das, was wir als den Begriff „Mutter Erde“ kennen.
  • Hundert Millionen Jahre: Es sind eher 46 Millionen Jahre seit dem Urknall
  • Opus Perfektum: Dieser lateinische Begriff bedeutet so viel wie „Das perfekte Werk“ oder „Das Werk ist vollendet“.
  • Die Reisezone, im Original-Text „Goldilocks zone“: Das ist in englischen Märchen der Abstandsbereich um die Sonne, in dem Wasser dauerhaft in flüssiger Form vorkommen kann.
  • Der Ur-Einzeller: LUCA (Last universal common ancestor) ist der letzte universelle gemeinsame Vorfahre.
  • Devon: Ein Erdzeitalter, das vor etwa 419 Millionen Jahren begann und vor etwa 359 Millionen Jahren endete.
  • The Toolmaker: Der „Homo Faber“ gilt als Vorläufer des „Homo Sapiens“.
  • Äon: Das Zeitalter. Das griechische „aion“ bedeutet „Ewigkeit.
  • Ionien: Land der griechischen Ionier an der Westküste der heutigen Türkei.

The Greatest Show on Earth – Das Lied

Wie angesprochen, besteht „The Greatest Show on Earth“ aus fünf Teilen. Zusammen ergibt sich eine Spielzeit von 24:00 Minuten. Die teilen sich wie folgt auf:

Four Point Six        00:00 - 05:47
Life                  05:47 - 10:52
The Toolmaker         10:52 - 17:14
The Understanding     17:14 - 20:14
Sea-Worn Driftwood    20:14 - 24:00

Es handelt sich um eine gewaltige Reise durch die Geschichte der Evolution mit viel Orchester, Heavy Metal steht im Hintergrund. Ich habe hin und her überlegt. Aber ich glaube, das gesamte Spektrum der Entstehung von Leben kann man nicht kürzer fassen. Nehmen Sie sich also etwas zu trinken und gehen Sie mit auf die rasante Tour durch die Evolution. Es gibt ein Video dazu auf dem Youtube-Kanal Steffix.

Nightwish - The Greatest Show on Earth
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