Ist eine CDU-Koalition mit der AfD in Sachsen möglich?

Mir wurde jetzt mal der Vorschlag gemacht, aus Sachsen auszuwandern. Noch wäre Zeit. Der Grund ist, dass eine Koalition zwischen CDU und AfD möglich wird. Ich war auch erstmal geschockt. Mir war zwar klar, dass die sächsische CDU anders ist als andere Landesverbände und irgendwie auch konservativer als die bayrische CSU. Aber dass jemand wirklich so weit denkt, dass die CDU in Sachsen ab 2019 gemeinsam mit der AfD die politischen Geschicke leitet, das schien unmöglich. Spielen wir das aber mal durch.

Das Überschreiten roter Linien

Kanzlerin Angela Merkel hatte als rote Linie ausgegeben, unter keinen Umständen mit der AfD zusammen zu arbeiten. Allerdings scheint diese rote Linie nicht mehr allzu viel zu gelten. Vor allem in Sachsen nicht. Politiker in dem Bundesland, in dem ich geboren und aufgewachsen bin und lebe, machen sich Gedanken darüber, wie sie wohl nach der nächsten Landtagswahl an der Macht bleiben können. Das ist die zentrale Frage. Es geht nicht darum, was dazu geführt hatte, dass die CDU in Sachsen am Ende ist. Es geht um den puren Machterhalt.

Vor diesem Hintergrund kommt der Freiberger Bau-Bürgermeister Holger Reuter auf die Idee, eine Koalition mit der AfD für möglich zu halten, wenn diese Partei sich nur stabilisiert und den Menschen zeigt, wie es besser werden kann. Die AfD soll es also besser machen, nicht etwa die CDU. Und in Dresden halten sie es für sehr wahrscheinlich, dass CDU und AfD auf kommunaler Ebene zusammenarbeiten. Alles vor dem Hintergrund, dass die CDU in Sachsen unbedingt an der Macht bleiben soll.

So faselte auch die Chemnitzer Bundestagsabgeordnete Bellmann etwas davon, dass eine „Machtoption“ tatsächlich eine Koalition mit der AfD sei. Es geht um Macht. Es geht nicht um die Bürger. Erst recht geht es nicht um die Gestaltung der Gesellschaft. Die CDU will einfach nur weiter an den Töpfen lecken, ohne irgendwas für das Volk voran zu bringen. Und das ist auch der ganze Hintergrund. Die CDU insbesondere in Sachsen kommt gar nicht auf die Idee, irgendeine Alternative zur AfD aufzuzeigen, so lang es der eigenen Macht dient.

Lieber Macht statt macht ganz?

Die sächsische CDU hat zur Bundestagswahl ein Debakel sonders Gleichen hingelegt. Die Folge war, dass Ministerpräsident Tillich seinen Rücktritt angekündigt hatte. Sein ins Spiel gebrachter Nachfolger Kretschmer wird es wohl nicht besser machen. Was bisher niemand von der sächsischen CDU als Begründung für das Ergebnis wahrhaben wollte: Schulen und Polizei können nicht mehr so arbeiten, wie es die Bürger gewohnt sind, weil sie kaputt gespart wurden. Behörden haben Personalnot, die Infrastruktur ist marode. Es waren nicht nur die schweren Fehler bei der Flüchtlingspolitik.

Man versteht in der sächsischen Politik eh nicht so richtig, was der Plan sein soll. Heißt der einzig und allein „schwarze Null“? Das kann nicht deren Ernst sein. Da muss doch noch mehr kommen. Wenn die sächsische Polizei nicht mehr ihrem Auftrag nachkommen kann, weil sie nicht genügend Personal hat, ist das enorm schlimm. Wenn Kinder in zugigen Schulen lernen müssen und nicht einmal halbwegs aktuelle und ausreichende Technik zur Verfügung haben, ist das doppelt schlimm. Und die Wirtschaft steht und fällt mit Verkehrswegen, die in Ordnung sind. Da muss man schon Geld locker machen, das Sachsen ja zur Verfügung hat.

Aber es sind immer die anderen. Die Merkel-Politik sei die Ursache für das Abschneiden der sächsischen CDU. Nein, es ist die verabscheuungswürdige, herablassende Ignoranz der sächsischen CDU. Die sorgte auch für Parteiaustritte prominenter Natur. Man könnte konstatieren, dass die Ratten das sinkende Schiff verlassen. Aber was will man denn noch machen, wenn die sächsische CDU – oder halt neuerdings „die sächsische Union“ – sich in einer Sackgasse festgefahren hat und vor lauter Nebel die Wendemöglichkeit nicht gesehen hat? So macht sie lieber einen auf Macht, macht aber nichts kaputtes ganz.

Muss Merkel weg?

„Merkel muss weg“ heißt es ja immer wieder auf PEGIDA-Demonstrationen und aus den Reihen der AfD. Allerdings ist das nun auch plötzlich eine zentrale Forderung des CDU-Kreisverbandes Mittelsachsen. Mit anderen Worten: Die sächsische CDU macht sich gemein mit Aussagen der Rechtskonservativen. Vielleicht haben da ein paar sächsische CDU-Politiker gedacht, dass das schon beeindruckend von der AfD war und man sich daran ein Beispiel nehmen sollte. Aber ehrlich: Dann wäre die CDU nur eine Kopie der AfD, und die Bürger wählen dann lieber das Original.

Das Land muss sich erneuern, das ist ja wohl keine Frage. Das kann keineswegs mit einem „Sie kennen mich“ und einem „Weiter so“ geschehen. Ob deshalb Angela Merkel „weg“ muss, ist nicht so richtig klar. In den Jamaika-Sondierungen jedenfalls ist es noch nicht mal richtig klar, ob Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden. Aber wenn, dann werden Grüne und FDP die progressiven Kräfte einer künftigen Regierung werden. Ob das dann mit einer – sagen wir mal – entspannt durch regierenden Kanzlerin so eine doofe Idee ist, bezweifle ich.

In Sachsen ist die CDU jedenfalls ein einziger Scherbenhaufen. Und das kann man nicht weg diskutieren. Dass sie sich nun aber zur AfD ins Bett legen soll, würde sie endgültig zermalmen. Ich stelle nicht in Frage, dass es eine konservative Volkspartei geben muss. Das hat allerdings die CDU bundesweit lange Zeit aufgegeben, und die AfD hat sich diese Hose angezogen. Ich denke, nur wenn die CDU wieder eine saubere und klare Linie fährt, kann ein AfD-Ministerpräsident im ehemaligen Vorzeige-Bundesland noch verhindert werden. Gemeinsame Sache zu machen, jedenfalls nicht.

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