Das Leistungsschutzrecht und viel Unsinn

Wie ist das eigentlich? Ein Leistungsschutzrecht wurde implementiert, das regelt, dass Textschnipsel für Aggregatoren kostenpflichtig sind. Suchmaschinen sollen dafür zahlen, dass sie auf Artikel von Medien verlinken und dabei einen Anrisstext und ein Vorschaubild zeigen. Und wenn sie dann nur noch die Überschriften als Link anzeigen und daraufhin eine Gratisnutzung eingeräumt bekommen, heißt es, dass sie den Verlagen diese abgenötigt hätten. Nötigung: Ein schwerer Vorwurf gegen Google und Co.

Es ist eine scheinbar endlose Debatte. Suchmaschinen führen in den Suchergebnissen (oder genauer Google bei Google News) Artikel von Presseverlagen auf. Nehmen wir mal an, es würde sich da um einen Artikel der WELT handeln. Da steht dann im Suchergebnis die Artikelüberschrift als Link, gefolgt von einem kurzen Anrisstext und einem Vorschaubild. Für den Anrisstext und das Vorschaubild wollen die Verlage Geld haben, weil sie das als Leistung ansehen, die Google zur Verfügung gestellt wird.

Was hat dann folgerichtig Google gemacht, als die Erweiterung des Urheberrechts in Kraft trat? Die Verlage, die über die Verwertungsgesellschaft VG Media organisiert sind und eben für die Texte und Bilder Geld sehen wollen, werden weiterhin mit der Artikelüberschrift als Link angezeigt. Was nicht mehr passiert, ist die Anzeige von Anrisstext und Vorschaubild. Denn dafür wollen ja speziell der Axel Springer Verlag und der Hubert Burda Verlag, aber eigentlich alle Verlage der VG Media Geld haben.

Und da Google News ein kostenfreier Dienst für alle Leser und ein – soweit ich weiß – auch kostenfreier Dienst für die Verlage ist, ist das eine kaufmännische Entscheidung. Und wie gesagt: Man nutzt eben einfach nicht mehr die Leistung, die da diese Verlage anbieten. Es besteht für diese Leistung kein Bedarf auf Seiten der Aggregatoren. Und nun bieten die Verlage speziell Google diese Leistung gratis an. Sie werfen ihre Leistung der Suchmaschine hinterher.

Gleichzeitig spricht aber der – laut Wikipedia – Executive Vice President der Axel Springer AG, Christoph Keese, davon, dass Google es den Verlagen abgenötigt hatte, die Anrisstexte und Vorschaubilder gratis nutzen zu können. Wenn Herr Keese hier von Nötigung spricht, ist das eine schwere Anschuldigung. Es heißt in einer Veröffentlichung, dass Google wohl die Aussicht auf ein empfindliches Übel in Aussicht gestellt hat. Womit denn? Weil Google zu verstehen gegeben hat, dass sie die Texte und Bilder nicht bezahlen, weil das eine freiwillige Leistung der Suchmaschine ist? Und weil Google vorhergesagt hat, dass durch das Entfernen der Texte und Bilder die Links zu den Medienergüssen nicht mehr attraktiv sein werden und Besucherrückgänge zu erwarten seien?

Naja, was soll ich sagen? Es war die freie Entscheidung der Verlage, die Anrisstexte und Vorschaubilder zur Verfügung zu stellen. Die beschäftigen ja auch SEO-Leute, die die Artikel suchmaschinenfreundlich gestalten. Und das soll die Leistung sein. Das heißt, dass eine Suchmaschine die Leute bezahlen soll, die für Suchmaschinen Artikel optimieren. Google lebt auch ganz gut ohne optimierte Texte. Die sind nicht auf irgendwelche SEO-Buden angewiesen. Die Verlage offenbar schon. Also Google muss diesen Kram, um den es geht, nicht wollen. Die können da genauso gut sagen: Per Gesetz müssen wir den Kram bezahlen, also verzichten wir darauf.

Christoph Keese schreibt von einer Marktmacht für Google und von Diskriminierung der Verlage, die in der VG Media organisiert sind. Also die Marktmacht haben die Verlage zum großen Teil selbst herbei geredet. Für viele Verlage ging es bei Artikeln rund um das Internet nie um andere Suchmaschinen als Google. Was soll’s? Ich meine, so schlecht sind Bing, Yahoo oder DuckDuckGo auch wieder nicht. Aber die Computerbild, ein Erzeugnis der Axel Springer AG, hat praktisch immer von „googlen“, von „Google-Suche“ und dergleichen gesprochen. Und da wundern die sich, dass Google so stark ist? Und dann fühlen sich die VG-Media-Verlage auch noch diskriminiert?Wieso? Andere stehen nicht auf Kriegsfuß mit dem Konzern und wedeln mit einem Leistungsschutzrecht. Denen werden auch die Ergebnisse nicht gekürzt. Das passiert nur bei denen, die dafür Geld sehen wollen. Das ist keine Diskriminierung. Das ist einfach die Auswahl aus verschiedenen Bauchläden.

Und wie ist das überhaupt mit der ominösen „Gratislizenz“ oder so, die der Axel Springer Verlag nun Google ausgestellt hat? Wie ist das mit „Presseschauen“, mit kleinen Suchmaschinen? Sie dürfen nicht denken, dass diese Lizenz auch für die gilt. Die gilt ausschließlich für Google. Was macht denn da der Verlag? Ist das nicht auch eine Art Diskriminierung? Die Begründung dafür hat der Publizist Stefan Niggemeier eingefangen. DuckDuckGo und Co. haben ja keine marktbeherrschende Stellung, man ist nicht auf deren Auflistung angewiesen. Laut Wikipedia ist Diskriminierung die „gruppenspezifische Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen„.

Es ist keine Pflicht für Google oder irgendeine andere Suchmaschine dieser Welt, in den Suchergebnissen die Textausschnitte und Vorschaubilder anzuzeigen, wenn das Unternehmen diese bezahlen muss. Dann zeigt die Suchmaschine eben andere Suchergebnisse an. So ist das nun einmal mit der Auswahl aus Bauchläden. Ich schaue ja auch auf dem Markt, wo Äpfel in guter Qualität zu einem günstigen Preis zu haben sind. Ich bin nicht dazu verpflichtet, bei Händler A Äpfel zu kaufen, wenn mir Händler B diese gratis mitgibt. Woher Herr Keese hier eine Nötigung nimmt, wird wohl sein Geheimnis bleiben.

3 Replies to “Das Leistungsschutzrecht und viel Unsinn”

  1. Stimme Ihnen voll zu – Das LSR ist die größte Gesetzes-Peinlichkeit der letzten Jahre.
    Man fragt sich wie dumm manche beim SPringer Verlag sein können.
    Bei denen bekommt man ja auch nciht kostenlos mal eben nen PR BEricht, und jeder kann frei entscheiden ob er eine Werbeanzeige bei denen kauft oder nicht.
    Google kauft nix bei denen warum also soll ein Gesetz oder RIchter die dazu bringen?
    Ich kann doch niemanden dazu zwingen meine Leistung zu kaufen (ok Gema und GEZ können das selbst wenn man sie nicht nutzt, aber wer noch?)
    Verlage schießen sich selbst ins Knie und zwingen nun Google die Wunde zu versorgen und zu zahlen.

  2. Dieser Artikel ist sehr einseitig betrachtet und greift viel zu kurz. Google ist nun einmal die größte Suchmaschine (zumindest wohl im Westen) und hat eine marktbeherrschende Stellung gegenüber anderen Suchmaschinen. Und Google verdient auch viel Geld mit eben diesen „kostenlosen“ Angeboten für Leser und Verlage – dass wir als Nutzer das nicht mit Geld bezahlen müssen sondern mit Daten, heißt noch lange nicht, dass die Dienste kostenfrei sind. Das ist ein sehr lukratives Geschäft für Google. Und es basiert darauf, dass Texte und Bilder, die von anderen geschrieben und zusammengestellt wurden (die damit ihren Lebensunterhalt verdienen müssen!) hergenommen und öffentlich gezeigt werden – ohne konkrete Gegenleistung.

    Sicher, man kann sagen, Google funktioniert als Plattform und ermöglicht das Zusammentreffen von interessierten Lesern mit den Inhalten der Verlage. Eine provokante These: müssten dann nicht eigentlich wir als Nutzer Geld an die Verlage zahlen, wenn wir ihre Inhalte nutzen? Das tun aber die meisten nicht, da im Internet eben das meiste ohne Geld erledigt wird, zumindest vordergründig. Wir verschaffen uns einen Überblick bei Google und klicken auf Artikel, die uns interessieren. Google sammelt dabei unsere Daten und Suchanfragen, wertet sie aus und verkauft personalisierte Werbung, macht also mit den Inhalten der Verlage allein durch deren Anzeigen indirekt Gewinn. Die Verlage bekommen davon nichts, stellen also ihre Leistung quasi kostenfrei Google zur Verfügung. Da ist es schon verständlich, dass sie ein Stück vom Google-Kuchen abbekommen möchten. Zumal viele „Google-Leser“ nur die Text-Anrisse bei Google lesen, um sich grob zu informieren und dann aber keine weiteren, konstenpflichtigen Leistungen des betreffenden Verlages in Anspruch nehmen (Erkenntnis aus eigener Erfahrung und dem persönlichen und beruflichen Umfeld heraus).

    Sicher ist es auch nicht von der Hand zu weisen, dass Leser über Google auf die Seiten der Verlage gelangen, die dann wiederum selbst Nutzerprofile erstellen und Werbung verkaufen können. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass wenn Google als marktbeherrschende Suchmaschine einzelne Verlage aus den Ergebnissen ausschließt oder verkürzt darstellt, diesen Verlagen mit Sicherheit Nachteile entstehen. Da Google aber quasi eine Monopolstellung hat, kann man hier nicht mehr einfach sagen, Google kann machen, was es will – ein solches Ausschließen von einzelnen Verlagen, die eigentlich nur auf eine angemessene (in Internetzeiten sicher viel umstrittenen) Vergütung ihrer Leistung bestehen, verzieht den Wettbewerb. Der Vorwurf einer Nötigung klingt da schon nicht mehr ganz so weit hergeholt.

    Letzendlich führt auch diese Debatte wieder zum Kernproblem der Kostenlosigkeit im Internet – alle wollen Informationen, Inhalte, Leistungen, aber keiner will dafür bezahlen. Sicher haben die Verlage das teilweise mitverschuldet, da sie die Entwicklung des Internets wohl falsch eingeschätzt und ihre Inhalte von Anfang an kostenlos angeboten haben (obwohl man sich die Zeitung am Kiosk ja auch nicht einfach kostenlos mitnehmen kann) – aber sollen sie nun gezwungen werden, das auch weiterhin zu tun und das auch noch von Google, einem Unternehmen das mit fremden Inhalten Millionen scheffelt und das viele anscheinend gerade aufgrund seiner Marktmacht gar nicht mehr hinterfragen?

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