Michael Kretschmer und die Meinungsfreiheit in Sachsen

Demonstranten, Journalisten und Polizisten geraten aneinander. Und Michael Kretschmer, der Ministerpräsident von Sachsen, skalpiert unsere Pressefreiheit. Es ist eine ganz eigenartige Situation, die dem Bundesland, in dem ich zuhause bin, wieder einmal den Stempel des braunen Sumpfes aufdrückt. Und mit Verlaub, Herr Ministerpräsident, mit Recht! Ehrlich, das kann man als Spitzenpolitiker nicht bringen. Und was war passiert?

„Sie begehen eine Straftat!“

Zuerst einmal sollten Sie diesen Link öffnen. Er führt zu Twitter und dort zu einem Tweet des Journalisten Arndt Ginzel, der von der PEGIDA-Demonstration anlässlich eines Besuchs von Kanzlerin Merkel in Dresden berichtete.

Die Journalisten des ZDF-Magazins „Frontal 21“ filmten die Demonstranten. Aus deren Gruppe löste sich ein allenthalben „Wutbürger“ genannter Mensch und bedrängte die Journalisten, man solle aufhören, ihn zu filmen, und man würde eine Straftat begehen, die unmittelbar bei der anwesenden Polizei angezeigt werden müsse.

Es folgt eine Unterredung mit der sächsischen Polizei. Ich empfehle Ihnen, den obigen Link zu öffnen. Welche Haltung zeigt die Polizei? Und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hält dieses Vorgehen der Polizei für seriös. In diesem Tweet ist genau das sein Befund zu der Situation, die im Video gezeigt wird.

Was trieb Michael Kretschmer denn um?

Also erstmal ist es so, dass die Demonstranten gegen Angela Merkel demonstrieren wollten. Sie wollen dabei nicht einmal erkannt werden, wie man es eben so oft nachlesen kann. Und sie fühlten sich durch das Kamerateam offensichtlich gestört. Aber dass die Polizei die falsche Annahme vertrat, das Team hätte eine Straftat begangen, und das auf Nachfrage nicht einmal erklären konnten, ist schon bemerkenswert.

Es ist ja ungefähr so, dass ein Teilnehmer einer öffentlichen Demonstration – und die waren die Merkel-Proteste – gefilmt werden darf. Die Demonstration gehört zur Meinungsfreiheit. Dass diese Veranstaltung gefilmt wurde und in den „Systemmedien“ ggf. gezeigt werden würde, ist die Rede- und Pressefreiheit. Beides sind hohe Güter dieser Demokratie. Und letzterer Freiheit spricht Michael Kretschmer die Seriosität ab. Mit welchem Recht denn?

Und mit welchem Recht stuft der sächsische Ministerpräsident das Handeln der Polizei als richtig und als einziges seriös ein, wenn es doch die Pressefreiheit einschränkt, die schließlich durch die Verfassung dieses Landes gewährt wird? Ist Michael Kretschmer als Ministerpräsident denn nicht mit dem Grundgesetz vertraut, wo es heißt:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Michael Kretschmer ist nicht mein Ministerpräsident

Michael Kretschmer als Ministerpräsident des Bundeslandes Sachsen hat einen Amtseid geschworen, als er am 18. Oktober 2017 die Nachfolge des unsäglichen Stanislaw Tillich antrat. Kretschmer, der hoch gelobt wurde ob seiner Ideen zur Zukunft Sachsens, hat die Werte des Amtes des Ministerpräsidenten verletzt. Denn er schwor folgenden Eid laut Verfassung des Freistaates Sachsen:

Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohl des Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, Verfassung und Recht wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber allen üben werde.

Er wahrt aber weder Verfassung noch Recht, wenn er der Pressefreiheit die Existenz verweigert. Das ist einfach nicht zu akzeptieren. Er fand es richtig, dass die sächsische Polizei eine „polizeirechtliche Maßnahme“ gegen das Kamerateam durchführte. Ein solcher Eingriff in die Grundrechte von Bürgern bedarf einer Rechtsgrundlage, wie wir hier lesen. Ja, lag die denn vor? Ich habe da so meine Zweifel.

Welche Rolle spielt die sächsische Polizei?

Jetzt weiß ich ja nicht, was mir blühen könnte, wenn ich mit dem Finger auf die sächsische Polizei zeige. Aber es ist nun einmal so, dass es immer wieder Beispiele gibt, die zeigen, dass die Polizei auf dem rechten Auge blind zu sein scheint. Wie kommt das denn? Ich will hier keine wilden Unterstellungen bringen. Vielleicht ist es ja auch so, dass bei dem mickrigen Gehalt kein Polizist gegen einen wütenden Mob den Kopf hinhält.

Aber es ist immer wieder erschreckend, welches Bild die Polizei hier im grünweißen Freistaat an Elster und Elbe abgibt. Insofern kommt es nicht von ungefähr, dass der wütende Mob mit seinen schwarz-rot-goldenen Hütchen denkt, es ist alles erlaubt. Und wenn das auch noch durch einen Ministerpräsidenten gedeckt wird, der der Pressefreiheit in Sachsen keinen Platz einräumt, wird das Bild erst richtig rund.

Es ist der fehlende Schutz der Grundrechte durch Polizei und Landesführung. Es ist das knapp 30 Jahre andauernde Weiter-so hierzulande. Vielleicht muss ein enormer Politikwechsel her. Aber der ist hier offensichtlich nicht gewollt. So wie es auch nicht gewollt ist, ein positives Sachsen darzustellen. Und die Polizei macht hier feste mit. Scheiß Spiel!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert