„Paradise Papers“ – Ein ganz legaler Steuerbeschiss?

Es wird niemanden interessieren, weil es eh zu keinen Konsequenzen kommt: Über die Kanzlei Appleby wurden Milliarden an Steuerschuld trickreich versteckt. Es wird kein Interesse und keinen Aufschrei hervorrufen, weil das ein ähnliches Thema ist wie noch bei den „Panama Papers“ vor geraumer Zeit. Über wilde Steuertricks, von denen man noch nicht genau weiß, wie legal die sind, wurden Milliarden und Abermilliarden an den Steuerbehörden vorbei geschleust. Auch in Deutschland. Und hier verrotten die Schulen. Es ist einfach nur noch zum Kotzen.

Was sind die „Paradise Papers“ überhaupt?

Curt Rudolf Glover Engelhorn war der Urenkel von Friedrich Engelhorn, der den Chemiekonzern BASF gegründet hatte. Curts Vater hieß auch Friedrich, und der gründete die C.F. Boehringer & Söhne, aus der dann der Pharma-Riese Boehringer Ingelheim wurde. Über die Kanzlei Appleby auf der Isle of Man in der Irischen See wurde ein wildes Geflecht gebastelt, das dann eine Holding namens „Corange Ltd.“ als Dach hatte. Engelhorn machte mit Appleby einen wilden Deal aus und beschenkte seine Töchter mit unfassbaren Geldbeträgen. Schenkungssteuer? Die floss erst gar nicht und später dann nur zum Teil und nach Gerichtsverfahren.

Das Engelhorn-Imperium ist bei weitem nicht alles in den „Paradise Papers“. Die britische Königin, Altkanzler Schröder, russische Oligarchen, der US-Handelsminister Ross, Lewis Hamilton, aber auch Apple, Facebook, Microsoft, Ebay, Twitter, Sixt, die Deutsche Post, Siemens, die Allianz, Bayer oder die Deutsche Bank: Alle tauchen in der unfassbaren Menge an Daten auf. Alle haben mehr oder weniger stark und skrupellos die Steuerbehörden beschissen. Und ja, ich meine beschissen. Es ist nicht ganz klar, wie illegal diese Praktiken sind. Aber dass so etwas überhaupt möglich ist, das ist bedenklich.

Möglich wurde dies durch ein Geflecht aus Briefkastenfirmen irgendwo in Steuerparadisen. So werden die Bermudas, die Cayman Islands, Mauritius, die Seychellen, die Britischen Jungferninseln, die Isle of Man, Guernsey, Jersey und so weiter genannt. Einige der weltweit reichsten Privatpersonen und der größten Unternehmen, sowie mehr als 120 Staats- und Regierungschefs und Politiker aus 47 Ländern sind in den Papieren genannt. Der Vorwurf der Verschleierung, Splittung und Geldwäsche steht im Raum. Aber ich nehme an, es wird keine Konsequenzen geben. Warum auch? Ist doch nichts passiert.

Wenn das Otto-Normal-Bürger machen würde

Mir sind Fälle bekannt, in denen es um ein paar hundert Euro, schlimmstenfalls um ein paar tausend Euro Steuerschulden geht oder ging. Diejenigen, die vielleicht einfach nur vergessen hatten, irgendwelche Steuern zu bezahlen oder so, die wurden teilweise so lang kopfüber geschüttelt, bis auch die letzte Münze auf dem Frack gefallen war. Denen wurde wegen „Steuerverbrechen“ gar mit Gefängnis gedroht. Ich habe da Dinge gelesen, die sich so lasen, als ob da Leute wegen solcher Dinge wie Schwerverbrecher und Mörder und dergleichen behandelt wurden. Und Leute wie Wilbur Ross oder Curt Engelhorn können machen, was sie wollen?

Da stellt sich Wolfgang Schäuble als scheidender Bundesfinanzminister hin und tut allen Ernstes so, als könne man nichts dagegen tun. Das lässt den Schluss zu, dass man einfach nichts dagegen tun will. So ist es auch kein Wunder, dass hochrangige Politiker wie eben jener Wilbur Ross das so tun, was sie tun. Auch Jared Kushner als Trump-Schwiegersohn gerät gewaltig in Bedrängnis. Das Alles hat das Internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) ausgewertet. Aber ich wiederhole mich hier gern: Konsequenzen wird das wohl nicht haben.

Sie machen doch eh alle mit

Hochrangige Politiker, schwerreiche Erben, multinationale Konzerne, alle möglichen Leute, die viel Geld zu verstecken haben, machen da mit. Im Gegenzug stellen sich Behörden und Regierungen hin und behaupten, dass kein Geld für Wirtschaftshilfe, für Krankenhäuser, für vernünftige Schulbildung oder, oder, oder vorhanden ist. Straßen gehen kaputt, Schulen verrotten, oder Katastrophenhilfe wird nicht gewährt, aber diesen Schweinehunden geht es nicht an den Kragen. Das will offenbar auch niemand ändern. Klar, sie profitieren alle davon. Es ist einfach nicht zum Aushalten.

Curt Engelhorn starb vergangenes Jahr. Er hat zugesehen, dass sein gigantisches Vermögen, das er auch noch offen zur Schau stellte, nicht dem Fiskus in die Hände fiel. Aber für wohltätige Zwecke oder für Spenden war einfach kein Geld da. Und die Politik findet das gut, sonst hätte sie schon längst etwas dagegen unternommen. Auch die künftige Regierung – falls es mal eine gibt – wird nichts dagegen tun. Klar, Jamaika klingt schon wie eine Steueroase. Aber irgendwann muss das System doch kollabieren. Das kann doch nicht ewig so weitergehen.

Und Appleby? Die Kanzlei hat Milliarden und Abermilliarden der Reichen und Superreichen versteckt und den weltweiten Steuerbeschiss gelenkt. Statt aber sich wenigstens zu entschuldigen, sieht sie sich auch noch als Opfer eines Angriffs. Vermutlich wird das viele Geld, um das die Menschheit betrogen wurde, nie auftauchen und Appleby auch noch entschädigt. So ist es doch immer. Oder etwa nicht? Aber wehe, ich bezahle meine rund 100 Euro Kfz-Steuer nicht fristgemäß, dann bin ich ein Verbrecher.

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