Die Tagesschau und der Shitstorm

Was musste ich denn gestern lesen? Die Facebook-Seite der Tagesschau wurde mit wüsten Kommentaren bombardiert. Ein Shitstorm brach los. Der Grund war dabei völlig klar: die Proteste in Spanien. Aber wieso musste man derart ausrasten?

Aufmerksam wurde ich auf den Shitstorm, als Markus Huendgen folgende Twitter-Nachricht veröffentlichte:

Es gab gestern eine wüste Occupy-Aktion in Spanien, eine Protestwelle, die auf die Sparmaßnahmen Spaniens wegen des ESM antwortete. Alle Welt berichtete darüber. Die Tagesschau aber behielt sich vor, erst zu recherchieren, was da los war. Und das brachte die Meute bei Facebook zum Kochen.

Selbst eine vermeintlich klärende Nachricht, dass Reporter bereits vor Ort wären und dann halt auch die entsprechende Nachricht dazu kommen würde, die beendete auch nicht das Treiben. Pro Nachricht erhielt die Tagesschau hunderte, teils schwer erzürnte Kommentare. Auch viele, die der Tagesschau eine Verschwörung unterjubeln wollten, weil eben Deutschlands wichtigste Nachrichtensendung nicht über die Proteste in Spanien berichtete.

Konrad Weber meint hierzu in seinem Blog, dass die wütenden Kommentierer in ihrer Wut auch ein wenig Äpfel mit Birnen verglichen haben. Denn sie verglichen zum Beispiel die Tagesschau mit dem lokalen Fernsehsender. Man warf der ARD in diesen Vergleichen vor, Klüngelei zu betreiben und den Bildungsauftrag zu verfehlen, weil man eben nicht schneller als die spanischen Medien war. Konrad Weber meint dazu, dass die außerordentliche Leistung der spanischen Medien von der Tagesschau nie in dieser Geschwindigkeit hätte angeboten werden können.

Und so sehe ich das ja eben auch. Aber die Kommentierer bei der Tagesschau sahen das eben anders. Und deshalb musste die Tagesschau heute im Blog natürlich darauf reagieren. (Das Banner beim Klicken auf den Link muss sein, da die ARD das Leistungsschutzrecht gut findet. Einfach auf „Original-Seite“ klicken.) Der Kern des Artikels ist folgender:

Was grundsätzlich klar sein muss und auch den meisten klar ist: Wir lassen uns nicht beeinflussen oder unter Druck setzen.

Bei der Tagesschau wird eben kein Krawall-Journalismus wie bei den Qualitätsmedien gemacht. Man war vor Ort, hat gedreht und die Aufnahmen gesichtet und aufbereitet. Und gestern war noch einiges mehr los, sodass die Nachricht von dem Aufruhr erst später gesendet wurden. Alles nachlesbar unter dem obigen Link.

Was ich dabei bemerkenswert finde: Die wüsten Kommentare gehen – in verminderter Form – unter dem Beitrag weiter. Da wird über das Layout des Beitrags gefachsimpelt. Aber ist es nicht die Information, die einen Artikel ausmacht? Oder nur das Aussehen?

Nun ja, die Leser und Zuschauer der Tagesschau fühlen sich leider nicht ernst genommen. Aber ist es nicht so, dass sich ein Medium von niemandem unter Druck setzen lassen soll? Ist es nicht so, dass das gestern wirklich ein Shitstorm war? (Zur Beantwortung bitte im Artikel von Konrad Weber nachlesen.)

Klar, die Tagesschau befürwortet das Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Aber trotzdem sind es seriöse Nachrichten. Irgendwie habe ich bei diesen Nachrichten immer den Eindruck, als wären sie kritischer der regierenden Politikkaste gegenüber eingestellt als – sagen wir mal – die Peter-Klöppel-Selbstverwirklichungs-Nachrichtenhölle namens „RTL aktuell“. Selbst n-tv berichtet nicht kritisch genug. Aber das sind ja hausgemachte Sachen.

Worauf ich hinauswill: Es mag strategischer Blödsinn gewesen sein, nicht in einer der Hauptnachrichten über die Proteste in Spanien zu berichten. Aber derartig auf einem Profil herumzupöbeln, das gehört sich dann eben auch nicht.

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