Alles Nazis – Das irrationale Internet

Das Internet tickt komisch. Das ist niemand rational. Alles mögliche wird übertrieben. So auch bei politischen Themen wie der Sache mit der politischen Richtung. Ohne irgendwas genaues zu erzählen, werden ganze Landstriche oder gar ganze Länder in irgendeine politische Schublade gesteckt. Mit welchem Recht tut man das? Dass es politische Strömungen gibt, okay. Aber nicht jeder, der in irgendeiner bestimmten geografischen Ecke wohnt, gehört gleich in eine bestimmte politische Ecke. Aber so rational denken viele halt nicht. Schade drum.

Der Osten ist eine Nazihochburg, heißt es immer. Im Osten wohnen nur Nazis, und jeder Andersdenkende sollte schnellstmöglich verschwinden. Warum? Weil mutmaßlich rechte Parteien in Landtagen sitzen? Das mag sein. Aber hat mal jemand gesehen, zu wie viel Prozent diese Parteien dort drin saßen? Ich hege mal die Mutmaßung, dass die AfD längst nicht so viele Sitze im anhaltinischen Landtag erhalten hätte, hätte man nicht wie ein hysterischer Hühnerhaufen über diese Partei gegackert. So haben doch auch politisch nicht interessierte Notiz von ihr genommen.

Ich halte immernoch die Wette, dass speziell Sachsen, über das immer so sehr als Nazihochburg geschimpft wird, längst nicht so rechtslastig ist, wie es uns das Internet immer glauben lassen will. Und dann gibt es eine Aktion namens „Druckmachen“, mit der Rechtsradikale in die Schranken gewiesen werden. Wenn man denen erzählt, dass man als sächsischer Einwohner eigentlich zeigen will, dass Sachsen gar nicht so rechts ist, wie viele behaupten, wird das zwar gut gefunden. Aber es passt nicht ins Konzept, weshalb es auch belächelt wird.

Nein, Freunde der Sonne, die Welt ist nicht so „rechts“, wie oft behauptet wird. Die vielen Menschen, die ich persönlich kenne, sind niemals in eine solche Ecke zu stecken. Wie kommen Leute nur auf die selten dämliche Idee und bezeichnen ihnen unbekannte Menschen im Internet – und nur dort – als Nazis? Das ist so eine Sache, die ich wohl nie verstehen werden. Man bezeichnete mich ja auch mal ganze merkwürdig: Je nachdem, was gepasst hat, war ich entweder „linksgrün versifft“ oder – ja, Sie ahnen es – ein „Nazi“. Doof, oder? Was muss man denn machen, um so genannt zu werden?

Ich habe es nicht herausbekommen. Und so geht es auch anderen. Das ist ganz komisch. Und so ist das eben auch in Ländern wie Österreich oder Frankreich. In beiden Ländern sind mutmaßlich ultrakonservative Parteien in den höchsten Parlamenten. In Österreich konkurriert auch ein ultrakonservativer Politiker um das Präsidentenamt. Das habe ich alles mitbekommen. Aber heißt das automatisch, dass ganz Österreich auf einer rechtsradikalen Welle reitet? Wie kommen Menschen nur auf die Idee, so etwas zu behaupten?

Ohne Frage, es ist schlimm, dass ultrakonservative Parteien einen derartigen Zuspruch haben. Aber nur weil es eine Wahlentscheidung ist, die aus nachvollziehbaren Gründen für normal denkende Leute getroffen wurde, ist der jeweilige Wähler nicht gleich rechtsradikal. Aber viele Menschen im Internet sind einfach mal nur irrational unterwegs. Die können einfach nicht verstehen, dass es vielleicht ganz andere Gründe für solche Entscheidungen vorliegen. Aber da kann man ja reden, wie man will. Tut man das, ist man eben gleich ein Nazi. Danke, liebes irrationales Internet.

4 Replies to “Alles Nazis – Das irrationale Internet”

  1. Mir kommt das Wort Nazi für Leute, die sich in „besonderer Weise“ äußern, auch schnell über die Tasten und über die Lippen. Es gibt kein Thema, das mich emotional so mitnimmt, wie die Flüchtlingskrise und neuerdings das von der AfD losgetretene „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Für mich ein Thema. Wenn man im Internet darüber diskutiert, merke ich sehr schnell, wie viele Leute es in unserem Land, die ich der Klarheit wegen als Nazi bezeichnen werde. Für die bin ich ein links-grün versiffter Naivling. Andere Eigenschaft wie Dumm- oder Blödheit gehen auch. Allerdings wurde ich auch schon als Nazi gehandelt, weil ich den „Reichbürger“ Naidoo in meinem damaligen Blog verteidigt habe. Im Internet geht es anders zu als im wirklichen Leben. Da hast du recht. Aber leider treffe ich auch dort immer häufiger auf Leute, die sich wie Nazis äußern. Und das gibt erbitterten Streit. Ich halte mich nicht zurück und muss deshalb auch sehr viel einstecken. In den sozialen Netzwerken (ich meide Facebook ganz) finden sich auch an allen Ecken gespenstige Diskussionen. Mir kommt es so vor, dass der Stress von völkisch-rechts-gesinnten Leuten. Die kommen nicht alle aus Sachsen. Sowas zu behaupten wäre wirklich blöd. Aber es gibt bei euch ein Problem, das man nicht übersehen kann. Ich glaube nicht, dass die Meinungsumfragen und Erhebungen zu diesem Thema alle getürkt sind. Und die Gründe dafür wurden in eigens dazu gemachten Sendungen ausführlich dargelegt. Mir würde es auch nicht gefallen, wenn über die Nordrhein-Westfalen pauschale irgendwas behauptet würde. In meinem Blog habe ich mich dazu mit einer Bloggerin aus Sachsen mehrfach ausgetauscht. Das war im alten Blog. Die Artikel gibts nicht mehr, weil ich diesen Blog ja gelöscht hatte. Ich glaube, es kommt darauf an, wie man sich zu bestimmten Sachen äußert. Wenn man menschenverachtende und böse Kommentare verzapft, muss man sich es auch gefallen lassen, selbst beschimpft zu werden. Aber diese Herrschaften mögen das ganz und gar nicht. Die Meinungsfreiheit gilt nur für die Rechten.

    1. Nein, das stimmt schon, dass man die Strömung nicht übersehen kann. Das kann man nun mal nicht. Aber ich verwehre mich dagegen, in diese Schublade gesteckt zu werden.
      Aber die Beobachtung habe ich auch gemacht: Je nachdem, wie du irgendwas sagst, Bist du entweder linksgrün versifft oder braun. Ich finde das schlimm. Aber es ist zum Glück im wahren Leben noch anders.

  2. Also ich habe zwei Jahre lang in Aue gewohnt und musste sagen das zumindest diese Gegend massive Probleme mit „Nazis“ hatte. da gab es in den Wahlen 11% und mehr für die NPD und das vor der Zeit der Flüchtlingskrise und AFD.

    Andererseits hast du Recht. Alle pauschal über einen Kamm ziehen ist falsch. Hier in Thüringen gab es neulich eine Demo der Antifa im Wohnort von Herrn Höcke und laut dem Aufruf ist das auch ein typisch ostdeutsches „Nazidorf“ gewesen. Den Aufruf fand ich völlig fehl am Platz. Nicht nur wegen der Methode vor den privaten Wohnhäusern von vermeintlichen Nazis zu demonstrieren, sondern auch weil pauschal das Problem angeblich aus den ostdeutschen Dörfern kommt. Auch die Antifa muss da noch viel lernen in Sachen Differenzierung. In der Diskussion auf Facebook dahingehend wurde ich auch massiv beschimpft und das N-Wort kam da auch einigen über die Lippen. Gerade ich, der sich sowohl im Blog, als auch als Privatperson aktiv gegen Rechtsextremismus einsetzt.

    Das Internet hat anscheinend die Eigenschaft, dass man nicht groß nachdenkt und erst einmal alles pauschalisiert.

    1. Exakt, das sehe ich ganz genau so. Es gibt nur noch schwarz und weiß, respektive braun und rot-grün. Die vielen Schattierungen dazwischen werden völlig ignoriert. Und was die Antifa so treibt, halte ich für sehr gefährlich. Denn das ist schon irgendwie Guerilla.
      Alles in allem kann man sagen, dass es falsch ist, jeden über einen Kamm zu scheren. Das macht die extremen Kräfte nur stark. Und es ist falsch, den Privatpersonen nachzustellen.

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