Xenophobie? Fremdenfeindlichkeit? Woher kommt das Alles?

Es gibt nicht wenige Leute, die nach einer Erklärung suchen, wie es zur Fremdenfeindlichkeit kommt. Und warum die im Osten stärker ist als im Westen. Das Alles wird dann mit wohlklingenden Fremdwörtern überschrieben und als analytischer Aufsatz den Lesern oder überhaupt dem Publikum um die Ohren gehauen. Ich bin auf etwas gestoßen, was ich einfach mal besprechen muss. Meine Frage dabei ist: Ist Fremdenfeindlichkeit mit dem Begriff Xenophobie zu erklären, und wieso ist der Osten angeblich so xenophob?

Was ist Xenophobie?

Um meine Frage zu beantworten, ist es erstmal sinnvoll, sich mit dem Begriff „Xenophobie“ auseinander zu setzen. Dabei fangen wir mal mit der „Phobie“ an. Das ist eine krankhafte Angst vor irgendwas. Sie kennen sicher den Begriff Klaustrophobie, was die krankhafte Platzangst ist. Eine Phobie ist also eine spezifische, isolierte Angst vor irgendwas. Und der Begriff „Xenos“ ist der oder das Fremde im Allgemeinen. Bei Xenophobie handelt es sich also nach meinem Verständnis um eine krankhafte, spezifische Angst vor allem Fremden, also all dem, was man nicht kennt.

Jetzt bin ich aber irritiert: Denn Xenophobie wird aber auch herangezogen, wenn es um Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass und all das geht. Das Ganze hat wohl seinen Ursprung vor 115 Jahren gehabt, als der Schriftsteller Anatole France mit dem Begriff antisemitische Demagogen bezeichnet hat. Also stellt man seitdem die krankhafte Angst vor allem Fremden mit Fremdenfeindlichkeit gleich. Aber ist das so überhaupt richtig? Denn im Prinzip ist Xenophobie das, was in Deutschland scherzhaft die Angst vor dem Schwarzen Mann genannt wird. Und deshalb finde ich die Gleichstellung der Begriffe nicht richtig.

Willkürliche Verwendung von Begriffen?

Jetzt kommen immer wieder Wortmeldungen daher, die da besagen, dass der Begriff Xenophobie willkürlich und zum Teil auch fälschlich eingesetzt wird. Warum das so gesehen wird, habe ich oben geschrieben. Wenn jemand xenophob ist, ist da eine krankhafte Störung. Wenn es stimmen würde, dass die Sprache sich verändert hat und demnach die Fremdenfeindlichkeit als Begriff die Fortführung der Xenophobie ist, müssten ja all diejenigen, die Hass gegen Ausländer hegen, eine krankhafte Angst haben. Aber das ist doch sicherlich nicht der Fall.

Man könnte jetzt hergehen und sagen, dass es möglichst wissenschaftlich klingen muss, wenn Gesellschaftswissenschaftler den Fremdenhass erklären wollen. Aber ich denke, dass sich einfach die Begriffe vermischt haben. Wenn jemand fremdenfeindlich eingestellt ist, kann auch eine Xenophobie vorliegen. Sie muss es aber nicht zwangsläufig. Da man bei vielen Argumentationen und Demonstrationen und verschwurbelten Beiträgen im Internet auch mitbekommt, wie sehr sich da jemand auf einem Irrweg verrannt hat, kann sich dieser jemand dann vielleicht auch in die Xenophobie begeben haben. Aber das Eine muss mit dem Anderen nicht unbedingt zusammenhängen.

Xenophobie ist in Ostdeutschland ausgeprägter

Schon die „Mitte-Studien“ der Universität Leipzig haben gezeigt, dass die Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland ausgeprägter ist als in Westdeutschland. Auch andere Studien und Umfragen kommen zu solchen Ergebnissen. Und die Berichterstattung lässt auch keinen anderen Schluss zu. Im Internet haben sich dazu die Begriffe „Dunkeldeutschland“ und „Kaltland“ etabliert. Angeblich würde das Ganze aus der immernoch latent vorkommenden Hörigkeit gegenüber der Konkurrenzlogik der Marktwirtschaft stammen. Aber ist das überhaupt so?

Man hat festgestellt, dass das gar nicht so ohne weiteres stimmt. Man hat festgestellt, dass die ländliche und / oder schlechter gestellte Bevölkerung eher zur Fremdenfeindlichkeit neigt als die städtische Bevölkerung oder wohlhabende Menschen. Mit anderen Worten: ein Arbeitsloser, der in einem kleinen Dorf im Sauerland wohnt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht weniger fremdenfeindlich eingestellt, als ein Arbeitsloser, der in der Dübener Heide wohnt. Dagegen ein Akademiker aus Köln ist genauso wenig fremdenfeindlich wie ein Akademiker aus Leipzig.

So kann man das weiterspinnen. Aber unterm Strich quillt die Erkenntnis hervor, dass der Osten nicht fremdenfeindlicher als der Westen ist. Es ist aber so, dass es große gesellschaftliche Unterschiede gibt. Das beginnt schon damit, dass die Landbevölkerung im Osten einen größeren Anteil haben soll als im Westen. Aber wenn man Menschen mit (nahezu) gleichen sozio-ökologischen Eigenschaften betrachtet, stellt man keinerlei signifikante Unterschiede in Sachen Fremdenfeindlichkeit fest.

Meine Beobachtung

Der letzte Link führt zu einer Studie, die bei gleichen Voraussetzungen keine Unterschiede zwischen Ost und West feststellt. Die Unterschiede liegen zwischen arm und reich, zwischen einfacher Bildung und Akademikern und vor allem zwischen Stadt und Land. Die Behauptung in dieser Erkenntnis ist steil. Keine Frage. Die spannende Frage, die sich dann in der Konsequenz stellt, lautet: Stimmt diese Behauptung?

Ich habe in meinem Leben viele Leute persönlich kennengelernt. Und es ist schon so, dass da etwas dran ist. Keine Frage, in Leipzig gab und gibt es Fremdenfeindlichkeit. Aber im Südraum von Leipzig gibt es kleine Dörfer, die vom Braunkohle-Tagebau profitiert haben und die nun hohe Arbeitslosigkeit haben. Mir sind Berichte bekannt, die besagen, dass dort in den vergangenen 25, 26 Jahren in Ku-Klux-Klan-Manier Aufmärsche stattfanden. Sozusagen eine Art Weiße-Elster-Burning statt Mississippi Burning.

Aber es geht auch weniger drastisch und weniger gewalttätig. Wer in Leipzig durch eine Straße marschiert, durch die er noch nie ging, von dem wird keinerlei Notiz genommen. Machen Sie das mal auf irgendeinem Dorf in der Region. Es dauert nicht lang, bis hinter der Gardine geschaut wird, bis irgendwas ganz dringend auf dem Fußweg gemacht werden muss. Der Fremde wird von der Ferne argwöhnisch betrachtet und taxiert. Mit anderen Worten: An der Behauptung ist schon etwas dran, ohne gleich auf Rassenhass, Fremdenfeindlichkeit und dergleichen herumzuhacken.

Fazit

Es ist für mich weiterhin nicht klar, wieso man Xenophobie mit Fremdenfeindlichkeit verknüpft. Aber es beruhigt ein Stück weit, dass dieses Phänomen – egal, wie man es nennt – kein reines Problem der Ostdeutschen ist. Das zeigen ja auch Wahlergebnisse bei Landtagswahlen. Gleichwohl beunruhigt es mich, da durch die fehlende regionale Begrenzung ein Eindämmen schwieriger ist. Aber ich haue auch mal einfach so in die Runde, dass es Fremdenfeindlichkeit immer schon gab. Argwöhnisch waren die Einheimischen immer schon gegenüber den Fremden. Das liegt in der Natur der Menschen.

Was aber nicht passieren darf, dass aus anfänglichem Argwohn offener Hass und Gewalt und Sachschäden wachsen können. Hierzu ist mein Eindruck wie vor vielen Monaten, dass die Politik die Menschen einfach mal mit ihrem Argwohn allein gelassen hat und sie nicht mitgenommen hat. So denken dann die eh schon verunsicherten Menschen, dass sie mit fremden Dingen einfach mal überschwemmt werden. Und so kann man auch Angst bekommen, die dann vielleicht auch krankhaft werden kann. Und dann haben wir die Xenophobie, die die Wissenschaftler beschreiben.

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