Kraftwerk: Florian Schneider gestorben

Kraftwerk werden nie wieder so sein, wie man sie kannte. Florian Schneider-Esleben ist gestorben. Damit schließt sich eine außerordentliche Musiker-Geschichte. Florian Schneider und Ralf Hütter waren gemeinsam mit Karl Bartos und Wolfgang Flür der Inbegriff für elektronische Musik. Unvergessen sind ihre Klang-Experimente und ihre Bühnenshows, die immer einen Hauch von Star Trek an sich hatten. Durch den Tod von Florian Schneider wird es hier nie wieder eine Rückkehr geben können. Der Verlust des Musik-Genies wird die Musikwelt noch lange Zeit begleiten.

Kraftwerk waren mehr als „Boing-Bumm-Tschak“

Viele Menschen in meinem Alter werden sich an das legendäre „Electric Café“ von 1986 erinnern. Dort trieben es Kraftwerk auf die Spitze mit solchen Dingen wie „Boing-Bumm-Tschak“. Aber eigentlich war die Band noch viel, viel mehr. Angefangen hatte alles mit einem Musikprojekt namens „Organisation zur Verwirklichung gemeinsamer Musikkonzepte“, das von Florian Schneider und Ralf Hütter gegründet wurde. Man schrammelte improvisierte Liedchen vor sich hin. Und daraus entstand Kraftwerk.

In Düsseldorf gründete sich die Band im selbst gebauten Kling-Klang-Studio. Man schrammelte erstmal weiter. Das erste Album „Kraftwerk“ enthielt die Nummer „Ruckzuck“, die lange als Erkennungsmelodie der Sendung „Kennzeichen D“ verwendet wurde. Auf der Platte wurden Flöten, Orgeln und ein Schlagzeug verwendet. Bei „Kraftwerk 2“ waren es Gitarren und Schlagzeug. Elektronischer wurde es erst mit „Ralf und Florian“, wie beim Lied „Tanzmusik“:

Kraftwerk - Tanzmusik
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Kraftwerk – Tanzmusik

Und dann kam die erste große Sternstunde für die Herren Schneider, Hütter, Flür und Bartos. Ende 1974 erschien das Album „Autobahn“, das vor allem durch sein Titelstück weltbekannt wurde. Legendär ist die 23-Minuten-Version auf dem Album. Das konnte aber niemand im Radio bringen, zumal das Stück höchst experimentell ist. Also gab es dann diese Radio-Version:

Kraftwerk - Autobahn (Official Music Video) HD
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Kraftwerk – Autobahn

Ziemlich exakt ein Jahr später gelang dann der nächste große Meilenstein mit dem Album „Radio-Aktivität“. Auf diesem beschäftigten sich Kraftwerk mit Elektrizität und der Gefahr der Atomenergie. Hier war dann Karl Bartos endlich festes Mitglied der Band. Ich denke, dass „Electricity“ von OMD genau von diesem Album beeinflusst wurde.

Kraftwerk - Radio-Aktivität (1975)
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Kraftwerk – Radio-Aktivität

Es folgte dann der nächste Streich mit „Trans Europa Express“. Das Album war geprägt durch die Suite „Trans Europa Express / Metall auf Metall / Abzug“ und durch „Schaufensterpuppen“. Das Album gilt als eins der wichtigsten Werke der Popmusik-Geschichte. Das Titelstück kennt ihr, oder?

Kraftwerk - Trans Europa Express - Official Music Video
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Kraftwerk – Trans Europa Express

Zum Album „Die Mensch-Maschine“ ließen Kraftwerk Puppen anfertigen, die dann bei Presseterminen mit dabei waren. Musikalisch war das Album eine konsequente Fortführung des Vorgängers. Und als Single wurde „Das Model“ ausgekoppelt, das sogar bis auf Platz 1 der Charts ging.

Kraftwerk - The Model (official video)
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Kraftwerk – The Model

Es folgte das Album „Computerwelt“ mit den Singles „Taschenrechner“ und „Computerliebe“. Damit erfand die Band gleich mal das Genre Techno. Und darauf folgte dann „Electric Café“ von 1986 mit dem legendären „Boing Boom Tschak / Music Nonstop“, was dann auch wieder ein Welterfolg wurde.

Kraftwerk - Musique Non Stop 1986 Music Video
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Kraftwerk – Music Non Stop

Florian Schneider-Esleben als genialer Geist

Ich weiß noch, wie meine Mutter damals auf „Music Nonstop“ reagiert hatte. Mit dieser Art Musik konnten unsere Eltern so gar nichts anfangen. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass da geniale Geister und ausgebildete Musiker dahinter stecken. Kraftwerk haben es immer wieder auf die Spitze getrieben. Bei Konzerten ließen sie zum Beispiel auch mal ihre Puppen auftreten und waren gar nicht auf der Bühne. Hinter allem stand Florian Schneider-Esleben als Kopf der Band.

Allerdings stieg der Ausnahme-Musiker 2008 aus der Band aus. Seinen Platz nahm Steffen Pfaffe als Audio Operator ein. Er war schon lange Jahre Mitarbeiter bei Kling-Klang. Und Florian Schneider-Esleben starb am 30. April 2020 an einer kurzen, aber schweren Krebserkrankung. Das gab sein Freund und jahrzehntelanger Weggefährte Ralf Hütter bekannt. Die Musikwelt hat einen genialen Geist und musikalischen Vordenker verloren. Das bedauerten auch OMD, die nie einen Hehl daraus machten, dass Kraftwerk ihre größten musikalischen Einflüsse waren.

OMD zum Tod von Kraftwerk-Gründer Schneider-Esleben: „Wir sind absolut am Boden zerstört zu erfahren, dass einer unserer Helden Florian Schneider verstorben ist.“

Ja, Kraftwerk hatten unzählige Musiker beeinflusst, sie zur Musik gebracht, Musikstile erfunden oder perfektioniert. Die Band ging nie den leichten Weg. Allen voran Florian Schneider-Esleben, der von der rhythmisch gespielten Querflöte zum Synthesizer ging. „Electric Café“ war das letzte wirklich echte Studio-Album der Band. Sie befassten sich dann mit Sound-Installationen und Film-Musiken. Ihr letzter großer Streich war die Musik zur Tour de France. Aber Lieder wie „Neonlicht“ haben die Musik nachhaltig geprägt:

Kraftwerk - Neonlicht (1978)
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Kraftwerk – Neonlicht

OMD haben dieses fantastische Stück gecovert. Andy McCluskey warf seine Interpretation auf sein phänomenales Album „Sugar Tax“:

OMD - NEON LIGHTS
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OMD – Neon Lights

Damit ist die Kraftwerk-Geschichte eigentlich zu Ende. Obwohl Florian Schneider-Esleben bereits seit längerem ausgestiegen war, blieb er doch immer ein Teil von Kraftwerk. Deshalb denke ich nicht, dass die Band – egal in welcher Form – einfach so weitermachen kann. Das wird auch Bands wie OMD wieder beeinflussen, die auch schon am Ende waren und wo Mitglieder aus Gesundheitsgründen ausgestiegen sind.

4 Replies to “Kraftwerk: Florian Schneider gestorben”

  1. Ja, das ist wirklich sehr bedauerlich… Ich fand immer, dass Kraftwerk das musikalische Gegenstück zum BAUHAUS sind, so klar, designt und konstruktivistisch ist deren Musik. Und dann habe ich vor 3 Jahren festgestellt, dass Karl Bartos auch noch tolle Musik im Kraftwerk-Stil macht und mir sein Album „Off The Record“ besorgt, was ich immer noch ziemlich genial finde.

    Auf jeden Fall ein großer Verlust – Rest in peace, Florian.

    1. Oh, was für ein Vergleich! Bauhaus ist mir eigentlich nur mit „Bela Lugosi’s Dead“ bekannt. Und das bringe ich irgendwie nicht mit Kraftwerk in einen Vergleich.

      Ja, Karl Bartos macht nach wie vor großartige Musik. OMD hatten ja nie verheimlicht, dass sie große Kraftwerk-Fans sind. Und so kam es 1996 zu einer Zusammenarbeit zwischen Andy McCluskey und Karl Bartos. Das ist das Lied hier. Und auf „History of Modern“ 2010 gab es mit „RFWK“ eine Hommage an die gesamte Band, siehe hier in dem Lied.

      Klar, es ist ein enormer Verlust, dass der Florian nun nie wieder musikalisch tätig sein wird. Schade.

      1. Nein nein, ich meine nicht die gleichnamige Band (die kenne ich übrigens kaum), sondern das BAUHAUS als ehemalige, einflussreiche Design- und Kunstschule in Weimar und vor allem Dessau. Die vielen Designklassiker gibt’s heute noch. Schau mal hier: https://www.bauhaus-dessau.de/de/museum/besuchen.html

        In meinen Augen kann man die Musik von KRAFTWERK sehr gut mit dem BAUHAUS vergleichen – reduziert, kühl, technisch. Hätte es KRAFTWERK in den 20ern des letzten Jahrhunderts schon gegeben, wären sie wahrscheinlich BAUHAUS-Künstler gewesen und Florian Schneider wäre Meister in der Bauhausbühne gewesen ;-)

  2. Eine Legende ist verstorben. Einer der wenigen Male im Leben als erwachsener Mann wo ich geheult habe.
    Eine Legende und immer mehr Stimmen werden laut, die sagen KRAFTWERK = einflussreichste Band aller Zeiten.
    Hat allerdings Kraftwerk bereits 2008 verlassen.

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