Anschlag zur Nationalfeier: Nizza als Terror-Schauplatz

Da freut man sich für Frankreich, dass das Land nach Terror und EM den Nationalfeiertag feiern kann, dann rast ein LKW in Nizza durch die Menschenmenge. Und plötzlich ist alles anders. Es gab viele Opfer. Die Rede ist von über 80 Toten und über 100 Verletzten. Diesmal ist keine Bombe hoch gegangen. Diesmal jagte ein LKW durch feiernde Menschen und riss alles ein. In welcher Welt leben wir denn? Was muss noch alles passieren?

Sondersendungen, Breaking News, Live Blogs, Snapchat, Periscope, was auch immer: Die Medien werden seit ungefähr Mitternacht nicht müde, jede Einzelheit über den Vorfall auf den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag auf der Promenade des Anglais am Strand von Nizza lauthals in die Welt zu brüllen. Im Minutentakt kommen neue Meldungen, die eigentlich ein „Was bisher geschah“ darstellen und um drei, vier Worte angereichert wurden. Da lobe ich mir doch fast eine Übersichtsseite, was bisher bekannt ist.

Wie geht man als Europäer damit um? Wir können uns eigentlich sicher sein, dass der Terror seit längerer Zeit in Europa angekommen ist. Ein wichtiges Wesen des Terrors ist, Angst und Schrecken zu verbreiten und damit ein ganzes Land oder einen ganzen Kontinent zum Erliegen zu bringen. Egal, ob es „Je suis Charlie“ oder „Pray for Hannover“ oder was sonst noch ist, die sozialnetzwerkliche Anteilnahme ist groß. Aber es löst das Problem nicht. Befinden wir uns in einer Spirale von Gewalt, Schrecken und Aufrüstung?

Wir müssen uns davon frei machen, dass man den Terror durch irgendwelche Militär-Aktionen besiegen kann. Auch ein umfassender Ausnahmezustand wie in Frankreich verhindert keinen Terror. Geschieht ein Anschlag, wird aufgerüstet, weshalb der nächste Anschlag passiert und wieder aufgerüstet wird. Diese Spirale muss man durchbrechen. Man darf aber dabei nicht den Fehler machen und sich einigeln. Wenn wir den Terroristen einfach keine Nahrung mehr geben, könnte viel mehr erreicht werden. Spielen wir deren Spiel nicht mehr mit.

Trotzdem treibt die europäische Bevölkerung ein Sack voll offener Fragen um. Man trägt so einen Haufen Gedanken mit sich umher. Deshalb suchen manche sicherlich auch religiösen Trost. Es geht ja am Ende darum, Mut zu fassen. Das Leben muss ja weitergehen. Man darf den Terroristen nicht einfach freie Hand lassen. Natürlich: Irgendwer kommt sicher daher und schlägt vor, keine Flüchtlinge mehr nach Europa zu lassen. Was aber, wenn Terroristen wie der Täter von Nizza Franzosen sind? Was machen wir dann?

Es bringt auch nichts, undifferenziert alle Muslime herabzuwürdigen. Das hilft kein Stück. Zumal ich davon ausgehe, dass die Drahtzieher hinter diesen ganzen Terror-Schergen in klimatisierten Büros in Manhattan sitzen und den Wert ihrer Anteile an Rüstungs- und Sicherheitskonzernen in die Höhe treiben wollen. Terror wie vom Islamischen Staat oder ähnlichen Gruppierungen spielt ihnen dabei in die Hände und wird durch sie finanziert. Die Drahtzieher wälzen sich nicht im Dreck, das machen andere für sie. Sie bezahlen nur diese Party mit Blick auf ihren Shareholder Value.

Aber im Moment ist es so, dass man ob des Anschlags in Nizza relativ zusammenhanglos Gedanken hat, die man noch nicht sortieren kann. Der Terror ist da und wird auch nicht mehr verschwinden. Es sei denn, wir entziehen ihm die Nahrung und spielen sein Spiel der Angst und Aufrüstung nicht mehr mit.

8 Replies to “Anschlag zur Nationalfeier: Nizza als Terror-Schauplatz”

  1. Danke für den Link. Ganz sortiert sind meine Gedanken auch noch nicht. Merkt man ja am Blog Artikel. Aber ich stell mir immer die Frage: Was, wenn Bush 2001 statt zum Krieg gegen den Terror zum Krieg gegen die Armut aufgerufen hätte – und entsprechende Summen investiert worden wären?
    Hätte es mehr Todesopfer gegeben?

    1. Ich denke, das ist am Ende die Mutter aller Fragen rund um den Terror: Was wäre daraus geworden, wenn man direkt nach dem 11.09.2001 anders reagiert hätte?
      Ich bin mir auch nicht sicher, dass es beim Kampf gegen den Hunger weniger Todesopfer gegeben hätte. Denn es hätte vielleicht Essenskriege und so gegeben.

      1. Ich dachte weniger an „Essenskriege“, sondern eher daran, daß es vielleicht aufgrund einer Nichtinvasion in Afghanistan erst einmal mehr Terroranschläge gegeben hätte als es ohnehin schon gab…
        Das ist ja die Angst, daß es schlimmer wird, wenn man nicht drauf haut.

        1. Da ist was dran. Aber derzeit diskutiert man in den sozialen Netzwerken: Was, wenn es gar nichts mit Terror zu tun hatte? Dann nämlich müsste man ganz anders nachdenken. Was, wenn der Fahrer psychisch angeknackst gewesen wäre? Ich glaube, hier ist jede Menge Spekulation im Spiel.

          1. Bezogen auf das in Nizza: Absolut. Ich hab jetzt die sozialen Netze nicht so verfolgt, was Nizza angeht.
            Aber das würde ja nur noch unterstreichen, auf die Gesamtsituation mit dem Terror bezogen: Nicht mitspielen.

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